Qualifikation zur Fußball-EM: Deutschland spielt brillant auf
Die deutsche Elf bezwingt Polen mit 3:1 und übernimmt die Tabellenführung. Mario Götze überzeugt, stark spielt auch Kölns Verteidiger Jonas Hector.
Einen „heißen Herbst“ und „die Woche der Wahrheit“ hatte er im Vorfeld der Partie verkündet, weil sein Team in der EM-Qualifikation zu viele Punkte hat liegen lassen. In diesem Moment jedoch beruhigte ihm womöglich das, was er die 80 Minuten zuvor gesehen hatte, den Puls: ein trotz aller Fehleranfälligkeit zuweilen brillant aufspielendes deutsche Team, wie man es seit dem WM-Titelgewinn nicht mehr erlebt hatte. Nachdem dann Mario Götze in der 82. Minute den Ball zum Endstand von 3:1 einschob, konnten sich dann auch die Zweifler unter den deutschen Fans zurücklehnen.
Hinterher hob der Bundestrainer hervor, dass man sich die Gestaltung des Spiels nie aus der Hand nehmen ließ und selbst die gefährlichsten Angriffe des Gegners zu verantworten hatte. „Die zwei, drei Möglichkeiten der Polen sind nur aus Fehlern von uns entstanden“, erklärte er nach der Partie.
Insbesondere Manuel Neuer legte mit seinem misslungenen Abschlag gegen Ende der ersten Hälfte seinem Teamkollegen vom FC Bayern Robert Lewandowski den Ausgleich zum 2:2 quasi auf den Fuß. Dank eines unglaublichen Reflexes konnte er jedoch seinen Patzer wieder gutmachen. Und auch andere deutsche Spieler leisteten sich gelegentlich einfachste Fehlpässe, nachdem sie den Ball in den ersten 35 Minuten traumwandlerisch sicher durch ihre eigenen Reihen zirkulieren ließen.
Löw: „Wir haben es gut gelöst“
In der Vergangenheit wurde Löw oft genug zum Rumpelstilzchen an der Seitenlinie, wenn sich seine Elf auf diese Weise um den Lohn seiner ansehnlichen Bemühungen brachte. Am Freitagabend konstatierte der 55-Jährige aber nur leichthin: „Wir machen es uns manchmal ein bisschen schwer.“ Und er resümierte: „Wir haben es gut gelöst.“ Nach einem Jahr der saturierten Behäbigkeit hatte die zurückerlangte Dominanz und Souveränität des Weltmeisters Löw an diesem Abend äußerst milde gestimmt.
Ein gewisser Spannungsabfall nach einem erfolgreichen Großereignis ist bei allen Teams immer wieder zu beobachten. Dass diese Phase mit der Partie gegen Polen eindrücklich abgeschlossen werden konnte, erleichterte Löw offensichtlich. Von den Arrivierten überzeugte vor allem Mario Götze. Der Münchner erzielte nicht nur zwei Treffer, sondern sorgte mit seinem immensen Laufpensum immer wieder für Unruhe in der polnischen Abwehr.
Eminent wichtig aber dürften die Fortschritte sein, die auf der Baustelle zu beobachten waren, die Philipp Lahm mit der Beendigung seiner DFB-Karriere massiv vergrößert hat: die Besetzung der Außenverteidigerpositionen. Vornehmlich Jonas Hector überzeugte in seinem sechsten Länderspiel auf der linken Seite wie noch nie, harmonierte mit Karim Bellarabi und bereitete sowohl den Treffer von Thomas Müller (12.) als auch von Mario Götze (19.) vor. Löw lobte: „Jonas Hector mit seiner Klarheit, mit seinem einfachen und seriösen Spiel, technisch gut, laufstark, macht immer einen sehr guten Eindruck.“
Debütant Emre Can eifrig, aber oft übereifrig
Der so grundsätzlich Gepriesene Hector wollte aber aus seiner Leistung keine weiteren Ansprüche ableiten: „Das ist kein Selbstläufer. Darauf ausruhen sollte ich mich natürlich nicht.“ Wie experimentierfreudig Löw auf den Außenpositionen ist, konnte Hector schließlich auf der anderen Seite beobachten. Emre Can vom FC Liverpool feierte nicht nur sein Nationalmannschaftsdebüt, sondern musste zudem die für ihn ungewohnte rechte Außenverteidigerposition einnehmen. Vorerst vermutlich nur eine Kompromisslösung. Can war zwar eifrig, oft aber auch zu übereifrig.
In Schottland, wo am Montag (20.45 Uhr) in Glasgow das nächste Spiel ansteht, werden beide wahrscheinlich ihre nächste Gelegenheit bekommen, sich weiter ins Team zu spielen. Der Druck ist dann zumindest bei weitem nicht mehr so groß. Deutschland reist nun als Tabellenführer an. Und nach der Niederlage der Schotten am Freitag in Georgien (0:1) erwartet Joachim Löw ein offeneren Schlagabtausch: „Schottland muss nun zu Hause etwas investieren.“
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