Putins Besuch bei Kim Jong-un: Küssen sich zwei Diktatoren …
Das Treffen zwischen Putin und Kim zeigt einen Strategiewechsel, um UN-Sanktionen zu umgehen. Ein besorgniserregender Schritt.
Ich kenne kein anderes Land wie dieses, wo ein Mensch so frei atmet“, ertönt es aus den Boxen über dem Hauptplatz in Pjöngjang, als Russlands Präsident Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in einer offenen Mercedes-Limousine darüber fahren und sich von Tausenden herbeigekarrten Nordkoreaner*innen umjubeln lassen.
Frei atmen können die Menschen in Russland nicht, geschweige denn in Nordkorea. Dass ein Lied, das Freiheit besingt, aber geschrieben wurde, während Stalins Terror Millionen sowjetischen Bürgern das Leben nahm, auf dem symbolträchtigsten Platz Nordkoreas abgespielt wird, passt zu dieser Zusammenkunft der auf modern gedrehten Sowjetästhetik aus der Mottenkiste.
Die beiden Diktatoren, die sich mit Umarmung und Küsschen begrüßen, geben sich als unerschütterliche Friedensengel, die nichts anderes wollen, als ein bisschen Demokratie und Stabilität in die internationalen Beziehungen zu bringen. Grotesker geht es kaum.
Die Achse der Gewalt
Das Treffen zeigt den Absturz Russlands. Aus Schurken sind längst Freunde geworden. Belarus, China, Iran, die Hamas, die Taliban, Nordkorea – Moskau reicht mittlerweile gern den Regimen die Hand, mit denen es die Instrumente seiner Herrschaft teilt: Unterdrückung, Folter, Mord. Sie alle verstehen die Gewaltmechanismen, die der Kreml gegen die eigene Bevölkerung und ein ganzes Nachbarland einsetzt. Sie helfen dabei gern.
Der einst auch von Moskau geächtete Kim ist plötzlich ein „beständiger Freund“, mit dem man Verträge erneuert, die bereits in den 1960ern Bestand hatten, als Russland noch ein Teil der Sowjetunion war. Für den neu entdeckten Genossen will sich Moskau auch bei den Vereinten Nationen einsetzen. Die Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime will Putin revidiert wissen, ein aussichtsloses Vorhaben. Die immer stärker werdende Achse Moskau–Pjöngjang zeigt einen Strategiewechsel und macht die Allianz mit China im Osten noch gefährlicher, als sie jemals war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin