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Pünktlichkeit der Deutschen BahnJeder dritte Zug zu spät

Anfang dieses Jahres war die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn besser als 2024. Zuletzt ging es aber wieder bergab. Bahnchef Lutz versucht zu erklären.

Zu viele Fernzüge der Deutschen Bahn sind weiterhin unpünktlich unterwegs. Ein ICE unterwegs auf der Schwäbischen Alb Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin dpa/taz | Mehr als ein Drittel der Fernzüge der Deutschen Bahn war im ersten Halbjahr unpünktlich unterwegs – dem eigenen Jahresziel fährt der bundeseigene Konzern damit hinterher. „Das Halbjahr werden wir voraussichtlich bei knapp 64 Prozent abschließen“, sagte Bahnchef Richard Lutz der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zum Anteil der pünktlichen ICE-, Intercity- und Eurocity-Züge.

Als pünktlich wertet die Bahn Züge, die mit einer maximalen Verzögerung von fünf Minuten und 59 Sekunden am Ziel ankommen. Erst ab sechs Minuten Verspätung geht ein Zug auch als verspätet in die Statistik ein. Mit 66,3 Prozent pünktlichen Zügen im Fernverkehr sei die DB noch im ersten Quartal besser gewesen als im Vorjahr, sagte Lutz. Der Konzern hat sich für 2025 einen Zielkorridor von 65 bis 70 Prozent für die Pünktlichkeit im Fernverkehr vorgenommen. An diesem Ziel hält der Bahnchef fest.

Etwa 80 Prozent der Verspätungen lägen an der schlechten Infrastruktur, „weil sie zu alt, zu störanfällig und auf vielen Strecken und Knoten völlig überlastet ist“, betonte Lutz. „Obwohl wir bei der Sanierung der Infrastruktur vorankommen, ist die Anlagenqualität schlechter als erwartet.“ Das erfordere teilweise sehr kurzfristig neue Baustellen.

Die Kun­d:in­nen blieben der Bahn trotzdem derzeit noch treu, sagte Lutz. „Natürlich sind sie mit der Pünktlichkeit nicht happy.“ Aber die Nachfrage sei im Vergleich zu 2024 sogar gestiegen.

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Ende der Familienreservierung aus wirtschaftlichen Gründen

Zuletzt hatte die Bahn ihre Kun­d:in­nen auch an anderer Stelle vergrault: Mitte Juni hatte der Konzern die sogenannte Familienreservierung abgeschafft. Damit konnten Familien zum günstigen Pauschalpreis bis zu fünf Sitzplätze reservieren. Das löste bei Verbänden große Empörung aus, Kritik kam auch aus der Bundesregierung.

„Die angekündigte Maßnahme dürfte der Bahn sehr wenig zusätzliche Einkünfte bringen“, meinte etwa Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD. „So laufen wir Gefahr, dass Familien doch wieder aufs Auto umsteigen, um Kosten zu sparen.“ Lutz verteidigte nun die Abschaffung: Treiber „waren wirtschaftliche Gründe“, außerdem sei das Angebot von anderen Kleingruppen missbraucht worden.

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7 Kommentare

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  • Es sind ja nicht nur die Fernzüge und nicht nur Verspätungen.



    Ich versuche mehrmals die Woche mit einmal Umsteigen ca. 40 km in die Arbeit zu fahren. Früher klappte das in 45 Min. Heute fallen die Züge oft ganz aus und ich muss 15 bis 30 Min. eher aus dem Haus, wenn ich pünktlich ankommen will.



    Es gibt als Begründungen Baustellen, Signalschäden, Stellwerksschäden, unvorhersehbare Personalengpässe, Schäden an Zugtüren oder gleich am ganzen Zug, Person auf den Gleisen, Notarzteinsätze, Polizeieinsätze, Verspätungen aus vorherigen Fahrten, Störungen im Betriebsablauf und was nicht. Zwei Wochen lang fiel immer derselbe Zug aus, mit täglich neuer Begründung. Da soll eine sich nicht verarscht fühlen?



    Dazu die App, die Phantasiezeiten anzeigt und erst zur Abfahrtszeit, wenn es zu spät für Alternativen ist, auf die Realität einschwenkt.



    Mit dem Auto brauche ich 45 Min. und das muss ich oft nehmen, wenn ich meine Freizeit nicht am Bahnhof verbringen will. Die Bahn scheint das so zu wollen und mein Ticket zahle ich umsonst.

  • Die meisten würden wohl keine Umstiegszeit unter 15 Minuten einplanen, also bis zu 10 Minuten ist kaum relevant. Was darüber liegt kann dann zu verpassten Anschlüssen führen.

    Für eine Autofahrt könnte man auch nicht ausschließen, durch Baustellen oder Stau später am Ziel anzutreffen, es gibt ja sogar immer Prognosen, wie lange es denn genau heute dauert. Nur da hat man eben das Anschlussproblem nicht.

  • "Die Kun­d:in­nen blieben der Bahn trotzdem derzeit noch treu"



    Na klar - weil eh nur mit der Bahn fährt, wer garnicht anders kann.

    Wie schlägt sich das eigentlich auf die Boni des Bahnvorstands nieder ? - Vermutlich garnicht.

  • Einfach ein paar Züge rausnehmen und für die Anderen längere Fahrzeiten ansetzen mit längeren Stopps auf den Bahnhöfen.



    Früher brauchte ein D-Zug aus der Pfalz nach Berlin 9 Stunden. Da war genug Luft.

    • @J. G.:

      Ich finde, das ist die zweitbeste Lösung. Da aber die beste nicht funktioniert, bleibt aus meiner Sicht genau diese übrig.

      Auch die Verweildauer an den Endbahnhöfen könnte dafür genutzt werden, den Fahrkomfort auf das Maß anzupassen, das die Fahrgäste (ich mag das Wort "Kunden" nicht) bezahlt haben.

      Natürlich würden beide Maßnahmen die Gewinnspanne einengen. Aber will man statt dessen Fahrgäste verlieren bzw. auf potenzielle Fahrgäste verzichten?

  • "Als pünktlich wertet die Bahn Züge, die mit einer maximalen Verzögerung von fünf Minuten und 59 Sekunden am Ziel ankommen."

    Was ich mich frage:



    Wie sehen die Zeiten aus, wenn es "nur" 4:59 wären.

    "Aber die Nachfrage sei im Vergleich zu 2024 sogar gestiegen."

    Wenn es für einige Menschen die einzige Möglichkeit ist, dann ist es auch zu verstehen. Hat man die Leute gefragt, wenn sie alternativen (eigenes Auto, bessere Innenstädte für Autos), die auch weiterhin mit der Bahn fahren würden?



    Ich sage nicht, dass die Leute Auto fahren sollen, ich sage dass sie die Bahn deswegen nehmen, weil die Alternative man sich nicht leisten kann.



    Ich würde auch gerne mit der Bahn in die Stadt fahren, aber wegen den Ausfällen usw. fahre ich mit dem Auto.

  • Über die Pünktlichkeit der Bahn im Nahverkehr redet schon keiner mehr, die dürfte noch um einige Dimensionen grottiger ausfallen.