Prozess um Racial Profiling: Polizei darf weiter kontrollieren

Ein Schwarzer Bewohner von Hamburg St. Pauli hatte Recht bekommen, als er die Polizei verklagte. Nun hob die zweite Instanz das Urteil zum Teil auf.

Ein Mann muss zwei Polizisten den Inhalt seines Rucksacks zeigen

Kontrollen der Identität und der mitgeführten Gegenstände sind oft alltäglich für Nicht-Weiße Foto: Bodo Marks

Hamburg taz | Im Berufungsverfahren der Hamburger Innenbehörde gegen einen Schwarzen Bewohner St. Paulis ist heute früh das Urteil ergangen. Das Oberverwaltungsgericht hob den Richterspruch der ersten Instanz zum Teil auf und folgte damit der Darstellung der Innenbehörde. Der Kläger Barakat H. hatte die Polizei für vier Situationen angezeigt, in denen er aus seiner Sicht Opfer einer rassistischen Polizeikontrolle geworden war.

In der Verhandlung ging es nur noch um zwei der vier Situationen – eine hatte die Innenbehörde selbst als rechtswidrig anerkannt, eine andere hatte der Kläger zurück gezogen. Bei einer der noch offenen Situationen zog die Innenbehörde während der Verhandlung ihre Berufung zurück. Bezüglich der letzten Situation folgte das Oberverwaltungsgericht nun der Innenbehörde. Die Begründung wird das Gericht erst in den kommenden Wochen bekanntgeben.

Für H.'s Anwalt Carsten Gericke ist das Urteil eine vertane Chance. „Vor dem Hintergrund der gestrigen Beweisaufnahme sind wir ebenso überrascht wie enttäuscht“, sagt er. Die Entscheidung zeige die existierenden institutionellen Widerstände, wenn es darum gehe, Rassismus in der Polizeiarbeit zu adressieren. „Das Gericht hat die Chance verpasst, den gesellschaftlichen Entwicklungen, die von der weltweiten Black Lives Matter-Bewegung angestoßen wurden, Rechnung zu tragen und auf eine diskriminierungsfreie Kontrollpraxis der Hamburger Polizei hinzuwirken“, so Gericke.

„Konspiratives Verhalten“?

Im November 2017 war H. gerade mit seinem Freund Rasmus R. auf dem Rückweg vom Sport und vom Einkaufen gewesen, als sie zwischen der Reeperbahn und der Hafenstraße überraschend aufgefordert wurden, ihre Personalien zu zeigen. Die Polizisten hatten ausgesagt, H. und R. hätten sich „konspirativ“ verhalten, seien eng aneinander gegangen, hätten beim Anblick der Polizisten ihren Schritt beschleunigt und sich umgeguckt.

H. und R. sagten hingegen aus, sie hätten sich ganz normal unterhalten, das Auftauchen der Polizei zunächst überhaupt nicht auf sich bezogen und demzufolge auch nicht ihre Schritte beschleunigt oder sich umgesehen. Der Richter des Oberverwaltungsgerichts folgte offenbar der Darstellung der Polizisten.

H. und sein Anwalt wollen jetzt die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und dann prüfen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Die nächste Instanz wäre das Bundesverwaltungsgericht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.