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Prozess um DieselskandalEx-VW-Chef vor Gericht

Wegen manipulierter Abgaswerte klagen Anleger gegen VW und Porsche. Ex-Chef Herbert Diess hat als Zeuge ausgesagt – und Verantwortung von sich gewiesen.

Weist alle Vorwürfe von sich Foto: Ronny Hartmann/picture alliance

Berlin/Braunschweig dpa/rtr/taz | Ganz entspannt betritt Ex-VW-Chef Herbert Diess den Gerichtssaal, sagt freundlich guten Morgen und nickt bekannten Gesichtern knapp zu. Er wirkt nicht so, als bereite ihm die Vorladung als Zeuge zur Dieselaffäre große Sorgen. Im milliardenschweren Investorenprozess am Oberlandesgericht Braunschweig gegen VW und die Porsche SE weist der 65-Jährige am Dienstag jede Verantwortung in dem Skandal von sich. Neue Erkenntnisse bringt seine Befragung nicht.

Über zweieinhalb Stunden befragte ihn der Richter zu seinem Wissen über die Manipulationen. Immer wieder verwies Diess darauf, dass er gerade erst neu im Wolfsburger Riesenkonzern gewesen sei und das Ausmaß des Skandals nicht erkannt habe, auch nicht, als die Rede von einer „Diesel-Thematik“ aufgekommen sei.

Er habe es bis zuletzt nicht für möglich gehalten, dass es Sanktionen wegen überhöhter Abgaswerte ­geben könnte, sagte Diess. Zwar sei ihm schon kurz nach seinem Eintritt in das Unternehmen klar geworden, dass es ein Problem mit einigen Motoren in den USA gebe. Er sei jedoch zuversichtlich geblieben, dass eine Lösung gefunden werden könnte.

Nach der Meldung der US-Umweltbehörde EPA habe er sich nicht vorstellen können, dass Volkswagen auch in Europa gegen Abgasrichtlinien verstoßen hat, sagte Diess. Der damalige Konzernvorstand Martin Winterkorn habe noch in den letzten Wochen vor Bekanntwerden des Dieselskandals bei Sitzungen vermittelt, dass der Wolfsburger Autobauer zusammen mit der Behörde an einer Lösung arbeite. „Ich hatte keinerlei Anlass, an der Kompetenz von Winterkorn zu zweifeln“, sagte Diess. „Er hatte das Thema in der Hand.“

Dieselskandal löste zahlreiche Prozesse aus

Volkswagen hatte 2015 auf Druck der EPA zugegeben, Diesel-Abgaswerte durch eine Software manipuliert zu haben. Der Skandal löste eine Vielzahl von Prozessen aus. Unter den Zeugen vor dem Oberlandesgericht ist auch Winterkorn, der nach Bekanntwerden des Dieselskandals 2015 zurückgetreten war. Er soll Mitte Februar vernommen werden.

Das Gericht in Braunschweig verhandelt seit fünf Jahren über eine Musterklage der Fondsgesellschaft Deka Investment wegen erlittener Kursverluste durch den VW-Abgasskandal. Die Kläger – zumeist institutionelle Anleger – werfen Volkswagen und der ebenfalls beklagten Porsche Holding vor, die Information über „Diesel­gate“ lange geheim gehalten und ihnen dadurch ­einen Wertverlust ihrer Aktien eingebrockt zu haben.

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4 Kommentare

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  • "Ganz entspannt" weisst er alle Vorwürfe zurück.

    In Amerika haben die betroffenen Konzerne die Fahrzeuge im großen Stil zurückgenommen und auf Halde gestellt. Die Käufer entschädigt. Einfach aus Angst hunderte von Millionen Dollar Strafe und Entschädigungen zu zahlen.

    Finde den Fehler.

  • Autobesitzer, die gegen den eigenen Willen die Luft verpesten, die haben aber keinen Schaden davongetragen. Nee, wieso auch ? Wird da eigentlich immer noch prozessiert, ob man wenigstens das Gefährt zurückgeben und Erstattung verlangen kann ?



    Wo leben wir eigentlich ?

  • Der wichtigste Schaden: Kursverlust von Aktien.

    In was für einer dummen Komödie leben wir. Wie sind wir bloss hierhergekommen.

    Ich will das Geld für meine Eintrittskarte zurück.

    • @tomás zerolo:

      Es ist wirklich eine Farce. VW ist ganz vorn dabei, sich gegen jede Art von machbarem Umweltschutz zu wehren.

      Und das Thema ist dann "ich habe nicht mit Sanktionen gerechnet" - also "ich habe gedacht, wir kommen damit so durch". Keinerlei Unrechtsbewusstsein zu erkennen in diesen Worten.