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Prozess gegen Teilnehmer des CSDGay Pride, Police Shame

Dominik B. feierte beim CSD, bis die Polizei ihn festnahm. Ein Richter sprach ihn frei: Die Polizei habe im Prozess ein schreckliches Bild abgegeben.

Kein Polizist hält ihn zurück: CSD-Teilnehmer feiert die Rechte von Homosexuellen Foto: dpa

Hamburg taz | Es ist nicht nur ein guter Tag für die Versammlungsfreiheit, sondern auch für die Rechte von Schwulen und Lesben: Am Mittwoch wurde Dominik B. vom Hamburger Amtsgericht freigesprochen. Er war im Sommer auf dem Christopher-Street-Day in der Innenstadt festgenommen worden. Polizisten hatten ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung vorgeworfen. Weil B. sich unschuldig fühlte und die Strafe von 1.200 Euro nicht zahlen wollte, ging der Fall vor Gericht.

B. sei während der Parade im Tross des Wagens der „Queer Refugees“ mitgelaufen, aber kurz vor Ende des Umzugs zurückgefallen, weil er sich mit Bekannten unterhalten habe, so schildert er es. Als er wieder zum Wagen habe laufen wollen, um seine Tasche zu holen, habe ihm ein Polizist den Weg versperrt mit den Worten: „Hier geht’s nicht lang.“ B. habe beteuert, lediglich seine Tasche holen zu wollen, aber der Polizist habe ihm das verweigert und ihn schließlich mit den Worten „Jetzt reicht’s“ vor die Brust gestoßen und mit einem Griff um den Hals zu Boden gebracht. Für B. ist das ein „krasser körperlicher Übergriff“ gewesen.

Zwei Beamte hatten bei einem Verhandlungstermin im Februar gesagt, sie hätten gesehen, wie B. ihren Kollegen geschubst habe. Der Polizist, A., sei aus dem Gleichgewicht geraten und einen Schritt zurückgewichen. Zur Gefahrenabwehr hätten die zwei Beamten B. zu Boden gebracht und mit Handschellen gefesselt.

Welche Verletzung A., der Hauptzeuge, erlitten haben will und wie es dazu gekommen sein soll, kam vor Gericht nicht zur Sprache. Beim ersten Verhandlungstermin ließ A. sich wegen Krankheit entschuldigen, beim zweiten wegen Krankheit seines Kindes. Auch der dritte Termin habe dem Polizisten ganz schlecht gepasst, sagte der Richter am Mittwoch. Er habe aber auf Erscheinen des Hauptzeugen bestanden.

Widerwillig beantwortete A. die Fragen, die der Verteidiger Lino Peters ihm stellte. Ob er wisse, worum es beim CSD gehe?, wollte der wissen. „Nein“, sagte A. „Keine Idee?“, fragte Peters. „Doch“, räumte A. ein, aber er wolle sich dazu nicht äußern. „Muss ich?“, fragte er und sagte schließlich: „Um die Rechte von Homosexuellen.“

Walk of Shame durch die Innenstadt

Ein Aspekt interessierte Peters besonders: Nachdem die Polizisten B. festgenommen hatten, fuhren sie ihn nicht im Auto zum Polizeirevier, sondern eskortierten ihn zu Fuß durch die halbe Innenstadt – in goldener Jacke, mit Glitzer im Gesicht, die Hände auf den Rücken gefesselt. Einen „Walk of Shame“ nannte Peters das, eine Demonstration der Polizeigewalt gegen Homosexuelle. Also das, wogegen Schwule und Lesben seit 1969 mit dem CSD demonstrieren.

Warum die Polizisten nicht das Auto genommen hatten, konnte das Gericht nicht klären. „Mit den Autos, die wir da hatten, machen wir das nie“, hatte ein Polizist ausgesagt. „Doch, prinzipiell durchaus“, hatte ein anderer widersprochen. „Das waren gar nicht unsere Autos“, behauptete A. Auch in anderen Punkten widersprachen sich die Aussagen, etwa als es um zwei Strafanträge gegen einen Freund des Beschuldigten ging.

Der hatte den Marsch durch die Innenstadt mit seinem Handy gefilmt und deshalb erst eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit bekommen, und als die eingestellt wurde, wegen Gefangenenbefreiung. Der Polizist, der die Anzeigen gestellt hatte, behauptete vor Gericht, nichts über deren Verlauf zu wissen. Die Akten belegten das Gegenteil. Nun läuft gegen den Beamten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Falschaussage.

Ob B. bei seiner Festnahme Widerstand geleistet hat, bleibe offen, sagte der Richter am Ende. Sicher sei jedoch, dass der Polizeieinsatz rechtswidrig war. Als Teilnehmer des CSD sei B. vom Versammlungsrecht geschützt gewesen. Hinsichtlich der Zeugen sagte der Richter: „Die Polizei hat ein schreckliches Bild abgeliefert.“ Selbst die Staatsanwaltschaft hatte auf Freispruch plädiert.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Hamburg, ist das nicht der durchgeknallte Polizeistaat von diesem Olaf Scholz, der jetzt die Finanzen ruiniert?

    • @Dorian Müller:

      Eher wohl Reste der Schill-Prägung, der echte Cops für Hamburg wollte. Oder spezielle Persönlichkeiten und beides kombiniert.

  • Eines ist klar, ohne eine funktionierende Polizei würde in unserer Gesellschaft ganz schnell das Chaos ausbrechen, leider funktionieren Teile der Polizei überhaupt nicht mehr.

     

    Ist ja auch kein Wunder: Schlechte Bezahlung, immense Arbeitsverdichtung, scheiß Arbeitszeiten und mieses Image. Wer geht da heute noch zur Polizei. Von 10 sind 8 Idioten und die 2 Idealisten gehen dann unter.

     

    Also: Bezahlung erhöhen! Mehr Polizisten einstellen! Eingangsvoraussetzung radikal erhöhen! Ausbildung verlängern und qualitativ verbessern!

     

    Wer jetzt sagt; Wo soll denn das Geld herkommen? Dem antworte ich wie bei allem: Es gibt genug Geld, es ist nur schlecht verteilt und wenn man Milliarden an ach so notleidende Banken verschenken(!) kann, da sollten auch ein paar Millionen für die Polizei vorhanden sein.

    • @Frank Fischer:

      Mit einer besser Bezahlung kommen aber keine besseren Menschen zur Polizei. Es macht auch keinen Sinn mehr einzustellen weil davon die Idioten auch nicht weniger werden.

      Das Problem ist strukturell bedingt. Menschen die sich für den Polizeidienst entscheiden sind meist weder links, kaum homosexuell und sobald sie in dem System drin sind sehr gefangen in diesem und meines Erachtens sehr weit entfernt vom Leben ausserhalb dieser Strukturen.

      Man lebt auch irgendwann privat nur noch in diesem Kosmos. Freizeit, Freunde...alles entsteht und entwickelt sich im Rahmen dieser kleinen Welt. Das ist ein Automatismus, weil man sich so viel und oft abgrenzen muss vom normalen Bürger, dass man auch im Privaten die Bindung und Bezug zu diesen verliert.

      Und so wird dann auch im Dienst agiert. Man ist kein Bürger mehr und vor allem nicht auf der gleichen Stufe wie diese und ausgestattet mit einer Pseudomacht wird aus den Polizisten zu oft das, was dieser Artikel beschreibt. Und ich weiss nicht was daran eine funktionierende Polizei sein soll? In dem Fall sind sie das Chaos.

      • @Sasha B.:

        Den ersten Punkt kann ich nicht unterschreiben. Wenn ein intelligenter und toleranter Mensch sich der Berufswahl stellt, dann sind die oben genannten Kriterien entscheidend. Bietet ein anderer Beruf wesentlich bessere Bedingungen, dann entscheidet er sich halte eher gegen die Polizei.

         

        Bei den anderen Punkten gebe ich ihnen durchaus Recht, aber auch das ist ein Resultat aus den oben genannten Problemen.

    • @Frank Fischer:

      Selten solchen Quatsch gelesen.

      Wenn ich mich entscheide Polizist zu werden kenne ich die gehaltskonditonen und weiß wie mein Arbeitsalltag aussehen wird.

      Auch wenn der Job sicherlich nicht einfach ist, gibt es keinen Grund sich so zu verhalten, wie in dem geschilderten Fall. Die Frage ist wohl eher, ob solche Menschen etwas im Polizeidienst zu suchen haben.

      • @Senza Parole:

        Schon mal überlegt, dass es Menschen gibt, die exakt deshalb zur Polizei gehen? Weil man dort schön die Sau rauslassen kann, ohne - in der Regel - dafür Konsequenzen tragen zu müssen.

         

        Und weil aus meinen oben genannten Gründen keine wirklich für diesen Beruf geeignete Menschen sich bewerben, muss man auf solche Idioten zurückgreifen.

        • @Frank Fischer:

          Sicher wird es die geben.

          Das Problem ist m.E., dass gegen solche nicht vorgegangen wird. Die Polizeigewerkschaften und mit ihnen die Politik bis auf Grüne und Linke verweigern die Kennzeichnung von Polizisten, womit schon mal eine Identifizierung gegeben wäre. Dazu noch der Corpsgeist, gegen den nicht wirkungsvoll polizeiintern vorgegangen wird. Bei der HH Polizei scheint mir die politische Ausrichtung der Polizei (-führung) doch sehr einseitig und die Methoden, Stichwort Deeskalation, in den 60/70' Jahren stehengeblieben. Dazu werden dann noch Hardliner befördert. Und der SPD Innensenator schaut zu und billigt das offensichtlich.

  • 3G
    33293 (Profil gelöscht)

    Polizei mal wieder, fürchterlich!