Prozess gegen Oranienplatz-Aktivisten: Späte Anklage
Eine der Führungsfiguren der Flüchtlingsaktivisten vom Oranienplatz wird fünf Jahre nach dessen Räumung wegen Widerstands gegen Polizisten angeklagt.
Mehr als fünf Jahre nach der gewaltsamen Räumung des Protestcamps von Flüchtlingen auf dem Kreuzberger Oranienplatz steht an diesem Dienstag einer der damaligen AktivistInnen vor Gericht. Der Sudanese Adam Baher ist des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen angeklagt.
Die Beratungsstelle für Opfer rassistischer und rechter Gewalt ReachOut, die Initative Schwarzer Menschen in Deutschland und weitere Initiativen rufen zur solidarischen Prozessbegleitung auf. Sie sehen den Fall als Beispiel dafür, dass die Polizei bei Verhaftungen von People of Colour oft unverhältnismäßig gewaltsam vorgehe und die Betroffenen im Nachhinein kriminalisiere, schreibt die Oplatz Media Group in einer Pressemitteilung.
Baher, der als politischer Aktivist gegen die damalige Diktatur 2009 den Sudan verlassen musste, kam 2012 nach Deutschland und schloss sich sogleich den damaligen Protesten von Flüchtlingen gegen das deutsche und europäische Asylsystem an. Schnell wurde er eine der führenden Figuren der Oranienplatz-Bewegung, die die Abschaffung der Flüchtlingsheime – von den AktivistInnen „Lager“ genannt – sowie einen Abschiebestopp und ein Ende der Residenzpflicht forderte.
Als der Senat mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz über Bedingungen für die Aufgabe des Camp verhandelte, saß der damals 33-Jährige mit am Tisch. Das so genannte „Einigungspapier“, das am Ende entstand, unterzeichnete er allerdings nicht. „Für mich war klar, dass es nur der Versuch des Senats war, die Flüchtlinge loszuwerden“, sagte Baher damals der taz.
Ein Punkt der erzielten Vereinbarung war, dass der „Infocontainer“ der Flüchtlinge auf dem Platz in Kreuzberg stehen bleiben durfte. Als das Camp am 8. April 2014 geräumt wurde, räumte die Polizei den Container dennoch. Baher, so heißt es in der Pressemitteilung der Oplatz Media Group, habe an diesem Tag in dem Container Presseanfragen beantwortet, als Polizisten ihn „unter Anwendung von physischer Gewalt“ in Gewahrsam genommen hätten.
Ein Jahr später sei er auf dem Platz erneut „willkürlich und gewaltvoll festgenommen“ worden. In beiden Fällen sei er nicht über die Gründe für seine Festnahme informiert worden und „in beiden Fällen wurde sein Verhalten zudem nachträglich kriminalisiert, um die polizeilichen Angriffe gegen ihn zu rechtfertigen“.
Dass die Anklage nun nach Jahren eröffnet wird, ist für die AktivistInnen kein Zufall: Gerade habe Baher nämlich die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Er selbst sagt: „Es ist schwierig sich, in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, wenn der Staat die Wege dazu immer wieder selbst blockiert. Schwarze Menschen müssen in Deutschland tagtäglich gegen Racial Profiling und buchstäblich ums Überleben kämpfen.“
Der Prozess gegen Adam Baher findet am Dienstag im Amtsgericht Tiergarten statt.
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