Prozess gegen Autonome: „Recht auf ein faires Verfahren“
Am Montag beginnt ein Prozess in Budapest gegen deutsche Antifaschist:innen. Die Familien der Beschuldigten lehnen Auslieferungen nach Ungarn ab.
Vor einem Jahr sollen Antifaschist:innen am Rande des neofaschistischen Tags der Ehre in der ungarischen Hauptstadt mehrere Neonazis attackiert haben. Unter den insgesamt 15 Beschuldigten sind 12 Deutsche. Gegen einen von ihnen sowie eine Italienerin beginnt am Montag der Prozess in Budapest, bei dem lange Haftstrafen drohen. Während der Großteil der Beschuldigten untergetaucht ist, liegen gegen zwei im Dezember verhaftete Beschuldigte, die in Dresden und Mailand im Gefängnis sitzen, Auslieferungsersuchen aus Ungarn vor.
Wolfram Jarosch, Vater der inhaftierten Maja T. aus Jena, sagte, sein Kind habe „das Recht auf ein faires Verfahren, und dies kann nur in Deutschland stattfinden“. Er sei stolz, dass sich Maja „in diesen Zeiten gegen Faschismus engagiert“, gleichwohl gelte die „Unschuldsvermutung“. Im ungarischen Gefängnis drohten „unmenschliche Bedingungen“. So schildert es auch jene Italienerin in einem Brief, die dort seit einem Jahr einsitzt. Laut Jarosch berichtet diese von unhaltbaren hygienischen Zuständen, Kontaktverboten und Unterernährung. Zudem drohen besonders hohe Strafen.
Anfang Januar hatte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den in Ungarn ausgestellten europäischen Haftbefehl gegen Maja T. in Kraft zu setzen. Darüber verhandelt derzeit das Kammergericht. Erst in einem nächsten Schritt wird über die Vollstreckung der Auslieferung entschieden.
Majas Anwalt Sven Richwin kritisierte, kaum Einblick in die Ermittlungsakten zu haben. Aufgrund der mangelnden Unabhängigkeit der ungarischen Richter:innen und eines „Strafsystems, das auf Abschreckung zielt“, steht auch für Richwin fest: „Ein faires Verfahren gibt es nicht in Ungarn.“
Kritik formulieren die Anwälte auch an den deutschen Behörden: Diese würden „ein falsches Bild von angeblich aus dem Untergrund agierenden Antifaschist:innen zeichnen“ und eine „neue RAF“ heraufbeschwören. Damit sollen „Repressions- und Ermittlungsmöglichkeiten“ legitimiert werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen