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Provinzwahlen in Buenos AiresWahlklatsche für Milei

Bei den Provinzwahlen erleidet der libertäre argentinische Präsident eine herbe Niederlage. Ist das die Rückkehr der Peronisten?

Ein gequältes Lächeln auf dem Gesicht von Milei. Seine Partei La Libertad Avanza landet weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz Foto: REUTERS/Tomas Cuesta

Buenos Aires taz | Bei den Provinzwahlen am Sonntag in der Provinz Buenos Aires haben die Peronisten einen klaren Sieg eingefahren. Mit 47,2 Prozent der Stimmen errang die peronistische Mitte-Links-Partei Fuerza Patria einen überraschend deutlichen Triumph.

Die Partei des libertären Präsidenten Javier Milei, La Libertad Avanza, folgte mit deutlichem Abstand und errang knapp 33,7 Prozent der Stimmen. „Es ist ein überwältigender Sieg“, sagte der peronistische Provinzgouverneur Axel Kicillof seiner Anhängerschaft: „Wir wollten Milei an der Wahlurne stoppen, und das haben wir geschafft.“ Der heutige Erfolg sei ein Erfolg für das ganze Land, und der Präsident müsse nun den Kurs seiner Politik ändern, erklärte der Gouverneur.

„Wir haben eine klare Niederlage erlitten“, räumte Milei in seiner kurzen Rede am Wahlabend ein. Die Peronisten hätten ihren gesamten Apparat mobilisiert und dennoch nur ihre Stimmenobergrenze erreicht, während „unser Ergebnis das Fundament ist, auf dem wir aufbauen werden“, versuchte Milei den Schaden zu begrenzen. An seiner restriktiven Haushalts- und Finanzpolitik werde er nicht rütteln. „Die Richtung, für die wir gewählt wurden, wird sich keinen Millimeter ändern.“

Gewählt wurden 46 Abgeordnete und 23 Senatoren für den Kongress der Provinz Buenos Aires sowie zahlreiche Stadträte. Es herrschte Wahlpflicht, dennoch lag die Wahlbeteiligung nur bei 63 Prozent. In der Provinz lebt mit 14,3 Millionen Wahlberechtigten rund ein Drittel der nationalen Wählerschaft.

Skandal schwächt Milei

Die Wahl ist ein wichtiger Indikator für die Regierung von Präsident Javier Milei. Denn die Provinz ist die letzte Hochburg der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner (2007-2015), und Milei selbst hatte mit seinem provokanten Wahlslogan „Kirchnerismo nunca más – Nie wieder Kirchnerismus“ die Wahl zu einer Abstimmung über seine Politik gemacht.

Eine Niederlage war von ihm durchaus erwartet worden, aber nicht in diesem Ausmaß. Doch die Aura des Präsidenten als Kettensägen schwingender Kämpfer gegen die Korruption hat gelitten, seit ein Skandal täglich für Schlagzeilen sorgt. Es geht dabei um Staatsaufträge bei Versorgungsleistungen für Behinderte, die zu überhöhten Preisen in Rechnung gestellt und bezahlt wurden, wobei ein Prozentsatz der Beträge zurückgeflossen sein soll. Dabei fällt auch der Name von Generalsekretärin des Präsidialamts und Schwester Karina Milei. Das dürfte Mileis Partei La Libertad Avanza Stimmen gekostet haben.

Christina Kirchner, die derzeit unter Hausarrest steht, kommentierte das Wahlergebnis auf X mit den Worten: „Hast Du gesehen, Milei? Das ‚Nie wieder‘, das für die dunkelste und tragischste Zeit in der Geschichte Argentiniens steht, zu banalisieren und zu zerstören, hat seinen Preis.“ Sie feierte mit Anhängern, die sich auf der Straße unter dem Balkon ihrer Wohnung in der Hauptstadt Buenos Aires versammelt hatten. „Nunca más“ steht in Argentinien für ein „Nie wieder Staatsterrorismus“ wie während der letzten Militärdiktatur.

Doch es gibt auch heftige Konflikte innerhalb des triumphierenden Wahlbündnisses Fuerza Patria. Erst nach heftigen Auseinandersetzungen und durch die Aussicht, mit getrennten Kandidatenlisten nur auf hinteren Plätzen zu landen, hatte es sich zusammengerauft. Auf der einen Seite steht die Fraktion um Gouverneur Axel Kicillof, der sich bereits vor Monaten mit Cristina Kirchner und ihrer Fraktion überworfen hatte, auf der anderen die Fraktion um den ehemaligen gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Sergio Massa.

Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die vakante Führung der Peronistischen Partei und die Frage, wer bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027 kandidieren wird. Mit dem Ergebnis vom Sonntag ist Gouverneur Axel Kicillof der große Gewinner. Ein Misserfolg hätte ihn und seine Ambitionen auf die Präsidentschaftskandidatur erheblich geschwächt.

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4 Kommentare

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  • Es wäre sehr bedauerlich wenn der Peronismus wieder zurückkehren würde, vor allem nicht mit dem gleichen Personal und der gleichen Politik die das Land in den letzten Jahrzehnten zu Grunde richtete. Bisher scheinen Milei's Reformen zu fruchten; die Argentinische Wirtschaft dürfte dieses und nächstes Jahr insgesamt 10% Wachsen, Inflation ist auf nur etwa 35% gesunken, die Differenz zwischen offiziellem und inoffiziellem Dollarkurs ist fast verschwunden. Dass Milei's Brachialmethoden offenbar funktionieren ist ein Testament für das Versagen des Kirchnerismus.

    • @Bmit:

      Offenbar fruchtet auch Mileis System von Korruption und Vorteilsnahme.



      Merkwürdig, dass immer die, die gegen Korruption und Misswirtschaft antreten, dann das Gleiche, nur in die eigene Tasche, fortsetzen.



      Das heisst nicht ,dass Reformen nicht notwendig wären.

    • @Bmit:

      Leider ein uninformierter Kommentar, wie so oft in deutschen Medien zu lesen. Erstens: Mileis Strategie ist nur zeitlich begrenzt und führt Massen in die Armut, kann man natürlich zynisch trotzdem befürworten. Zweitens: Peronismus war nie gleich Peronismus, es gab immer erbitterte Streits zwischen Links- und Rechtsperonisten.

  • Erwartbar, so wie seine Regierung sich anstellt.



    So ein Aufräumer-Image ist halt schnell ramponiert. Jedenfalls, wenn die Bevölkerung noch was merkt.