Protesttermine in Berlin: Profite statt Rock'n' Roll
Mit der Rock'n' Roll Herberge fordert der Mietenwahnsinn ein weiteres Opfer. Das Haus Linie 206 hingegen feiert sein Bestehen mit einem Straßenfest.
W as einmal war, das kommt nie wieder – in diesem Punkt hat der Schlagersänger Jürgen Drews wohl Recht. Dementsprechend düster sieht es für die Kreuzberger Rock’n’Roll Herberge aus. Anfang Mai gaben die Betreiber:innen auf Social Media bekannt, dass auch vor ihnen die Verdrängung keinen Halt mehr mache und dass sie ihre Türen Ende August schließen müssen. Grund sei eine Mieterhöhung um das Vierfache.
Die Herberge in der Muskauer Straße bietet seit 16 Jahren ein Motto-Hostel für Musiker:innen und Musikliebhabende sowie eine Bar und veganes Essen immer Dienstag und Donnerstag.
Die Reaktionen und Empörung in den Kommentaren sind zahlreich und groß. Zurecht. Die Herberge ist eine weitere Institution in Kreuzberg, die dem Profitwahn zum Opfer fällt. Der Kiez verliert von Jahr zu Jahr immer mehr subkulturelle, alternative und bunte Projekte und Orte, die ihn einst so charmant gemacht haben.
Es heißt am Ende des Posts der Herberge, dass sie zwar gehen würden, aber nicht leise, und dass sie über alle geplanten Aktionen informieren werden. Die Herberge ist bekannt dafür, auch immer wieder Soli-Essen zu veranstalten, etwa zugunsten der Seenotrettung oder für Tierschutzvereine. Es lohnt sich also, die Facebook Seite der Herberge in der ihr noch verbleibenden Zeit im Auge zu behalten und sie und gegebenenfalls noch andere Soli-Projekte zu unterstützen.
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Aktuell gibt es zwei Veranstaltungen auf der Seite. Unter dem Titel „Die letzte Mampfwoche“ wird die Herberge in ihrer letzten Woche vom 26. Juli bis 31. Juli leckere Gerichte kredenzen. Genauere Infos finden sich auf der Facebookseite des Hostels. Für den 27.08. heißt es SAVE THE DATE!. Mehr Infos sollen folgen.
Gebt uns die Stadt zurück
Zum Thema passend, auch nur einen Ortsteil weiter in Friedrichshain, wird es eine Demonstration unter dem Motto „Ihr habt uns die Stadt gestohlen – gebt sie wieder her!“ geben. Organisiert wird sie von den Stadtteilinitiaven „Wem gehört der Laskerkiez?“ und „Wir bleiben alle Friedrichshain“, der Initiative „No Tower for Bezos“ und der Stadtteilgruppe Friedrichshain der Berliner Mieter:innengemeinschaft.
Die Demonstration geht durch den Südkiez von Friedrichshain zu Orten von Widerstand und Verdrängung. Los geht es am Tower des Amazon-Konzerns, am RAW-Gelände vorbei über die Gürtelstraße zur Rummelsburger Bucht. Die Route endet im Laskerkiez (Samstag, 9. Juli 2022, U-Bhf Warschauer Straße, 15:00 Uhr).
Noch nicht verdrängt worden ist hingegen das Hausprojekt Linie 206, dessen verwilderte Fassade in der durchgentrifizierten Spandauer Vorstadt wie ein Fremdkörper wirkt. Dabei erlebte das 1990 besetzte Haus zahlreiche Eigentümerwechsel und damit auch Versuche, das Hausprojekt loszuwerden.
90 Jahre Antifa
2016 kam es schließlich zu einer Teilräumung zweier Wohnungen, doch die Linie 206 ist weiterhin lebendig. Um das widerständige Berlin zu feiern, veranstalten die Bewohner:innen ein kleines Straßenfest mit Livemusik, Performances und Kinderprogramm (Samstag, 9. Juli, 14-21 Uhr, Kleine Rosenthaler Straße Ecke Linienstraße).
Einen Blick in die Vergangenheit gibt es auch am Sonntag. Am 10. Juli 1932 wurde nämlich die Antifaschistische Aktion gegründet. Mit einer Kundgebung am Gründungsort soll des 90. Jahrestags der Bewegung gedacht werden. Dabei wird auch eine Gedenktafel am Gründungsort eingeweiht (Sonntag, 10. Juli, Bernburger Straße 22a/23, 14 Uhr).
Am Samstag wird es bereits eine Veranstaltung mit Antifa-Chronist Bernd Langer geben, bei der unter anderem diskutiert werden soll, welche Lehren sich aus den historischen Erfahrungen für den Antifaschismus von heute ziehen lassen (Samstag, 9. Juli, Tommy-Weisbecker-Haus, Wilhelmstraße 9, 18 Uhr).
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