piwik no script img

Proteste in ThailandWasserwerfer in Bangkok

Thailands junge Generation geht weiter auf die Straßen. Damit trotzen die Protestierenden dem Ausnahmezustand, der Gewalt und der Verhaftungswellen.

Demonstrierende versammeln sich vor dem Hauptbahnhof in Bangkok Foto: dpa

Hamburg taz | Die Gitter an der Hochbahnstation Asok sind herunter gelassen, daran prangen Zettel mit Sprüchen wie „Fuck You, Military Junta“ und „You Fuck With The Wrong Generation“. Damit machen die jungen Protestierenden deutlich, was sie von den Repressionen des Regimes unter Ex-Juntachef Prayut Chan-ocha halten. Wegen des Ausnahmezustands würden sämtliche Stationen des Bangkoker „Skytrain“ bis Mitternacht dicht gemacht, erklärten die Behörden. Damit wollten sie offensichtlich verhindern, dass sich die Protestbewegung neu formiert.

Doch letztere scherte sich nicht darum: Am Samstag gab es neue Kundgebungen, dieses Mal an diversen Standorten in der Hauptstadt. Zum wiederholten Mal forderten die Menschen, die dicht an dicht standen, den Rücktritt von Prayut, was dieser weiterhin ablehnt. Zudem verlangte die junge Generation erneut eine Reform der Monarchie unter König Vajiralongkorn, der meistens in Bayern residiert und sich derzeit nur zu einer seiner Stippvisiten in Bangkok aufhält. Für Menschenrechte, Demokratie und das Wohl seines Volkes interessiert sich der als charakterlich unberechenbar geltende Playboy erkennbar nicht. Damit unterscheidet sich Thailands Staatsoberhaupt in nichts vom Regime ehemaliger Putschisten wie Prayut und ihrer reaktionären Verbündeten aus Armee, Bürokratie und Justiz.

Der enorme Zulauf für die prodemokratische Protestbewegung dürfte nicht zuletzt mit dem gewaltsamen Vorgehen der Polizei zusammenhängen: Am Freitag Abend hatten Beamte die demonstrierende Menge mit Wasserwerfern auseinandergetrieben – trotz aller Appelle, von Gewalt abzusehen. Dieses Vorgehen habe internationales Recht verletzt, kritisierte Human Rights Watch. Durch Inkrafttreten des Ausnahmezustands habe die Polizei grünes Licht erhalten, um ungestraft das Recht zu brechen.

Zwei Aktivisten droht lebenslange Haft

Der seit März geltende Coronanotstand war vor zwei Tagen verschärft worden. Als Vorwand dafür hatte ein Ereignis vom Mittwoch gedient: So warf das Prayut-Regime einer Gruppe von Protestierenden vor, sie hätten einen Wagen der königlichen Autokolonne, in dem Königin Suthida und ihr Stiefsohn Prinz Dipangkorn saßen, blockiert. Zwei Aktivisten werden gar beschuldigt, die Königin gefährdet zu haben. Ihnen droht lebenslange Haft. Abgesehen davon, dass die Polizei nicht bekannt gegeben hatte, dass eine Autokolonne des Palastes passieren würde, hatte Bunkueanun „Francis“ Paothong, einer der beschuldigten Aktivisten, zur Ruhe aufgerufen.

Weitere Augenzeugen bestätigten, der Wagen sei weder blockiert noch attackiert worden. Die Protestierenden hätten lediglich den „Dreifingergruß“ gezeigt, der entlehnt aus der Blockbusterreihe „Die Tribute von Panem“ in Thailand als Zeichen des Widerstands gegen die Willkürherrschaft gilt.

Seitdem der verschärfte Ausnahmezustand in Kraft ist, wurden Dutzende führende Köpfe der Protestbewegung festgenommen, darunter auch Panusaya Sithijirawattanakul. Die Studentin, die am 10. August das „Thammasat-Manifest“ mit zehn Forderungen zur Reform der Monarchie verlesen hatte, beschwor ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, den Kampf für Demokratie fortzusetzen: „Tatsächlich sind wir immer bei euch, ich gebe meine Hoffnungen und meinen Geist an euch weiter“, hieß es unter anderem in ihrem Appell, den die studentische Gruppe United Front of Thammasat and Demonstration auf Facebook veröffentlichte: „Bitte verfallt nicht in Panik, falls ich nicht zu euch zurückkomme“.

Die Demonstrierenden nehmen sich das offensichtlich zu Herzen: Nun sei ihre Bewegung eine ohne Anführerinnen und Anführer, bekräftigten sie. Der Kampf gegen die „feige Junta“ gehe weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Bangkoker „Skytrain“ ist nur ein kleiner Teil der BTS und fährt nicht an Asok vorbei, aber das ist nur eine Spitzfindigkeit. Die BTS zu schließen ist für Bangkok eine Katastrophe. Sie transportiert tausenden von Menschen jeden Tag. Wie sollen die von 5 - 8 pm auf dem Weg nach Hause kommen?



    Als "Farang" hat man nicht sooo den Durchblick in der Politik. Aber wer die Macht der thailändischen Bürokratie kennen gelernt hat, hätte schon einen Grund zum Protest.



    Ausserdem wäre es an der Zeit Rama X endlich aus Bayern auszuweisen.



    @



    Aber ich glaube er weiß das er vom Volk, im Gegensatz zu seinem Vater, dessen Todestag vor einigen Tagen war, nicht gelitten ist. In Bangkok hängen auch kaum Bilder von Rama X aber von seinem Vater fast überall. Ich wünsche den Leuten viel Erfolg, aber habe wenig Hoffnung, leider.



    Ein wunderschönes Land mit wunderbaren Menschen, dessen Freundlichkeit man in der übrigen Welt vergeblich sucht!

    • @Jakob Cohen:

      Selbsverständlich ist Asok eine BTS-Skytrainstation. Mehr Sky geht ja in BKK fast nicht. Aber das ist keine Spitzfindigkeit, sondetn eine Korrektur.

      • @Berliner Berlin:

        Wenn du meinst, es ist trotzdem falsch. Der eigentliche Skytrain wurde von einem Privatunternehmer mit deutdchen Mitteln gebaut. Die sind bis heute nicht zurück gezahlt.



        Deswegen folgende Geschichte:



        Bis vor ein paar Monaten musste "Farangs" in Zoos, Tempeln etc extra mehr bezahlen, weil sie ja keine Steuern bezahlen. (Was ja für Farangs die in Thailand leben und arbeiten nicht stimmt) So müssten in diesem von Deutschen bezahlten Skytrain die Farangs bzw due Deutschen nicht bezahlen.



        Nachzulesen in einer Ausgabe des "Der Farang"



        Entstanden ist der Name vermutlich weil er den Flughafen bedient und nicht weil er auf Pfeilern steht. Das ist bei der BTS überall der Fall und auch die zukünftigen Linie nach Pattaya oder Prachin Buri werden so sein.



        Man benutz, auch die Thais, den Begriff BTS und nicht Skytrain.



        Interessant finde ich, dass dich der Begriff den ich kritisiere mehr interessiert als die Menschen die nicht nach Hause kommen. Was bedeutet das du für Land und Volk kein Gespür hast. Recht haben wollen ist wichtiger?