piwik no script img

Proteste in PalästinaSprechchöre gegen Abbas in Ramallah

Tausende demonstrieren im Westjordanland. Nach dem Tod eines Oppositionellen regt sich Widerstand gegen die Palästinenserbehörde.

Maryam Banat, die Mutter des PA-Kritikers Nizar Banat, am Samstag in Ramallah Foto: reuters

Berlin taz | Eine Woche nach dem brutalen Vorgehen gegen Demonstrierende sind am Samstag erneut mehrere Tausend Menschen im Westjordanland auf die Straße gegangen. Auf Transparenten in Ramallah waren Slogans wie „Hau ab, Abbas“ gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und ihren Präsidenten zu lesen. Berichten zufolge riefen die Demonstrierenden auch: „Das Volk will den Sturz des Re­gimes!“ Zu erneuter Gewalt kam es nicht.

Anlass für die Proteste ist der Tod eines bekannten PA-Kritikers. Nizar Banat war ein erklärter Gegner von Präsident Mahmud Abbas und führte eine eigene Partei an. Vor eineinhalb Wochen war er von palästinensischen Sicherheitskräften in einem israelisch kontrollierten Teil Hebrons verhaftet und später im Krankenhaus für tot erklärt worden. In dem Teil der Stadt brauchen die palästinensischen Sicherheitskräfte eine israelische Genehmigung, um eine Festnahme durchzuführen.

Angehörige werfen den PA-Kräften nun vor, Banat bei der Festnahme misshandelt zu haben. „Die Umstände von Banats Tod waren nicht natürlich“, hat mittlerweile sogar der palästinensische Justizminister Mohammed al-Schalaldeh zugegeben.

Die von der Fatah dominierte PA sollte ursprünglich zur Regierung eines palästinensischen Staates im Rahmen einer Zweistaatenlösung mit Israel werden. Doch hat sie sich zu einer autoritären Führung in Teilen des Westjordanlands entwickelt, die in Sicherheitsfragen zudem eng mit Israel zusammenarbeitet. Demokratisch legitimiert ist sie nicht mehr. Die letzten Wahlen haben 2006/2007 stattgefunden. Zuletzt hatte Abbas im April die für dieses Jahr angesetzten Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben.

Gezielte Angriffe auf Frauen

Angehörige Banats, darunter seine Mutter, sprachen am Samstag auf der Demo in Ramallah. Eine Woche zuvor waren Sicherheitskräfte und in Zivil gekleidete Männer brutal gegen die Demonstrierenden vorgegangen. Die Menschenrechtsorganisation al-Haq berichtete: „Die PA-Kräfte gingen mit exzessiver und willkürlicher Gewalt gegen palästinensische Demonstrant*innen, Journalist*innen, Kinder und Umstehende vor.“

Gezielt sollen dabei weibliche Journalistinnen angegriffen worden sein. „Fatah und Abbas haben dem palästinensischen Volk offiziell den Krieg erklärt“, empörte sich Chris Whitman von der Hilfsorganisation Medico International.

Die UN-Beauftragte für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat die PA vor erneuter Gewalt gewarnt: „Die palästinensischen Sicherheitskräfte müssen so handeln, dass die Ausübung der Menschenrechte, einschließlich friedlicher Versammlungen, geschützt wird.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Palästinensern geschieht schlimmes Unrecht.

    Und noch keiner der Freunde von "Free Free Palestine" ist auf den Trichter gekommen, wie man das Israel in die Schuhe schieben könnte.

    So erwartbar, wie öde.