Protest in Frankreich: Gelbe Signalwesten schützen nicht
Am Samstag ist in Savoyen eine Demonstrantin tödlich verletzt worden. Landesweit wird gegen hohe Spritpreise protestiert.
Eine von den Demonstranten gestoppte Autofahrerin, die laut Angaben des Innenministeriums ihre Tochter zum Arzt bringen wollte, geriet in Panik und gab Gas. Eine überfahrene Demonstrantin wurde tödlich verletzt, die Fahrerin wurde in Gewahrsamgenommen. In Lebensgefahr schwebte in Arras in Nordfrankreich eine andere Person, die an einer Protestblockade angefahren worden war. Vor Mittag sollen es nach Angaben der Behörden, die zu Vorsicht und Zurückhaltung aufriefen, 47 Menschen verletzt worden sein.
Trotz dieses tragischen Zwischenfalls protestieren Zehntausende Autofahrer am Samstag gegen die laufend steigenden staatlichen Abgaben auf Diesel und Benzin, die ihre Transportausgaben in die Höhe treiben. In diesen Protest mischt sich Unmut aus unterschiedlichen Motiven, der sich gegen den Präsidenten, seine Regierung und die Pariser Führungselite richtet. Auch rechtsextreme Aktivisten des Front National nehmen teil. Mehr als 1.500 Aktionen in Form von Straßensperren oder Blockaden vor Autobahnzufahrten oder anderen Verkehrsbehinderungen waren am Samstag geplant.
Gemeinsames Erkennungszeichen der Teilnehmer ist das „Gilet jaune“, die gelbe Warnweste, die entweder bei den Blockaden zum eigenen Schutz getragen oder als Zeichen der Solidarität vor das Lenkrad gelegt wird. In französischen Medien gibt das gelbe Gilet der Bewegung den Namen. Man erinnert sich deswegen auch an die Mobilisierung der „Roten Mützen“, die 2013 in der Bretagne mit ihren Aktionen die Einführung einer Ökosteuer für den Schwerverkehr erfolgreich verhindert hatten.
Offen war am Samstagvormittag, ob und in welcher Form diese neuerliche und dieses Mal landesweite Steuerrevolte nach den dramatischen Ereignissen mit Verletzten und einer Toten fortgesetzt würde. Die Regierung hatte am Mittwoch neue Subventionen für Heizkosten der Haushalte mit bescheidenem Einkommen sowie Prämien für den Wechsel auf Elektromobile oder Fahrzeuge mit weniger Schadstoffausstoß in Aussicht gestellt, um so den Zorn etwas zu beschwichtigen.
Entgegen kam ihr auch die Tatsache, dass aufgrund sinkender Preise pro Barrel auf dem Erdölrohstoffmarkt die Kosten beim Tanken an der Zapfsäule wieder sichtbar zurückgingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste