Protest in Berlin: Gerhard Schröders schmutziger Deal
Der Altkanzler steigt bei einem russischen Ölgiganten ein. Der aber gefährde die Lebensgrundlage indigener Völker in Sibirien, kritisieren Aktivisten am Brandenburger Tor.
Gerhard Schröder kann an diesem sonnigen Vormittag seinen Sack nicht voll genug kriegen. Genüsslich sitzt der Exkanzler in der Sonne vor dem Brandenburger Tor und lässt Goldmünzen aus einer kleinen Pipeline in den Stoffsack zwischen seinen gespreizten Beinen kullern. Am anderen Ende des Rohrs steht Wladimir Putin, ganz der Macho, und füttert es mit ausladenden Handbewegungen weiter mit Münzen. Eine junge Frau dahinter hält ein Plakat hoch. „Lupenreiner Deal, Herr Schröder“, steht da. Und: „Krim gegen Aufsichtsrat“.
Mit der Aktion protestiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gegen die Beschäftigung Schröders beim mehrheitlich staatlichen russischen Energiekonzerns Rosneft. Der Exkanzler sollte am Freitag in Sankt Petersburg in den Aufsichtsrat gewählt werden. „Das ist ein schmutziger Deal, der moralisch sehr verwerflich ist“, sagt Daniel Matt, ein Koordinator des Protests.
Er kritisiert vor allem die Menschenrechtssituation auf der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim. Die tatarische Minderheit habe dort seit Auftauchen der russischen Truppen unter schweren Repressionen zu leiden.
Auch die Vereinten Nationen werfen der russischen Regierung in einem jüngst veröffentlichten Bericht willkürliche Festnahmen, Misshandlungen und Folter vor. „Wir befürchten, dass sich Schröder für eine Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland engagieren wird“, sagt der Direktor der GfbV, Ulrich Delius.
Indigene Völker verlieren Lebensgrundlage
Die Organisation wirft dem russischen Staat und dem Rosneft-Konzern zudem vor, durch Öl- und Erdgasförderung die Lebensgrundlage indigener Völker wie der Mansen, Nenzen und Chanten zu zerstören. Rosneft, einer der größten Ölförderer der Welt, pachte mit Unterstützung der Behörden Weideland der traditionell als Rentierzüchter lebenden Menschen für die Erschließung weiterer Energievorkommen.
Zwei Aktivisten halten vor dem Brandenburger Tor ein Banner in die Luft. „Krim annektiert, Schröder geschmiert, Deutschland blamiert“, ist darauf zu lesen. Ob den Exkanzler das juckt, steht auf einem anderen Blatt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“