Protest im Grünen-Büro in Berlin: Unterstützung für die halbe Besetzung
Kreuzberger Grüne zeigen sich solidarisch. Sie wollen die Haftbedingungen für einen politischen Häftling in Baden-Württemberg verbessern.
Wegen Mitgliedschaft in einer so eingestuften – der türkischen, linksradikalen DHKP-C – verbüßt Yusuf Taş in Baden-Württemberg eine sechsjährige Gefängnisstrafe, etwa weil er Tickets für ein Konzert der linken Band Grup Yorum verkaufte.
Seit 64 Tagen befindet er sich im Hungerstreik, da ihm die Anstaltsleitung untersagt, auf Türkisch zu kommunizieren, er somit weder Briefe schreiben noch empfangen kann. Die fünf Besetzer und ihre Unterstützer, teils türkischer, teil deutscher Herkunft, setzen sich dafür ein, Taş’ Situation zu verbessern. Weil sie bei den Grünen „solidarisch empfangen“ wurden, sprechen sie von einer „halben Besatzung“.
Nach Gesprächen mit Hans-Christian Ströbele am Dienstagabend schrieb der Bundestagsabgeordnete einen Brief an den Justizminister in Stuttgart. Am Mittwoch ist seine Wahlkreis-Nachfolgerin Canan Bayram anwesend. Über die baden-württembergische Rechtsvorschrift, die in Einzelfällen eine Kommunikation auf Deutsch verlangen kann, ist sie empört. „Das ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und gegen die Menschenwürde“, so Bayram.
Forderung an Özdemir
Ihr Anruf bei der Leiterin der Justizvollzugsanstalt blieb erfolglos. Eine Besuchsanfrage wurde ihr verwehrt; eine Berliner Abgeordnete müsse man nicht in den Justizvollzug lassen.
Bayram hofft nun auf ihre Parteikollegen, die im Ländle mitregieren, sowie auf ihren Parteichef: „Ich erwarte, dass Cem Özdemir das Anliegen unterstützt“, so die Anwältin. Für sie drängt sich zudem ein „gemeinsamer Kontext“ auf, „was in der Türkei und Deutschland als Terror angesehen wird“.
Ihr gegenüber sitzt ein älterer türkischer Mann, der sich an der Organisation eines geplanten Konzerts von Grup Yorum in Kassel beteiligt. „Vielleicht müssen Sie mich demnächst auch im Gefängnis besuchen“, sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen