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Protest gegen rechte BuchmesseMit Kästner gegen „Compact“ und Kubitschek

Das „Wir-Festival“ in Halle will ein Zeichen für den Zusammenhalt der Gesellschaft setzen. Am Wochenende soll es eine rechte Buchmesse überstrahlen.

Das „Wir-Festival“ iin Halle ist nicht zu übersehen Foto: Stepahn Retzlaff
David Muschenich

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David Muschenich aus Leipzig

Bunte Kreidespuren belebten im September den grauen Marktplatz in Halle an der Saale. 41 Meter lang, ein Wort: „Wir“. Für die In­itia­to­r:in­nen des gleichnamigen Festivals ist es ein Statement für den Zusammenhalt in der Stadt. Seit Wochen wollen sie diesen mit Lesungen, Workshops, kreativen Aktionen oder auch Tanzabenden stärken. Außerdem ist das „Wir-Festival“ eine Protest-Form. Denn an diesem Samstag beginnt in der Stadt die rechte Buchmesse „Seitenwechsel“. Das „Wir-Festival“ solle sie „überstrahlen“, heißt es von der Initiative.

Seitdem das Kreidebild auf dem Marktplatz entstand, seien täglich Un­ter­stüt­ze­r:in­nen in der Stadt zu sehen, berichtet Mitinitiatorin Petra Reichenbach der taz. Sie ist Buchkünstlerin, Grafikerin und von Anfang an dabei. Laut Reichenbach stehen in den Schaufenstern von 24 Läden literarische Zitate, mit denen sich die Be­trei­be­r:in­nen gegen die rechte Messe positionieren.

Ein Beispiel ist das Café Hafenmeister & Docks. In großen weißen Lettern mahnt Erich Kästner: „Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“ In 200 weiteren Schaufenstern beziehen Läden mit kleineren Sprechblasen Position.

Insgesamt umfasst das Programm mittlerweile 365 verschiedene Veranstaltungen. Nicht alle wurden explizit für das „Wir-Festival“ geplant. Ver­an­stal­te­r:in­nen konnten sich bei den „Wir“-Initiator:innen melden, damit ihre Lesung, ihr Theaterstück oder Workshop in der Liste auftaucht. „Bei manchen passte es einfach“, erklärt Reichenbach.

Projektwoche und Höhepunkt

Ein Beispiel dafür ist die Projektwoche „In Verteidigung der Demokratie“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Von der Politikprofessorin Petra Dobner ins Leben gerufen, legen dort Vorträge und Diskussionen einen besonderen Fokus auf die politische Lage in Sachsen-Anhalt und die Landtagswahl 2026. In Umfragen führt die AfD, eine Alleinregierung der rechtsextremen Partei ist nicht ausgeschlossen. Am Montag waren etwa der Omnibus für direkte Demokratie und sein Gründer Johannes Stüttgen an der Universität. Sie fahren seit der Dokumenta 1987 durch die Republik, um die Idee von Basisdemokratie zu verbreiten. Kunstgeschichte zum Anfassen. Die Veranstaltung stand ebenfalls im Kalender des Festivals.

Der Höhepunkt des „Wir-Festivals“ steht am Wochenende an. Freitag und Samstag sind in dichter Folge Vorträge, Lesungen, Konzerte und Podiumsgespräche geplant. Der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent und die Journalistin Gilda Sahebi treten auf, am Samstagabend steht ein veganer XXL-Mettigel im Programm.

Am Sonntag, dem 9. November, ist ebenfalls Programm geplant, allerdings als Gedenktag. Erinnert wird an die Novemberpogrome von 1938 und den Terror der deutschen NS-Diktatur. Neben mehreren Demonstrationen bildet das den Gegenprotest zur Buchmesse „Seitenwechsel“.

Messe für rechte Szenegrößen

Die rechte Messe initiiert hat die Dresdnerin Susanne Dagen. Die Buchhändlerin ist seit August 2024 Mitglied der AfD-Fraktion im Dresdner Stadtrat. Das Programm kündigt in Halle allerlei Szenegrößen der Neurechten und auch neonazistische Verlage an: den Antaios Verlag des extrem rechten Vordenkers Götz Kubitschek, das „Compact“-Magazin von Jürgen Elsässer sowie den Sturmzeichen Verlag des Neonazis Sascha Krolzig.

„Die Buchmesse ist zwar der Anlass“, sagt Petra Reichenbach zum „Wir-Festival“ und dessen Programm. Für wichtiger halte sie aber, dass das Festival zeige, welcher Zusammenhalt in der Stadt möglich sei.

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2 Kommentare

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  • Hola!

    “ Protest gegen rechte Buchmesse



    Mit Kästner gegen „Compact“ und Kubitschek“

    Dank an meine Geburtsstadt für den Arsch im Beinkleid - der Händel-Stadt - Wassermusik



    & von



    Hans Litten - Anwalt der Roten Hilfe als „Anwalt des Proletariats“ - dem es als einzigen gelang



    Hitler “Im Edenpalast-Prozess von 1931



    …durch die Fragen von Litten blamiert und in die Enge getrieben. Er schrie Litten mit hochrotem Kopf an: „Wie kommen Sie dazu, Herr Rechtsanwalt, zu sagen, da ist eine Aufforderung zur Illegalität? Das ist eine durch nichts zu beweisende Erklärung!“

    & masel tov - Gutes Gelingen

    unterm——



    “Das Gericht rief Adolf Hitler …auf Antrag Littens sowie des Verteidigers der Angeklagten in den Zeugenstand.



    Litten wollte zeigen, dass der Eden-Überfall von der Parteiführung organisiert und inhaltlich mitgetragen worden war, dass es sich bei der NSDAP nicht um eine demokratische legitime Partei…“… konfrontierte Litten den Zeugen Hitler mit einer Schrift des Reichspropagandaleiters der NSDAP, Goebbels, mit dem Titel Der Nazi-Sozi. In dieser Schrift wurde gefordert, dass das Parlament auseinandergejagt werden solle, um die Macht zu ergreifen und die „Gegner zu Brei zu stampfen“.

    • @Lowandorder:

      Hier - Wassermusik - feine Aufnahme



      www.youtube.com/watch?v=EVAB2z1RPu4



      Schön die Kommentare tlw von (mit) Musikern



      🤖 Die "Wassermusik" von Georg Friedrich Händel entstand 1717 als Begleitmusik für eine königliche Bootsfahrt auf der Themse. König Georg I. von England soll von der Musik so begeistert gewesen sein, dass er sie mehrmals wiederholen ließ. Das Werk, das heute in drei Suiten mit insgesamt 22 Sätzen unterteilt ist, wurde auf einem separaten Boot im Freien aufgeführt und ist ein festliches Beispiel barocker Orchestermusik.



      Entstehungsgeschichte



      Anlass: Die Musik wurde ursprünglich für eine prunkvolle Lustfahrt des englischen Königs Georg I. auf der Themse komponiert, um eine prächtige Open-Air-Aufführung zu bieten.



      Termin: Die berühmte Fahrt fand am 17. Juli 1717 statt, obwohl es auch eine frühere Fahrt mit Händels Musik bereits 1715 gegeben haben soll.



      Uraufführung: Das Orchester spielte auf einem eigenen Boot, das der königlichen Barke folgte. Die Musik musste daher laut genug sein und einen festlichen Charakter haben, um die Gäste zu unterhalten.



      Königliche Reaktion: Laut Berichten gefiel die Musik dem König so gut, dass er sie auf der Hin- und Rückfahrt 3x …