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Protest gegen Trumps AgendaBernie gegen Goliath

Die Führung der Demokratischen Partei zeigt kaum Widerstand gegen Donald Trumps Umbau der USA. Nur Bernie Sanders tourt durchs Land und füllt Hallen.

Bernie Sanders am Wochenende in Warren, Michigan: 9.000 Menschen wollten ihn hören Foto: Jose Juarez/ap/dpa

Berlin taz | Acht Wochen nach Beginn der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump in den USA ist offensichtlich, dass die Führung der oppositionellen Demokraten weder Personal noch Strategie hat, um damit angemessen umzugehen.

Chuck Schumer und Hakeem Jeffries, die Fraktionschefs der Demokraten im Senat und Repräsentantenhaus, fahren untertourig. Jeffries zieht durchs Land, um sein Kinderbuch „Das Abc der Demokratie“ zu vermarkten und konnte es nicht einmal verhindern, dass zehn Abgeordnete der Demokraten in der vergangenen Woche mit den Republikanern zusammen eine Abmahnung gegen ihren eigenen Fraktionskollegen Al Green verabschiedeten. Der 77-jährige Schwarze aus Texas hatte während Trumps Rede vor beiden Kongresskammern vergangene Woche lautstark gegen den Präsidenten protestiert, bis er aus dem Saal geworfen wurde.

Per E-Mail betteln die Demokraten weiter nur um Spenden.

Die E-Mail-Verteiler der Demokraten versenden ungebrochen täglich Bitten um Spenden, aber keine Idee, wie Trump zu stoppen sei. Und für Politiker*innen, die als mögliche Kan­di­da­t*in­nen für die Präsidentschaftswahl 2028 gehandelt werden, gilt die alte Weisheit, dass es viel zu früh ist, sich hervorzuwagen. Der dringende Wunsch nach Protest und Widerstand findet in der Oppositionspartei keine Führung.

Vielleicht auch deshalb geht jetzt einer nach vorne, der nichts mehr werden will. Bernie Sanders, der inzwischen 83-jährige demokratische Sozialist und gerade wiedergewählte unabhängige Senator aus Vermont, reist mit seiner „Stoppt-die-Oligarchie-Tour“ seit Mitte Februar durch Wahlkreise, die im November von Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen gewonnen wurden.

Und er zieht viel Publikum an. Am vergangenen Wochenende kamen in Warren, einer Vorstadt von Detroit in Michigan, über 9.000 Be­su­che­r*in­nen zu Sanders – außerhalb jeden Wahlkampfs. Am Vortag waren es 4.000 in Kenosha, Wisconsin, und am Morgen darauf kamen 2.600 Menschen zu einem Auftritt von Sanders in Altoona – die Stadt in Wisconsin hat nicht einmal 10.000 Einwohner*innen.

Scharfe Kritik und Siegesgewissheit

Bei seinen Auftritten spricht Sanders, wie man ihn kennt: In klaren Worten und mit vielen Zahlen verweist er darauf, dass die derzeitige Regierung eben nicht, in den Worten George Washingtons, eine Regierung vom Volk, durch das Volk und für das Volk sei, sondern von den Milliardären, durch die Milliardäre und für die Milliardäre. Und er rechnet vor, dass allein Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg, die bei Trumps Amtseinführung in der ersten Reihe standen, mit zusammen 900 Milliarden US-Dollar über so viel Vermögen verfügen wie die gesamte untere Bevölkerungshälfte der USA.

Von da aus ist es nur folgerichtig, gegen die Zerstörung des öffentlichen Dienstes durch Musks „Behörde für Regierungseffizienz“ zu wettern und gegen den gerade verhandelten Haushaltsvorschlag der Republikaner, dessen Steuergeschenke an die Reichen nur durch Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung für die arbeitende Klasse zu finanzieren sind.

Und Sanders versucht, Hoffnung zu verbreiten. Angesichts der vollen Hallen ruft er aus, „dass die Menschen es nicht zulassen werden, dass wir uns in Richtung Oligarchie bewegen. Sie werden es Trump nicht gestatten, hier eine autoritäre Herrschaft aufzubauen. Wir sind bereit zu kämpfen, und wir werden gewinnen!“ In Zeiten, in denen allzu viele sich der Resignation ergeben, werden diese Botschaften gebraucht. Als Sanders am Abend von Donald Trumps Rede vor dem Kongress einfach selbst eine 20-minütige Video-Antwort ins Netz stellte, wurde sie millionenfach aufgerufen.

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5 Kommentare

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  • Der "Wilde Westen" ist wieder zurück, man diskutiert nicht, man schießt, und zwar schnell. Leider auch ohne jegliche Überlegung im Hinblick auf die Folgen. Sanders in hohem Alter, muss wieder in den Kampf ziehen. Offenbar haben die Demokraten kein jüngeres Personal für den Widerstand gegen die Tech-Oligarchie.

  • Manchmal träume ich Bernie hätte Nominierung und Wahl 2016 gewonnen.

    .

    In der einen timeline wird alles wunderbar, Trump ist nur eine Randnotiz der Geschichte und die USA entwickeln einen wahren demokratischen Sozialismus.



    Aber in der anderen Ermordung, Aufstand und Militärdiktatur.

    .

    Respekt der Kassandra, dem einsamen Rufer in der Wüste.

    .

    m.youtube.com/watc...Qgd2VlayB0b25pZ2h0

  • Wo sind Obama, die Clintons, und Bush Familie. wo die junge Generation?



    Man kann nur hoffen, daß Sanders noch lange durchhält und Robert Reich dazu.



    Wer sich gefragt hat, wie es 1930 u.f. passieren konnte, bekommt jetzt eine live show....



    Es ist zum Haare raufen.

  • Selbst ein sehr alter Sanders hätte wohl die entscheidenden Mehr-Stimmen geholt. Doch auch die Demokraten sind eingehegt und -gekauft, verrennen sich zum Ausgleich dann doppelt so tief in Identitäts-Sackgassen. Jetzt gilt es die Demokraten schlagkräftig gegen das Kapital zu machen. Sanders fängt da gut an.

  • Wer macht's nach Bernie?! ..