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Protest gegen Rechts muss sachlich seinVerdunkeln verboten

Düsseldorfs OB ließ aus Protest gegen eine rechte Demo das Rathauslicht ausschalten. Das Bundesverwaltungsgericht hält das für unzulässig.

Das verdunkelte Rathaus in der Düsseldorfer Altstadt am 12.1.2015 Foto: dpa

FREIBURG taz | Bürgermeister dürfen sich mit rechtsradikalen Kundgebungen in ihrer Stadt nur sachlich auseinandersetzen. Sie dürfen weder symbolisch protestieren noch zur Teilnahme an Gegenkundgebungen aufrufen. Zu einem entsprechenden Urteil vom September hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt die Begründung vorgelegt. Darin wurden die Handlungsmöglichkeiten von Stadtverwaltungen stark eingeschränkt.

Anlass war der Streit um eine Düsseldorfer Demonstration „gegen die Islamisierung des Abendlandes“, zu der die rechtsradikale Gruppe „Dügida“ im Januar 2015 aufgerufen hatte. Im Vorfeld der Demo hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) angekündigt, dass während der Demo die Lichter am Rathaus und anderen städtischen Gebäuden „als Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus“ ausgeschaltet werden. Er bat Geschäftsleute, dem städtischen Beispiel zu folgen. Die Bürger forderte er zur Teilnahme an einer Gegendemonstration „für Demokratie und Vielfalt“ auf.

All dies hält das Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig. Eine rechtsstaatliche Verwaltung dürfe bei Werturteilen „den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten“. Ein gewählter Amtsinhaber könne zwar am politischen Diskurs teilnehmen, wenn es um örtliche Angelegenheiten geht. Dabei sei er aber auf den „Austausch rationaler Argumente“ beschränkt. Er dürfe „Vertreter anderer Meinungen weder ausgrenzen noch gezielt diskreditieren“. Ausnahmsweise sei dies nur erlaubt, wenn die Gegenseite verbotene Inhalte propagiere.

Nicht „lenkend oder steuernd“ Einfluss nehmen

Das Sachlichkeitsgebot folge auch aus dem Demokratieprinzip, so die Leipziger Richter. Ein Amtsträger dürfe auf den politischen Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung nicht „lenkend oder steuernd“ Einfluss nehmen. „Der Willensbildungsprozess im demokratischen Gemeinwesen muss sich vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen“, heißt es in dem jetzt vorgelegten Urteil.

Ein Bürgermeister könne sich auch nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, so die Richter, wenn er in hoheitlicher Eigenschaft spricht. Grundrechte stünden dem Bürger gegen den Staat zu, nicht dem Staat gegen die Bürger.

Die Aktion „Licht-Aus“ von OB Geisel habe dem Sachlichkeitsgebot widersprochen, heißt es in der letztinstanzlichen Entscheidung. Das symbolische Verdunkeln der Stadt habe „für sich genommen“ nicht erklärt, warum die Dügida-Kundgebung zu missbilligen sei. Die Aktion habe die Ebene eines rationalen Diskurses verlassen.

Auch der Aufruf des OB, an einer Gegendemonstration gegen Dügida teilzunehmen, habe das Sachlichkeitsgebot verletzt. Damit habe Geisel „unzulässig in den Wettstreit der politischen Meinungen“ eingegriffen. Der „Wettbewerb zwischen gegenläufigen friedlichen Versammlungen“ dürfe nicht staatlich beeinflusst werden. (Az.: 10 C 6.16)

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14 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Grundrechte stünden dem Bürger gegen den Staat zu, nicht dem Staat gegen die Bürger."

    Ja, aber auch nur, wenn man noch an's Christkind glaubt.

    Die Realität sieht, leider, anders aus.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Upsalallala! Christkindl-Glaube! Soso!

      Ne steile These gegen einen verfassungsrechtlichen Banalsatz!

      .."Grundrechte stünden dem Bürger gegen den Staat zu, nicht dem Staat gegen die Bürger."

       

      Anders gewendet - in einer

      "Öffentlich-rechtlichen" Klausur

      Sollten Sie Ihre - öh Grundrechtstheorie

      Besser nicht vertreten. Newahr.

  • Wenn ein Bürgermeister nur neutralet verwalter sein soll, dann können wir uns die Wahl solcher Ämter auch gleich sparen.

    Und vieleicht wurde ja ein SPDler ins Amt gewählt damit er seine Stimme gegen Rassismus erhebt wenn es nötig sein sollte.

    Ganz abgesehen davon sehe ich bei dem was die "PEGIDAs" so propagieren so oder so Artikel 3 des Grundgesetzes verletzt.

    Also Hut ab vor solchen "Licht aus" Aktionen die zeigen, das wir nicht nur verwaltet sondern von politischen Menschen vertreten(!) werden.

  • Richtig! Man könnte es auch Amtsmissbrauch nennen. Zudem befördert es das Opfergehabe der Dügidos. An den Schalthebeln der Macht heißt nicht uneingeschränkte Macht über die Lichtschalter.

  • Tolerant müssen eben immer nur die anderen sein. Die eigene Intoleranz sieht man nicht.

    • @finches:

      Der Anfang dieser Entwicklung wurde vielleicht bei der Amtseinführung Klaus Wowereits gemacht, als vor dem Roten Rathaus die Regenbogenfahne gehisst wurde.

       

      Ich störe mich nicht an LGBTTIQ*. Ich möchte nur nicht vor einem AfD geführten Rathaus das Banner der Identitären wehen sehen.

  • Tja - es gibt noch Richter in Leipzig.

     

    Saubere Arbeit. Das freut.

    Nicht nur Journalisten - auch

    Politker - als Träger öffentlicher Gewalt

    Müssen den aufrechten demokratischen Gang erst noch lernen.

     

    Es ist ermutigend - daß dem Duodezfürstengehabe - weit verbreitet -

    Spitzenreiter immer noch unerreicht -

    Mr. Bimbes aka Dr. Helmut Kohl -

    Der die Republik als seinen Saumagen begriff - doch doch & aber Hallo!

    Daß solchem vordemokratischen Unwesen - spät - aber endlich

    Ein höchstrichterlicher Riegel vorgeschoben ist.

    Zur Stärkung der einer Republik nach unserer Verfassung • dem Grundgesetz

    Intendierten sozial-rechtstaatlichen demokratischen Zivilgesellschaft.

    kurz - Ausbaufähig. Das ja.

  • In Berlin hat der OB den Bürgern sogar geschrieben, dass sie bei der Wahl für Tegel stimmen sollen, aber Lichtaus gegen Rechts ist "gezielt diskreditieren"? Irgendwas läuft falsch.

  • Meiner Meinung nach ist Licht aus am Rathaus in Ordnung, solange daraus kein Schaden für Dritte erwächst. Man könnte dies ja auch "Sparwoche" nennen.

  • Bin kein Jurist, aber diese Passage:

     

    "Eine rechtsstaatliche Verwaltung dürfe bei Werturteilen „den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten“. Ein gewählter Amtsinhaber könne zwar am politischen Diskurs teilnehmen, wenn es um örtliche Angelegenheiten geht. Dabei sei er aber auf den „Austausch rationaler Argumente“ beschränkt. Er dürfe „Vertreter anderer Meinungen weder ausgrenzen noch gezielt diskreditieren“. Ausnahmsweise sei dies nur erlaubt, wenn die Gegenseite verbotene Inhalte propagiere."

     

    dürfte unabhängig von links oder rechts etc. Allgemeingültigkeit besitzen.

     

    Möglicherweise hat das zukünftig auch Auswirkung auf die beispielsweise in Frankfurt, in München und ggf. nun auch in Berlin exekutierte Praxis, die Vermietung bzw. Überlassung öffentlicher oder öffentlich geförderter Räumlichkeiten nach ideologischen Gesichtspunkten zu gewähren oder zu verweigern.

  • Können Sie berichten, was diesem Bürgermeister als Bestrafung für diese Rechtsverletzung passiert?

    • @ausDemMaschinenraum:

      Die Knalltüte hat ganz andere Probleme.

      Der muss erst mal sehen wie er die Gelder die er mit seinem tollen "Grand Depart" verschleudert hat wieder reinholt. Zudem wird er sowieso abgewählt bei der nächsten Wahl....

    • @ausDemMaschinenraum:

      Nüscht. Oder vlt. Ordnungsgeld 50 €, bezahlt aus der Stadtkasse.

      • @Nikolai Nikitin:

        Sie können sich ganz prima mit

        Dem 2.höchsten Repräsentanten -

        exIM&Gröfimaz - Mr. Grexit -

        Zusammentun - Na Servus!

         

        Der hat auch immer & vor allem

        Das Portjuchee - im Blick.

        Furchtbarer Jurist 2.0

        Wolfgang Schäuble.