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Protest gegen Kohleabbau in LützerathGrüne verteidigen Räumung

Die Räumung des von Ak­ti­vis­t:in­nen besetzten Lützerath steht bevor. Die Grünen-Chefs rechtfertigen diese – mit Verweis auf den Kohlekompromiss.

Tagebau Garzweiler am Dienstag: Das Dorf Lützerath soll für dessen Erweiterung abgebaggert werden Foto: Michael Probst/ap

Berlin afp/dpa | Grünen-Bundesvorsitzender Omid Nouripour hat die bevorstehende Räumung des von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen besetzten Dorfes Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier verteidigt. Der Streit sei „ausgeurteilt durch alle Instanzen“ und der Energiekonzern RWE habe einen Rechtsanspruch auf das Abbaggern der unter Lützerath liegenden Kohle, sagte Nouripour am Dienstag im ZDF-“Morgenmagazin“.

Dies sei Teil eines Kompromisses, der andererseits fünf andere Dörfer im Braunkohlerevier vor der Räumung bewahrt und den Kohleausstieg in Westdeutschland „um acht Jahre vorgezogen“ habe. „Hätten wir den Kompromiss nicht gemacht, dann wäre das alles nicht passiert“, betonte Nouripour. Insofern sei dies „ein guter Kompromiss, den ich wirklich auch gut tragen kann“ und „ein signifikanter Schritt nach vorne beim Thema Klimaschutz“.

Auch Co-Vorsitzende Ricarda Lang lobte den Kompromiss, der eine Ende des Kohleabbaus bis 2030 in der Gegend erreicht habe. „Trotzdem habe ich Verständnis für Menschen, die jetzt dort demonstrieren, für Frust und vor allem auch für Druck für mehr Klimaschutz“, sagte Lang am Montag am Rande einer Klausur des Bundesvorstandes der Partei in Berlin. Die Grünen-Chefin plädierte außerdem für „Deeskalation aller Beteiligten“ bei den Protesten.

Klima-Aktivist:innen verschanzen sich seit längerem in dem Dorf bei Aachen, um die Räumung zu verhindern. Lützerath soll der Erweiterung eines großen Tagebaus zum Kohleabbau weichen. Nach Angaben der Polizei soll die Räumung von Lützerath frühestens ab Mittwoch beginnen.

Der Protest überschattet die zweitägige Vorstandsklausur der Grünen in Berlin. Dabei hatte die Parteiführung am Montag angekündigt, das Jahr 2023 zum „Jahr des Klimaschutzes“ zu machen.

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9 Kommentare

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  • Die Grünen sind naiv und verstehen nicht die hinterhältige Politik der CDU.



    Folgsam ordnen sie sich unter unter das Recht, aber das Recht machen doch die Parlamentarier, die Gesetze beschließen. Und eigentlich sollten sie überprüfen, dass das richtig läuft und dann notfalls die gesetze korrigieren. Nennt der Demokrat Gewaltenteilung.



    Wie ein willfähriger Beamte und naiv stottern hier Lang und Nouripour, dass das das Gesetz sei und ausgereizt ist.



    Kapierts endlich: es ist unbequem, das bei dem lieben Lindi und Scholzi durchzusetzen, aber das ist Politik. Hart und geschickt: Lützerath bleibt, weil es politisch die richtige Entscheidung ist. Dann setzt das endlich durch. Dann rasseln die Wählerstimmen, die ihr gerade verliert.



    Und Reul hetzt frühlich und genußvoll gegen die angeblich gewaltätigen Demonstrantinnen und puscht die Polizist*innen geradezu auf, hart vorzugehen.



    Ich erwarte hier harte Worte auch von Scholz, sich als Innenminister Reul maßvoll zu verhalten - als Politiker nicht zu übertreiben, die gegnerischen Grünen lächerlich zu machen. Genau das tut Reul und benutzt dafür die Polizisten und die Klimaretter. Keine Ahnung welche frustrierende Kindheit Reul hatte, aber irgendwie will er sich beweisen..

    • @StefanMaria:

      Das war beim Aufwachen heute auch mein erster Gedanke. Ich verachte die Grünen wirklich dafür, dass sie offensichtlich dachten, sie könnten mit dem Erfolgsdeal-Framing durchkommen und den Rest des Protestes weglächeln. Und für jeden Auftritt, wo Mona Neubaur, Nouripur und wer sonst noch immer die gleichen Lügen wiederholen (vor allem a) das sei eine Gerichtsentscheidung, dass L. abgebaggert werden muss / b) es ginge um Versorgungssicherheit).

      Dennoch: die tiefen Strukturen in NRWE haben sie nicht geschaffen. Wüst kichert schon seit der Wahl ins Fäustchen, dass die Grünen den ganzen Ärger abbekommen, der strukturell aber bei CDU und FDP zu ungleich größeren Teilen landen müsste.

  • Angesichts solcher Aussagen von Nouripour und Lang füllt sich der Begriff Fremdschämen sogleich mit Leben. Das war's dann für mich mit den Grünen.

  • Einfach nur noch peinlich. Hoffentlich etabliert sich die Klimaliste möglichst schnell, auch in NRW und bundesweit!

  • Laue "Argumente" für einen faulen Kompromiss

  • Es mag ein guter Kompromiss sein, aber warum überhaupt ein Kompromiss? Wenn das eine richtig und das andere falsch ist, warum braucht man dann einen Kompromiss und warum diesen Kompromiss? Natürlich aus Machtgründen. Weil die Grünen meinen alles moderieren und niemandem weh tun zu müssen, weil Kanzler Scholz weder Überzeugungen hat noch Konflikte wagt, weil die schweigende Mehrheit der Bürger, die, die es längst besser wissen, auch versagen indem sie die Grünen nicht weiter stärken und antreiben. Das Bürgertum überlässt den Aktivisten die Bühne und nennt sie dann radikal und übertrieben. Man wird mit dem jetzigen Kompromiss leben müssen, einfach weil er durchgesetzt werden wird, aber es muss jetzt endlich Schluss sein mit den Kompromissen.

  • Leider ist es kein glaubwürdiger Kompromiss, sondern ein genialer Deal von RWE, der ihnen in kürzerer Zeit mehr Gewinne ermöglicht (siehe Interview von Luisa Neubauer mit dem DLF). Die Grünen sollten ihre Position überdenken und aufhören, den "Frust zu verstehen". Sie glauben wohl, der "Kohlekompromiss" sei das maximal machbare. Aber wenn das nachweislich die Pariser Klimaziele beschädigt, dann ist die Lösung ganz simpel: Es muss mehr gemacht werden.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Die Grünen reden nun Lang und Breit



    Vom Kohleausstieg in kurzer Zeit.



    Sie verkaufen ihre Zustimmung bravourös.



    Da aber wurde die Basis nervös.



    Und sagte, indem Sie zu blockieren begann:



    Was gehen mich RWE und die Grünen an?“



    (nach Ringelnatz „Die Schnupftabakdose sternenfall.de/Rin...upftabaksdose.html )

  • Rechtlich vielleicht ausgeurteilt - aber auch das nur aber wegen politischer Entscheidungen - und politische Entscheidungen und Mut können den Abbau auch jetzt noch verzögern oder dann vielleicht verhindern. Und dies wäre nur politischer Opportunismus und keinGrund Vereinbarungen mit den Grünen in Zukunft zu mißtrauen.



    Die Welt ändert sich eben. Das müsen auch die Geldbeutel der RWE-Aktionäre verstehen. Und ich denke , die verstehen das und verdienen danach mit anderen Aktien.



    Rückgängig machen das mit 2030 ist auch nicht schlimm, weil Kohle zumindest in Deutschland in fünf Jahren niemanden mehr interessiert, da sie zu teuer ist. Der Markt regelt das, würde die FDP sagen.