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Protest gegen GesundheitspolitikArztpraxen bleiben dicht

Zu viel Bürokratie und Fachkräftemangel: Bundesweit lassen Ärz­t*innen aus Protest gegen die Bundesregierung ihre Praxen zu. Lauterbach beschwichtigt.

Pa­ti­en­t*in­nen stehen zwischen Weihnachten und Neujahr vielerorts vor geschlossene Arztpraxen Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin taz | Wer zwischen den Jahren spontan einen Arzttermin braucht, hat es ohnehin schwer, denn viele Praxen machen Urlaub. Dieses Jahr haben darüber hinaus Ärzteverbände ihre Mitglieder dazu aufgerufen, ihre Praxis von Mittwoch bis Freitag aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung geschlossen zu halten. Unter dem Motto „Praxis in Not“ läuft die Kampagne, die vom Virchowbund, dem Verband der niedergelassenen Ärzt*innen, initiiert wurde und von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird.

Bereits im Herbst schlossen bundesweit Arztpraxen mit der Forderung nach mehr Geld und im Protest gegen die Gesundheitspolitik. Die Kritikpunkte sind diesmal ähnlich: übermäßige Bürokratie, Fachkräftemangel bei den Medizinischen Fachangestellten, gestiegene Praxisführungskosten und das Auslaufen der Neupatientenregelung zum Jahresende. Diese Regelung wurde 2019 eingeführt und bot Ärz­t*in­nen finanzielle Anreize, damit sie neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten.

Bei vielen trifft der Streik auf Unverständnis, denn gerade in einer Zeit, in der Atem­wegs­erkrankungen Spitzenwerte erreichen, sei es „weder angemessen noch fair, die Patientinnen und Patienten vor geschlossenen Praxistüren stehenzulassen“, sagt Florian Lanz vom Krankenkassen-Spitzenverband GKV. Auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisiert: „Gerade im ländlichen Raum treffen die Aktionen vor allem alte und schwache Menschen.“

Virchowbund-Chef Dirk Heinrich hingegen verteidigt den Streik. „Unsere vordringlichste Aufgabe ist natürlich, sich um die Menschen zu kümmern. Und dafür brauchen wir mehr Zeit und weniger Zeit für Papier“, sagte Heinrich am Mittwoch im ZDF. Aus seiner Sicht ist die Begrenzung der Geldmittel für die Patientenversorgung zentral, weshalb die Kampagne ein Ende der Budgetierung fordert. Das Geld, das Ärz­t*in­nen zur Behandlung gesetzlich Versicherter haben, ist nach oben begrenzt. Jedes Jahr verhandeln Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen über dieses Budget. „Praxis in Not“ kritisiert unter anderem: Kämen mehr Patienten, gebe es dafür nicht automatisch mehr Geld.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wies am Donnerstag Forderungen nach mehr Geld zurück. Ohnehin verdienten Praxen im internationalen Vergleich in Deutschland „ausgezeichnet“, sagte der Sozialdemokrat im ZDF. Gleichwohl sehe er die Probleme. „Die Praxen brauchen bessere Arbeitsbedingungen, brauchen weniger Bürokratie. Das Geld muss auch gerechter verteilt werden“, sagte der SPD-Politiker weiter.

Krisengipfel im Januar

„Aber einfach mehr Geld in ein System zu schütten wie in der Vergangenheit – was nicht wirklich gut funktioniert –, diese Lösung haben wir einfach zu oft praktiziert. Die wird nicht im Vordergrund stehen.“ Im Januar will sich Lauterbach mit den Haus­ärz­t*in­nen zu einem Krisengipfel treffen.

Da der Protest dezentral organisiert ist, können keine genauen Angaben zur Zahl der beteiligten Praxen gemacht werden. Der Virchowbund rechnet jedoch mit bundesweit mehreren zehntausend. Grundsätzlich dürfen medizinische Praxen nicht streiken, da sie eine Versorgungspflicht haben. Aber sie dürfen, sofern sie eine Vertretung ermöglichen, schließen. Vertretungs- und Notfallversorgung gibt es in alle Städten und Hilfe ist über den Not- und Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 verfügbar.

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