Protest gegen Düngemittelfabrik: Blockaden gegen Agrobusiness
Erstmals haben Klimaaktivist*innen eine Düngemittelfabrik blockiert. Die stehe für Unternehmen, die Böden und Klima zerstörten.
Rauch steigt aus einem Turm der Düngemittelfabrik des norwegischen Konzerns Yara auf. Ein metallisches Zischen und rattern klingt zur Blockade der Aktivist*innen herüber. Es ist Montagmittag, 200 Klimaschützer*innen mit lila Tüchern im Gesicht haben sich vor den Toren einer Yara-Fabrik im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel niedergelassen.
„Free the Soil“ heißt das Bündnis, das ein Jahr lang die Aktion vorbereitet hat, seit Donnerstag steht ein Klimacamp sechs Kilometer von der Fabrik entfernt. Von dort aus haben sich rund 400 Aktivist*innen zur Blockade aufgemacht. Es ist das erste Mal, dass die Klimagerechtigkeitsbewegung die industrielle Landwirtschaft in den Fokus nimmt, nach der Kohle und, erst seit Kurzem, der Autoindustrie. Die Umweltschützer*innen wollen die Agrarindustrie und ihren Beitrag zur Klimakrise in die öffentliche Kritik bringen.
„Unser Protest richtet sich nicht gegen einzelne Landwirte oder die Mitarbeiter von Yara“, erklärt Khali, eine Sprecherin von „Free the Soil“, die ihren richtigen Namen nicht sagen will. Das Bündnis setzt sich aus Klimakollektiven und Einzelpersonen zusammen, von denen viele aus Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Frankreich angereist sind. „Als größter stickstoffbasierter Kunstdüngerproduzent zerstört Yara die Böden und damit unserer aller Lebensgrundlage“, sagt Khali. Man habe sich den Konzern aus einem Sumpf zerstörerischer Unternehmen herausgepickt, um ein öffentliches Bewusstsein für die Probleme zu schaffen, die das auf Profitmaximierung ausgerichtete Agrarsystem verursache. In Brunsbüttel stellt Yara Ammoniak her, einen Bestandteil der Kunstdüngerproduktion.
Die Aktivist*innen argumentieren, dass ein Großteil des globalen Gesamtausstoßes von CO2 auf die Umwandlung von Wäldern zu Ackerland, die Herstellung von Kunstdünger und Pestiziden, den Methanausstoß von Kühen sowie die Verpackung und den Export von Agrarprodukte in alle Welt zurückzuführen sei. Konzerne wie Yara drängten zudem Kleinbauern in die Abhängigkeit und vernichteten so ökologische Alternativen zu den marktbeherrschenden Supermarktketten.
Obwohl das Bündnis schon im Frühjahr angefangen hatte, die Aktion zu bewerben, ist die Teilnehmer*innenzahl gering. Das liegt zum einen daran, dass zurzeit eine Massenaktion die nächste jagt. Innerhalb weniger Wochen luden Klimaaktivist*innen zu Ende Gelände ins Rheinland, der IAA-Blockade nach Frankfurt und zum globalen Streik am vergangenen Freitag. Außerdem findet „Free the Soil“ zum ersten Mal statt. Das Camp aber soll bis Mittwoch stehen bleiben, die Aktivist*innen wollen besprechen, wie es weitergeht.
Die Polizei hatte schon in der Nacht vor der Blockade 16 Menschen aufgegriffen, die im Laufe das Tages alle wieder freikamen. Wie ein Sprecher der Polizei Itzehoe mitteilt, habe eine Person im Verdacht gestanden, Schotter aus dem Gleisbett entfernt und Schrauben an den Schienen gelöst zu haben, die auf das Fabrikgelände führen. Zwölf weitere Personen seien mitgenommen worden, weil sie geschwärzte Gesichter hatten und Stirnlampen trugen. Drei weitere Personen hätten sich in der Nähe der Gleise aufgehalten.
Die Polizei war am Sonntag und Montag mit einem Großaufgebot in der Region präsent. Ein Sprecher von Yara sagte der taz, der Protest mache dem Unternehmen nichts aus, die Produktion laufe „full speed“. Nur der Transport von Gütern auf das Gelände sei nicht möglich. Bis Redaktionsschluss blieben die Blockaden bestehen.
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