Protest gegen AfD-Stammtisch in Hannover: Drinnen Krah, draußen Krawall
500 Menschen blockierten zeitweilig die AfD-Veranstaltung im Stadtteilzentrum Ricklingen. Saalordner und Polizei gingen brutal gegen sie vor.
Bereits im Vorfeld hatte sich Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) zur Vermietung der Räumlichkeiten an die AfD geäußert. Es sei schwer zu ertragen, dass sich Krah in Räumlichkeiten der Stadt äußern dürfe, die einem friedlichen, toleranten Miteinander gewidmet seien.
Während des Europawahlkampfes hatte Maximilian Krah erklärt, nicht alle Mitglieder der Waffen-SS seien Kriminelle gewesen, und wurde vom AfD-Bundesvorstand mit einem Auftrittsverbot belegt. Der Verfassungsschutz stuft seine Aussagen als völkisch-nationalistisch, islamfeindlich, fremdenfeindlich und verfassungsfeindlich ein.
Die Polizei hatte sich im Vorfeld offenbar verkalkuliert und war nur mit wenigen Einsatzkräften vor Ort. Der Gegenprotest wuchs auf rund 500 Personen an. Die Polizei musste die Teilnehmer*innen des Stammtisches in Kleingruppen in das Stadtteilzentrum eskortieren. Sie wurden dabei mit Sprechchören wie „Ganz Hannover hasst die AfD“ konfrontiert. Vor dem Eingang hatte sich eine Sitzblockade gebildet, die von der Polizei brutal geräumt wurde. Weitere Streifenwagen rückten an, um die AfD-Veranstaltung doch noch durchzusetzen. Maximilian Krah wurde durch einen Hintereingang in das Gebäude geschleust.
Drinnen ist die Rede von der „blauen Revolution“
Einer Gruppe von Aktivist*innen war es trotz der Sicherheitsmaßnahmen gelungen, in den Veranstaltungsraum zu gelangen und gegen die AfD zu protestieren. Eine Aktivistin berichtete der taz, hinter verschlossenen Türen sei von einer „blauen Revolution“ und mit Bezug auf den Terroranschlag in Solingen von „Messermännern“ und „Islamterroristen“ gesprochen worden. In einem Video ist zu sehen, wie die Aktivist*innen später von mehreren Personen brutal gepackt und aus dem Saal geschleift werden.
Die Polizei teilte mit, bei dem Einsatz seien in 21 Fällen Polizeibeamt*innen durch Schläge, Tritte, Flaschen- und Steinwürfe angegriffen worden. Deswegen wurden Strafverfahren eingeleitet, zusätzlich wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und Verdacht des Landfriedensbruchs. Martin Vincentz, Landesprecher der AfD Nordrhein-Westfalen, beklagte im Nachgang, sein Auto sei während der Veranstaltung „schwer beschädigt“ und mit Antifa-Parolen beschmiert worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Krieg in Gaza
Kein einziger Tropfen sauberes Wasser