Protest gegen AfD-Büro in Bremen: Linker Terror in Walle

AnwohnerInnen protestieren gegen ein Wahlkreisbüro der AfD im Bremer Stadtteil Walle. Der AfD-Landesvorsitzende reagiert mit einem Flugblatt an die „lieben Nachbarn“.

Unterschriften-Tafel gegen das geplante AfD-Wahlkreisbüro in Bremen-Walle Foto: Gareth Joswig

BREMEN taz | Der Landesvorsitzende der Bremer AfD bangt um seine Wähler. Denn die werden, so behauptet Frank Magnitz in einem Flyer, den viele EinwohnerInnen des Stadtteils Walles am Montag in ihren Briefkästen fanden, „mundtot gemacht“ und „eingeschüchtert“. Schuld daran seien „linksradikale Demokratiefeinde“. Ob er damit auch die über 2.000 Menschen meinte, die am vergangenen Sonntag mit ihren Unterschriften gegen das geplante AfD-Büro in der Helgolander Straße 3 protestierten, bleibt unklar.

Die Unterschriften hatte das neu gegründete Aktionsbündnis „AfD Büro? Nirgendwo!“ an nur einem Nachmittag beim Stadtteilfest in Walle gesammelt. BesucherInnen standen Schlange, um die große Werbetafel zu unterschreiben, auf der zu lesen war: „Also, wir wollen lieber kein AfD Büro in Walle! Und anderswo auch nicht.“

Außerdem hatte das Bündnis Flugblätter verteilt, auf denen unter anderem stand: „Wir wenden uns gegen jede Form von menschenfeindlicher Hetze und lehnen deshalb den Versuch der AfD, im Stadtteil Walle ein Büro zu eröffnen, entschieden ab.“

Im Flugblatt des AfD-Landeschefs ist nun von „linksradikalen Demokratiefeinden“ die Rede, die „durch kriminelle Methoden (u. a. illiegale [sic!] Videoüberwachung), diffamierende Flugblätter und andere Aktionen“ gegen das Büro Stimmung machten und deren Ziel nicht weniger sei als „die Vorbereitung (moralische Legitimierung) eines Anschlags“.

„Linksfaschistische Demokratiefeinde“

Und wo Magnitz schon einmal die ganz große Keule in der Hand hat, spricht er im nächsten Satz dann auch nicht mehr von linksradikalen, sondern von „linksfaschistischen Demokratiefeinden“ und appelliert an die „lieben Nachbarn und Anwohner“, sich nicht „für die Zwecke linker Gesinnungsterroristen einspannen“ zu lassen.

Das mutet schon einigermaßen kurios an angesichts der Tatsache, dass am Aufbau des Magnitzschen Büros in Walle ein Aktivist der Identitären Bewegung (IB) beteiligt war (taz berichtete) – einer Organisation, die der Verfassungsschutz als klar demokratiefeindlich einstuft. Und auch angesichts der Tatsache, dass die AfD aktuell versucht, einen Bremer Lehrer mundtot zu machen, der seine SchülerInnen unter anderem auf das Blog „AfD Watch“ aufmerksam machte: Sie hat sich mit einer Beschwerde an die Bildungsbehörde gewandt. In Hamburg plant die AfD sogar eine Internetplattform, auf der parteikritische Pädagogen angeschwärzt werden können.

Magnitz appelliert an die „lieben Nachbarn und Anwohner“, sich nicht „für die Zwecke linker Gesinnungsterroristen einspannen“ zu lassen

Auch der Vorwurf der Videoüberwachung könnte noch auf Magnitz selbst zurückfallen. Zwar stimmt es wohl, dass seine Zusammenarbeit mit dem IB-Aktivisten durch heimlich gemachte Videoaufnahmen ans Tageslicht kam, allerdings hat er selbst im Hochparterre-Fenster seines künftigen Wahlkreisbüros gut sichtbar eine Kamera installiert, die frontal auch auf die Straße und den gegenüberliegenden Gehweg gerichtet ist. Für Christoph Höhl, Datenschutzreferent der Bremer Linksfraktion, verstößt die AfD damit „eklatant gegen die Datenschutzgesetze“.

Nutzungsänderung erforderlich

Ob Magnitz das geplante Büro in nächster Zeit überhaupt eröffnen kann, ist nach einer aktuellen Senatsantwort ohnehin fraglich. Die Linksfraktion wollte wissen, ob ein reines Wohnhaus in einer Wohnstraße wie der Helgolander Straße baurechtlich überhaupt geeignet sei, um dort, wie von Magnitz geplant, Bürgersprechstunden und Veranstaltungen durchzuführen.

Die Antwort des Senats lautet: „Ein zu Wohnzwecken genehmigtes Gebäude ist dazu nicht geeignet, sofern solche Veranstaltungen dort regelmäßig und dauerhaft stattfinden sollen und auch nicht von einer Privatperson, sondern im Namen einer Organisation stattfinden sollen. Hierzu ist eine Nutzungsänderung erforderlich.“

Erst einmal will am morgigen Samstag der linke Gesinnungsterror in Walle wieder zuschlagen: Das Bündnis „AfD Büro? Nirgendwo!“ veranstalten an der Ecke Helgolander Straße/Waller Heerstraße ein „Kundgebungsfrühstück“ gegen das geplante Wahlkreisbüro.

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