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Prognose für KindergrundsicherungPaus veranschlagt 2,4 Milliarden Euro

Die Kindergrundsicherung soll die verschiedenen Leistungen für Kinder, etwa Kindergeld und -zuschlag bündeln. Die Union kritisiert den Verwaltungsaufwand.

Familienministerin Paus mit Finanzminister Lindner bei der Vorstellung der Kindergrundsicherung Foto: Lisi Niesner/reuters

Berlin dpa | Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat eine Einschätzung abgegeben, wie hoch die geplante Kindergrundsicherung für armutsgefährdete Kinder ausfallen könnte. Es könnten sich 2025 Leistungen von 530 Euro für die Kleinsten bis 636 Euro für die ältesten Kinder ergeben, sagte die Grünen-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Berücksichtigt sei dabei die angekündigte Regelsatzerhöhung beim Bürgergeld um etwa zwölf Prozent für 2024 und eine angenommene weitere „moderate“ Erhöhung um drei Prozent im Folgejahr.

„Das ist ein guter Betrag, um Kindern ein Stück weit mehr Teilhabe und Chancengerechtigkeit zu verschaffen“, sagte Paus. Bei den Beträgen handelt es sich demnach um die Summe aus dem zukünftigen Kindergarantiebetrag und dem Kinderzusatzbetrag. Die Ampel-Koalition will in der Kindergrundsicherung bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und den Kinderzuschlag bündeln. Durch mehr Übersichtlichkeit und mithilfe einer zentralen Plattform sollen auch viele Familien erreicht werden, die bisher wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden ihnen zustehendes Geld nicht abrufen.

Ab 2025 soll es für alle Kinder einen sogenannten Garantiebetrag geben. Dieser löst das heutige Kindergeld (250 Euro pro Monat) ab. Obendrauf kommt je nach Bedürftigkeit ein Zusatzbetrag, gestaffelt nach Alter des Kindes und nach Einkommenssituation der Eltern. Je weniger sie verdienen, desto höher soll er ausfallen. Der bisherige Bürgergeld-Anteil für Kinder soll darin aufgehen.

Ab 2025 rund 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten

Beim Bürgergeld, dem Nachfolger von Hartz IV, fließen aktuell für Kinder unter sechs Jahren 318 Euro im Monat. Dieser Betrag steigt mit dem Alter, für 14- bis 17-Jährige gibt es 420 Euro. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Dienstag angekündigt, dass die Sätze 2024 auf 357 Euro für Unter-Sechsjährige und 471 Euro für 14- bis 17-Jährige steigen sollen.

Die Einführung einer Kindergrundsicherung hatte die Ampel schon in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Zwischen Grünen und FDP entwickelte sich allerdings ein Dauerstreit darüber, ob Leistungen erhöht werden sollen oder nicht und wie viel Geld der Staat nun dafür ausgeben soll. Erst in der Nacht zum Montag gab es eine Einigung.

Im Jahr ihrer Einführung 2025 werden von der Ampel nun zunächst rund 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten veranschlagt. Aus Regierungskreisen hatte es zudem geheißen, dass bei steigender Inanspruchnahme der Leistungen der Kindergrundsicherung die Kosten in den Folgejahren auch auf bis zu sechs Milliarden Euro ansteigen könnten.

Merz kritisiert Koalitionspläne

Dies hob nun auch Paus hervor, die ursprünglich zwölf Milliarden Euro pro Jahr für das Vorhaben gefordert hatte und sich damit nicht durchsetzen konnte. „Wenn wir unser erklärtes Ziel erreichen, in den kommenden Jahren so viele Familien wie möglich zu erreichen, wird die Kindergrundsicherung sechs Milliarden Euro und mehr kosten“, sagte die Ministerin dem RND. „Wenn wir dann noch die weiteren Kosten für die bereits erfolgten Kindergelderhöhungen, den höheren Kinderzuschlag und zukünftige Kindergelderhöhungen dazu nehmen, sind wir schon bei deutlich über zehn Milliarden Euro“, argumentierte sie.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz kritisierte die Koalitionspläne. „Bei der Kindergrundsicherung wird der bürokratische Aufwand so hoch sein, dass am Ende des Tages bei den Kindern kaum etwas ankommt“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Das Land ersticke in Bürokratie. Das zeige auch „die angebliche Einigung der Ampel zur Kindergrundsicherung: 2,4 Milliarden sollen ausgegeben werden – 500 Millionen davon für zusätzlichen Verwaltungsaufwand“, so Merz. „Das zeigt den ganzen Irrsinn!“ Er betonte zudem, nicht mehr Transferleistungen für die Eltern, sondern mehr Bildung für die Kinder sei der richtige Weg. „Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung für Bildung und Integration für Kinder.“

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10 Kommentare

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  • Die Überschrift ist irreführend. Nicht die Familienministerin ( www.rnd.de/politik...AVQN4TY3GRVKI.html ), sondern der Finanzminister veranschlagt "2,4 Milliarden" für seine Haushaltsplanung. Dafür nimmt er eine Inanspruchnahme von nur 47-48% an (oder tut so). Das ist aber schon für 2025 unrealistisch: "Um von Armut bedrohte Familien und ihre Kinder besser zu erreichen, werden die Antragsverfahren erleichtert:



    Die Kindergrundsicherung wird einfach und digital zu beantragen sein.



    Mit dem Kindergrundsicherungscheck prüft der Familienservice, ob eine Familie Anspruch auf den Zusatzbetrag haben könnte und informiert proaktiv die Eltern.



    Über das digitale Antragsportal können Eltern - wenn sie das möchten - einfach und ohne Gang auf das Amt den Antrag stellen. Eine Antragstellung vor Ort ist selbstverständlich weiter möglich.



    Damit soll sichergestellt werden, dass alle Kinder, die einen Anspruch auf Unterstützung haben, ihn auch tatsächlich bekommen." ( www.bmfsfj.de/bmfs...rung-kommt--229760 ) Also: eine online übermittelbare Einverständniserklärung setzt einen Prozess in Gang, der dann in Zukunft eine vollautomatische Benachrichtigung der Familienkassen (sinngemäss "Sie haben Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag - beantragen Sie bitte "hier" [Button]) und gleich nach Antragseingabe vollautomatisch jeden Monat die Summe von Kindergarantiebetrag (für alle) und Kinderzusatzbetrag (für Einkommensarme) aufs Konto schickt. Ab dem ersten realen Funktionieren wird sich diese einfach in Gang zu setzende Geldquelle unter den allermeisten Bedürftigen schnell herumsprechen und es wird dann wohl eher eine Frage von Monaten als von Jahren sein, bis die Abruf-Quote über 90% liegen wird.

  • ...unsere Vertreter, unseres Staates müssen schon darauf achten, die Verschuldung unseres Staatshaushalts , nicht ins " Endlose " ausufern zu lassen.



    Tilgung und Zinsen müssen schon beachtet werden. Norwegen zeigt uns, wie auch gut gewirtschaftet werden kann...



    Die Befriedigung der Grundbedürfnisse zum Überleben, der Ärmsten der Armen , muss jedoch von uns allen Steuerzahlern gewährleistet sein. Sehr gut wäre zudem eine Förderung der Kreativität und Motivation der Betroffenen, durch Kulturelle Angebote, um diese Mitmenschen in unsere Gesellschaft zu integrieren. Hier muss zusätzlicher finanzieller Spielraum gegeben sein. Missbrauch dieser Überlebenshilfe sollte aber schon entgegen gewirkt werden.



    Genauso geahndet werden sollte aber auch der Missbrauch durch Subventionen an Industrie & Wirtschaft...



    Bei uns in Deutschland bekommt man leicht den Eindruck, durch anziehen und lockern der Schuldenbremse, wird die politische Stimmung zu Gunsten der Intressen einiger Politiker und Parteien Missbrauch...solange wir mit unsere Staatsverschuldung laut BIP unter 80 % liegen , sollte unser Finanzminister keine unnötige Panik verbreiten und im Sinne seiner zu vertreten Bevölkerung & Wähler agieren, selbstverständlich ausgewogen und möglichst gerecht. Kinder und Jugendliche sind unsere zukünftigen Fachkräfte, warum nicht Industrie, Handwerk & Industrie mehr in deren Förderung einbinden...

  • Alle Medien bringen diese Meldung, doch letztlich bleibt es eine Behauptung ohne Fakten. Bitte liebe Redaktion, wie wird sich der "bürokratische Aufwand" durch die Kindergrundsicherung ändern? Dabei gibt es drei Aspekte. Einmal der Aufwand für die Umstellung, was allerdings nur Einmal-Kosten sind. Dann der dauerhafte Aufwand für die Verwaltung, wo es die verschiedenen Ebenen gibt Bund, Land und Kommune und schließlich der Aufwand für die Antragsteller. Was wird transparenter, wo gibt es neue Fallstricke? Zudem gab es bei dem alten Alg2 Geschichten, nach denen Behörden Fehler von "Kunden" bewusst provoziert haben, um über Leistungskürzungen die Ausgaben der Kommune für Soziales dauerhaft zu reduzieren. Wird es auch für die Kindergrundsicherung solch "kreative" Verwaltungen geben, die nur zahlen, wenn sie unbedingt müssen?

  • ...sollte diese Grundsicherung 2025 in Kraft treten, so wäre es sinnvoll eine zeitliche Begenzung von 18 Jahren, also bis zur Volljährigkeit der 2025 geborenen, festzulegen.



    Dann sollte diese Subvention ab 2043 ganz neu geregelt werden, so haben Menschen für ihre Zukunft und Familienplanung genug Zeit, sich darauf einzustellen , ab 2043 selber für ihren Nachwuchs Sorge tragen zu müssen. Im Sinne der Familien und der Gesellschaft sollte jedem klar sein, jeder sollte in der Lage sein, seine Kinder selber zu ernähren, ein Kindergeld unabhängig vom Einkommen der Eltern ist doch im Sinne der Gerechtigkeit logischer.



    Wer Kinder möchte, sollte sich über die finanziellen Konsequenzen für sein Leben im klaren sein und dementsprechend planen. Es kann nicht angehen , sich auf den Kosten der Allgemeinheit eine Schaar von Kindern zuzulegen...ein gewisses Maß an Verantwortung sollten erwachsene Menschen schon haben müssen.



    Wir als Staat und Gesellschaft stellen in 2023 - 21 Milliarden Euro Steuergelder für Bildung, Forschung & Wissenschaft bereit - unsere Schulen sind zumeist Schulgeld frei - wir haben ein Steuersystem, welches Freibeträge für Kinder berücksichtigt...



    Die eingesparten Subventionen für unzählige Kinder, können dann die Rentenkasse aufbessern....

    • @Alex_der_Wunderer:

      Wirklich erschreckend wie weltfremd und selbstgerecht Sie denken.



      Wieder diese durch den Neoliberalismus degenerierte Denkart und Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge.



      Als wenn das Leben nach einem festgelegten Fahrplan ablaufen würde und jeder der das nicht hinkriegt, sei ein asozialer Abzocker.



      Was ist mit Ihrer Verantwortung sich zu bilden?



      Das Wissen zu erlangen, dass die Schulden des Staates das Vermögen der Gesellschaft sind!



      Wenn ich 1 Mio habe und dem Staat etwas Gutes tun möchte, könnte ich dem Staat zur Tilgung einfach 1 Mio schenken.



      Was passiert?



      Die Mio auf meinem Konto verschwindet. Der Schuldenstand des Staates wird reduziert. Nach der Überweisung existiert diese Mio nicht mehr. Ich kann diese Mio nicht für Konsum ausgeben oder investieren und der Staat ebenfalls nicht.



      Die Schuldenbremse ist im Grunde die Legitimation einer Ausgabe über den privaten Markt (Bank) und wird nur gewährt, wenn Profit möglich ist. Deswegen sind Schulen in D so verrottet. Keine Aussicht auf Profit, keine Legitimation, keine Investition.



      Denken wir das mal weiter. Wir sparen jedes Jahr und reduzieren die Schulden jährlich um 10 %.



      Welche Macht hat der Staat und welche der Markt nach 10, 20, 30, Jahren? Und wer hilft ihnen, wenn es im Leben mal nicht nach Fahrplan läuft. Die Bank oder der Staat?

      • @Chamäleon:

        ....denken wir doch noch etwas weiter - der Staat wäre Schuldenfrei - es brauchten keine Steuergelder für Tilgung und Zinsen aufgewendet werden. Die Steuern könnten um einiges gesenkt werden - alle Bürger würden entlastet.



        Geld für Schulen & Infrastruktur wären mehr als zur genüge vorhanden...

        • @Alex_der_Wunderer:

          Wäre der Staat schuldenfrei, gäbe es kein Kapital für Konsum oder Investition. Vermögen = Schulden.



          Die Buchung wird auf Aktiva und Passiva gelöscht. Das Geld existiert nicht mehr!

          Die Schulden des Staates, sind das Vermögen der Gesellschaft.



          Diese Information ist elementar für das Verständnis von Wirtschaft und Politik.

          • @Chamäleon:

            ...bedenken Sie - die Schuldenquote beträgt z.Z. über 81 % , eindeutig zu hoch - um 40 % wäre gesund....

  • Komisch: Bei einer Zusammenfassung mehrerer Leistung sollte der bürokratische Aufwand doch sinken. Vorher nimmt Merz die Annahme, das das Gegenteil der Fall ist? Und woher die Zahl 500 Milliarden Euro, die nun in die Verwaltung der Kindergrundsicherung gehen?



    Diese Frage hätten die Presse doch einmal stellen sollen? Oder hat sie das und ich habs nicht mitbekommen?

    • @mlevi:

      Bisher haben die Arbeitsagenturen das Kindergeld ausgezahlt. Das ist jetzt Teil der Kindergrundsicherung, für welche die Familienkassen zuständig sind. Es ist wohl ziemlich unstrittig, dass der Verwaltungsaufwand steigt. Ob die 500 Mio Euro (glücklicherweise nicht Mrd Euro) stimmen, wird man sehen.