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Pro-palästinensischer AktivistUS-Gericht erlaubt Abschiebung von Mahmoud Khalil

Die Maßnahme sei mit dem US-Einwanderungsrecht vereinbar, so die Richterin. Ein Gericht in Washington lässt die Festnahme von Menschen ohne Papiere in Kirchen, Schulen und Kliniken durchgehen.

Mahmoud Khalil (hier bei einem Protest auf dem Campus der Columbia University am 1. Juni 2024) wirft dem Gericht laut seinem Anwalt einen Mangel an „Rechtsstaatlichkeit und grundlegender Gerechtigkeit“ vor Foto: Jeenah Moon/reuters

New York/Washington afp/epd/rtr | Ein US-Richter hat der Regierung von Präsident Donald Trump grundsätzlich die Abschiebung eines pro-palästinensischen Aktivisten erlaubt. Die Abschiebung von Mahmoud Khalil ist nach Auffassung der Richterin Jamee Comans mit dem US-Einwanderungsrecht vereinbar, wie Khalils Anwalt am Freitag erklärte. „Es ist nicht vorbei, unser Kampf geht weiter“, betonte der Anwalt.

Khalil warf dem Gericht in Louisiana laut seinem Anwalt einen Mangel an „Rechtsstaatlichkeit und grundlegender Gerechtigkeit“ vor. „Nach dem, was wir heute erlebt haben, gilt hier keines dieser beiden Prinzipien“, erklärte Khalil. Sein Anwalt will das Urteil anfechten.

Der als Kind von Palästinensern in einem Flüchtlingscamp in Syriens Hauptstadt Damaskus geborene Khalil war eines der bekanntesten Gesichter der Proteste gegen den Krieg im Gazastreifen an der Columbia-Universität in New York. Er war Anfang März von Mitarbeitern der Einwanderungs- und Grenzschutzbehörde festgenommen worden, obwohl er eine permanente US-Aufenthaltsgenehmigung besitzt, eine sogenannte „Green Card“. Khalil ist mit einer US-Bürgerin verheiratet.

Trump wirft ihm und anderen Aktivisten „pro-terroristische, antisemitische und anti-amerikanische Aktivitäten“ vor. Er kündigte weitere Festnahmen und auch Abschiebungen von „Terror-Sympathisanten“ an.

Kritiker der Verhaftung und möglichen Abschiebung Khalils befürchten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit in den USA. Das Vorgehen der US-Regierung gegen Universitäten, Wissenschaftler und Studenten sei „in der jüngeren Geschichte beispiellos“, sagte der Rechtsprofessor der Columbia-Universität, David Pozen, bei einer Demonstration am Freitag. „Die amerikanische Demokratie steckt in der Krise“.

Wegen des angeblichen „Versagens“ der Columbia-Universität beim Schutz jüdischer Studenten vor antisemitischen Übergriffen will die US-Regierung der Hochschule die staatlichen Gelder kürzen. Das Wall Street Journal berichtete am Freitag sogar, die Regierung wolle die Universität dabei einer Art von Bundesaufsicht unterstellen. Kritiker argumentieren, die Trump-Regierung wolle „linke“ Universitäten auf Linie bringen.

Kirchen und religiöse Organisationen scheitern mit Klage

Ein Gericht in der US-Hauptstadt Washington hat zudem am Freitag eine Klage von mehr als zwanzig Kirchen und religiösen Organisationen zurückgewiesen. Die Klage richtete sich gegen neue Vorschriften der US-Administration, Festnahmen von Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus in Kirchen, Krankenhäusern oder Schulen zu erleichtern. Richterin Dabney Friedrich erklärte in ihrem 17-seitigen Urteil, die Kläger hätten keine „glaubhafte Bedrohung“ unmittelbar bevorstehender Regierungsmaßnahmen geltend gemacht.

Die beanstandeten erleichternden Vorschriften waren von der Regierung unter US-Präsident Donald Trump im Januar eingeführt worden. „Kriminelle werden sich nicht länger in Amerikas Schulen und Kirchen verstecken können“, hieß es zur Begründung. Unter seinem Amtsvorgänger Joe Biden galt der Grundsatz, dass die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE nur in Ausnahmefällen in diese „sensitiven Orte“ eindringen darf. Die Kläger in Washington betonten ihre Religionsfreiheit. Die drohenden Maßnahmen an „Orten des Gottesdienstes“ stellten eine Beeinträchtigung der in der Verfassung garantierten Religionsausübung dar.

Das Heimatschutzministerium betonte hingegen, die Regierung habe ein „zwingendes Interesse“, Einwanderungsgesetze durchzusetzen. Zu den klagenden Verbänden gehörten die Mennonitenkirche USA, die Quäker, die anglikanische Episkopalkirche, die Kirche der Brüder, und der Verband des reformierten Judaismus. Dem Urteilstext zufolge könnte der Rechtsstreit offenbar erneut aufgenommen werden, sollten die Kläger neue Hinweise auf Festnahmen in ihren Räumen vorbringen.

Befristeter Schutz für Tausende Afghanen in den USA aufgehoben

Derweil hat die Trump-Regierung auch den befristeten Schutz für Tausende Afghanen in den USA aufgehoben. Dies teilt eine Sprecherin des US-Heimatschutzministeriums mit. Damit würden 14.600 Afghanen mit dem zeitlich befristeten Schutzstatus TPS ihren Schutz verlieren. Das TPS-Programm steht Menschen zur Verfügung, deren Heimatländer von einer Naturkatastrophe, einem bewaffneten Konflikt oder einem anderen außergewöhnlichen Ereignis betroffen sind.

Die USA hatten nach der Machtübernahme der Taliban 2021 mehr als 82.000 Afghanen aus Afghanistan evakuiert. Die Sprecherin des Ministeriums erklärte, die Ministerin für Heimatschutz, Kristi Noem, sei zu dem Schluss gekommen, dass die Verhältnisse in Afghanistan den Schutzstatus TPS für die betroffenen Afghanen nicht mehr rechtfertigten. Das Heimatschutzministerium hat auch den befristeten US-Schutz für 7.900 Menschen aus Kamerun aufgehoben.

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9 Kommentare

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  • kann mich dunkel erinnern dass man, wenn man in die USA einreist, unterschreiben muss dass man keiner terroristischen Vereinigung angehört und keine solche unterstützt oder so. klingt alles ziemlich hanebüchen aber in einem Fall wie diesem bedeutet es schlicht dass der Betroffene falsche Angaben gemacht hat als er eingereist ist und daher alle weiteren Aufenthaltserlaubnisse usw erschlichen und daher ungültig sind. So ähnlich stelle ich mir das vor. Und, die Amis sind da ziemlich rigoros. Im Übrigen ist das Amiland und dessen Regeln gelten, Wer selbige nicht mag, braucht nicht dahin zu fahren, Aber anderen Länder sagen zu wollen was sie besser machen sollen das ist sooo deutsch...

    • @Gerald Müller:

      Mahmoud Khalil ist zwar ein bekanntes Gesicht der Proteste, und er hat zu Boykott aufgerufen, Hamas-Unterstützer ist er aber meines Wissens nicht.



      www.nd-aktuell.de/...unterstuetzer.html



      Die Abschiebung wird vom Gericht auch nur darauf gestützt, dass sein Aufenthalt "den außenpolitischen Interessen der USA" zuwiderläuft.

  • Es ist ein bisschen schade, dass hier völlig verschiedene Sachverhalte vermischt werden. Was Khalil betrifft, wurden jüdische Studenten an der Uni massiv eingeschüchtert und bedroht und es wurden Hamas-Slogans verbreitet. Wenn Khalil "eines der bekanntesten Gesichter" des Protestes war, wird ihm das kaum entgangen sein. Bloß weil die Uni "links" ist, ist ja nicht alles in Ordnung, was dort passiert, oder sind Juden neuerdings automatisch rechts und damit nicht mehr schutzwürdig?

    Was die Afghanen betrifft, scheint es sich nur um ca. 20 Prozent zu handeln (14.000 von über 80.000), so dass sich die Frage stellt, was die Hintergründe sind.

    • @Dr. McSchreck:

      "...oder sind Juden neuerdings automatisch rechts und damit nicht mehr schutzwürdig? "

      Ein merkwürdiges Rechtsverständnis haben Sie! Jetzt mal abgesehen von Religionen - wieso sollten rechte Menschen kein Anrecht mehr auf Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit haben? Ich definiere mich mit jeder Faser links - so links, dass es für mich quasi keine wählbaren Parteien gibt und mein Kreuz dann eben so links landet wie es eben geht. Aber deswegen käme ich nicht auf die Idee einem Rechten dieses Recht versagen zu wollen. Man kann links und(!) Demokrat sein - dazu gehört in meinem Verständnis ein Universalismus im Denken. Rechte nur Menschen zu gewähren, die einem politisch genehm sind... es gruselt einen.

  • Ich fürchte, dass die meisten die Brisanz dieser Entscheidung nicht verstehen. Das Daueraufenthaltsrecht ("Green Card") wurde nicht wegen einer Straftat, sondern wegen einer kritischen Meinungsäußerung widerrufen! Das bedeutet, dass man in den USA nun für die Wahrnehmung seiner demokratischer Rechte willkürlich verhaftet (Supreme Court Urteil vom 07.04.2024) und ausgewiesen (VG Washington vom 11.04.25) werden kann.

    • @hedele:

      Nun, Trump möchte die Green Card ohnhein abschaffen. Er bezeichnete sie als Einfallstor für Kriminelle! Stattdessen offeriert er jetzt die Trump Gold Card - selbstverständlich mit seinem Konterfei darauf - für 5 Millionen $. Damit Amerika wieder reich wird. Womit er sich und seine Milliardärskumpel meint. Russische Oligarchen sind willkommen, sofern sie genug Kohle haben. Also ja, die Abschiebung ist ein verheerendes Signal.

      • @Minelle:

        Jedes Einwanderungsland der Welt (außer Deutschland) bestimmt eben selbst, wer und wieviele rein kommen. Wenn also die US-Regierung der Meinung ist, das Land bräuchte mehr Geld und Investoren und weniger Plantagenarbeiter und Aktivisten, dann ist das eben deren souveräne Entscheidung. Kann man doof finden, ist aber so.

        • @migra:

          Welche Migration man möchte, das ist natürlich jedem Land überlassen. Mir geht es um Rechtssicherheit. Man kann Leute nicht anlocken, mit viel Investitionen in Geld und Lebenszeit ein Studium zu betreiben, vielleicht sogar eine Familie zu gründen, und dann knall auf Fall alle langfristigen Titel widerrufen, weil einem gerade die Nase nicht mehr passt. Das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch Ressourcenverschwendung - und für die angestrebte Einwanderung von qualifizierten Bewerbern maximal abschreckend.

    • @hedele:

      Korrektur: Die Entscheidung wurde nicht in Washington, sondern vom Verwaltungsgericht LaSalle in Louisiana durch den Richter James Comansgetroffen. Die Begründung lautet, dass der Widerruf gerechtfertigt sei, weil Marco Rubio ausreichend begründet habe, dass "Mahmoud Khalil die außenpolitischen Interessen der USA verletzt".