Privatisierungen in Griechenland: Syrizas Kehrtwende
Die griechische Regierung war bis vor Kurzem gegen Privatisierungen. Jetzt verspricht sie eine ganze Welle davon – aber lohnt sich das?
Jetzt, da Griechenland ein drittes europäisches Hilfspaket sichern und die Wirtschaft vor dem Zusammenbruch bewahren will, hat die Regierungspartei eine Kehrtwende vollzogen. Sie verspricht, dass das Ufer-Projekt im Eiltempo in Angriff genommen, Staatsvermögen veräußert und staatseigenes Gelände für private Entwicklung geöffnet wird.
50 Milliarden Euro sollen demnach durch Privatisierungen und private Nutzung von Staatseigentum zusammenkommen. Das alles soll dabei helfen, Griechenlands Schuldenberg von 320 Milliarden Euro zu verringern und Geld zurückzuzahlen, das europäische Länder zur Stützung der leidenden Banken geliehen haben.
Zu den großen Geldvermögen, die Griechenland veräußern könnte, zählen staatseigene Anteile an Athens neuem Flughafen, dem Energiekonzern Hellenec Petroleum und der Stromgesellschaft Public Power Corp. sowie Parzellen zur Öl- und Erdgasförderung vor der Küste. Hinzu kommen Beteiligungen an Banken in geschätztem Umfang von 7,5 Milliarden Euro. Der wahre Wert der Anteile ist allerdings unbekannt, da am Athener Aktienmarkt seit Ende Juni, als das Land in finanzielles Chaos stürzte, nicht mehr gehandelt worden ist.
Preise stark gesunken
Der Hellenic Republic Asset Development Fund, der für die Deals mit dem privaten Sektor zuständig ist, besitzt außerdem Grundstücke auf schönen Inseln zum langfristigen Leasing, ein Schloss auf Korfu sowie Gebäude in Athen und anderen Teilen Griechenlands. Der Verwertungsfonds für das öffentliche Privatvermögen wurde 2011 gegründet, nachdem sich die Rufe von Griechenlands Gläubigern nach einer Privatisierungswelle verstärkt hatten. Aber bisher hat er nur 3,5 Milliarden Euro zusammenbekommen.
Ständig wechselnde gesetzliche Regeln für Veräußerungen, gerichtliche Klagen, örtlicher Widerstand und finanzieller Aufruhr haben die Abwicklung von Verkäufen verkompliziert. Es ist schwierig, den Wert der Staatseigentümer zu schätzen, und es gibt Kritik, dass die Preise so stark gesunken sind, dass es nichts bringt, überhaupt etwas zu verkaufen.
Der Fonds selbst sagt öffentlich nichts über den möglichen Wert des Staatsbesitzes, den er im Angebot hat. Aber der Deal, den er für das Ufer-Entwicklungsprojekt ausgehandelt hat, würde Griechenland 950 Millionen Euro im Gegenzug für eine 99-jährige Verpachtung des Geländes einbringen. Ein griechisches Unternehmen mit chinesischen und arabischen Investoren im Rücken will darauf eine große Grünanlage, ein Einkaufszentrum, eine Seeufer-Promenade, ein 1000-Betten-Hotel und ein Hochhaus mit Wohnungen entstehen lassen.
In einem Hafen auf dem Gelände, gebaut für die Olympischen Spiele 2004, docken Millionen teure Jachten. Aber ein zwei Straßenzüge langer Gebäudekomplex hat ein leckes Dach, fängt an, heruntergekommen auszusehen. Er wurde für Athleten gebaut, aber nach den Spielen nie wieder benutzt. „Derzeit ist es eine Verschwendung“, sagt Bootskapitän Jiorgos Kourtelis, der jedes Mal wütend wird, wenn er an den leer stehenden Gebäuden vorbeifährt. Er möchte dort ein Café für Hafenarbeiter und Bootsbesatzungen eröffnen.
Oft verhindern Konflikte zwischen örtlichen und staatlichen Stellen eine Privatisierung. Aber selbst wenn Griechenland derartige Hürden aus dem Weg räumen könnte, würden sich die Einkünfte wahrscheinlich nur im Bereich von 15 bis 20 Millionen bewegen, schätzt Manos Giakoumis, der für die wirtschaftliche und politische Analyse-Webseite Macropolis in Athen arbeitet. „Man muss ins Kalkül ziehen, dass die Marktbedingungen zurzeit sehr ungünstig sind“, sagt er. „Selbst wenn du sagst, dass ein Eigentum 300 Millionen Euro wert ist, dann heißt das nicht, dass das der aktuelle Wert ist. Es gibt eine Menge von Grundstücken, die privatisiert werden könnten. Aber niemand weiß, wie viel Geld dadurch eingenommen werden kann.“
Giakoumis glaubt, dass Griechenland nun so stark auf europäische Hilfen angewiesen sei, dass es gezwungen sein werde, die Privatisierungen und Deals voranzutreiben, die dem privaten Sektor die Nutzung von staatseigenem Land und anderem Eigentum gestattet. „Es gibt keine Möglichkeit für die gegenwärtige Regierung, diese Privatisierungen weiter abzulehnen. Sie müssen die abschließenden Genehmigungsverfahren beschleunigen.“
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