Prioritätensetzung im Wahlkampf: Für Inklusion hat Wanka keine Zeit
Ein Podium will prominent über Inklusion reden. Das Bildungs- verwies auf das Sozialministerium, am Ende ist die Bundesregierung gar nicht vertreten.
Bereits Ende Mai habe man Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) eingeladen, berichtet Eva-Maria Thoms von mittendrin e. V. Im Juli kam dann die endgültige Absage, die der taz vorliegt. Weder die Bundesbildungsministerin noch eine Vertreterin hätten Zeit, heißt es darin. Stattdessen der Rat: Man möge sich doch an das Arbeits- und Sozialministerium wenden.
Was Thoms auch tat, doch auch dort hatte niemand Zeit. „Wir haben den Eindruck, die Bundesregierung interessiert das Thema Inklusion gar nicht“, meint Thoms zur taz. „Vielleicht ist es ihr auch unangenehm.“ Obwohl Bildung in Deutschland weitgehend Ländersache ist, ist der Vertragspartner der UN in diesem Fall die Bundesrepublik.
Deutschland hat 2007 die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben und sich verpflichtet, Menschen mit Behinderung Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen zu ermöglichen. Besonders heikel ist das Thema Bildung. Laut der UN-Konvention dürfen behinderte Menschen nicht vom Besuch einer allgemeinbildenden Schule ausgeschlossen werden. Als der UN-Fachausschuss vor zwei Jahren überprüfte, wie es in Deutschland mit der Inklusion vorangeht, bemängelt er, dass zu wenig für den Aufbau eines inklusiven Bildungssystems getan werde.
Im nächsten Jahr muss Deutschland vor dem UN-Fachausschuss abermals zum Rapport. Es ist nicht zu erwarten, dass das dortige Urteil besser ausfällt. Von den knapp 500.000 SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf lernen aktuell nur 30 Prozent an allgemeinbildenden Schulen. Der größte Teil wird in Sonderschulen unterrichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt