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Pressefreiheit in UngarnViktor Orbáns schwarze Liste

Die staatsnahe Presse veröffentlicht eine Liste unliebsamer Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Ungarn auf Platz 73.

Orbán mag keine kritischen Berichte über sich Foto: ap

WIEN taz | Jetzt wird’s persönlich. Keine zwei Wochen nach dem Wahltriumph, der Premier Viktor Orbán eine Zweidrittelmehrheit im Parlament bescherte, attackierte die regierungsnahe Zeitung Magyar Idök eine Anzahl von Auslandskorrespondenten. Anlass ist die Kontroverse um den österreichischen Korrespondenten Ernst Gelegs. Norbert Steger, Stiftungsrat der FPÖ im öffentlich-rechtlichen ORF, hatte dem Ungarn-Korrespondenten wegen dessen „einseitiger Berichterstattung“ über die Wahlen mit Entlassung gedroht. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte daraufhin dessen Vertrag bis 2021 verlängert, was den Magyar Idök-Redakteur István Lovas empörte.

Neben Gelegs werden auch Keno Verseck, der für Spiegel Online und die Deutsche Welle berichtet, der Korrespondent des Schweizer Tages-Anzeigers, Bernhard Odehnal, die Korrespondentin der Neuen Zürcher Zeitung, Meret Baumann, der Korrespondent der österreichischen Tageszeitung Der Standard, Gregor Mayer, und die ehemalige Korrespondentin der französischen Libération, Florence La Bruyère, angegriffen.

Angesichts der fast völligen Kontrolle der Regierung über die Presse ist davon auszugehen, dass es sich da um keinen Alleingang eines Journalisten handelt. Menschen wie Verseck würden wie Knechte „die widerwärtigsten Lügen der ultraliberalen Opposition“ ungefiltert an ein Millionenpublikum verbreiten. Dagegen müsse die ungarische Regierung etwas unternehmen.

„Schwarze Listen von Journalisten zu erstellen, um sie zum Schweigen zu bringen, erinnert an die dunkelsten Zeiten europäischer Geschichte“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von der NGO Reporter ohne Grenzen (ROG) in Deutschland: „Derartige Hetze bereitet den Boden für Taten wie den Mord an Ján Kuciak in der Slowakei. Wenn die Europäische Kommission dem tatenlos zusieht und einige CSU-Politiker Orbán sogar offen unterstützen, ist das in höchstem Maße fahrlässig.“

Keine Region hat sich so stark verschlechtert wie Osteuropa

Man werde die Kollegen „unterstützen, wenn sie in Ungarn in Bedrängnis geraten“, so Ulrike Gruska von ROG zur taz. Sie erklärt die Attacke damit, dass „die ungarische Regierung genervt“ sei, weil sie Auslandskorrespondenten nicht so einfach kontrollieren könne. Auf der am Mittwoch von ROG veröffentlichten aktualisierten Liste der Pressefreiheit rangiert Ungarn auf Platz 73 von 180 untersuchten Ländern. Zwei Ränge schlechter als zuletzt.

In keiner Region der Welt habe sich die Lage so verschlechtert wie im Osten Europas. Neben Ungarn sind auch Tschechien und die Slowakei um rekordverdächtige zehn Plätze abgerutscht. Zum Vergleich: Deutschland liegt auf Platz 15, Spitzenreiter sind Norwegen, Schweden und die Niederlande.

In Ungarn, so heißt es im Bericht der Reporterhilfsorganisation „bestimmt die Regierung von Ministerpräsident Orbán teils mit wörtlich vorgefertigten Stücken die Berichterstattung im staatlichen Rundfunk. Im Sommer 2017 kauften Orbán-freundliche Unternehmer die letzten unabhängigen Regionalzeitungen auf.“

ORF-Korrespondent Gelegs zeigt sich gegenüber der taz gelassen: „Für kritische Journalisten war es bisher schon schwierig bis unmöglich“, aus Ungarn zu berichten. Man werde „ignoriert und mit Gesprächsverweigerung bestraft“. Wenn man die Stellungnahme eines Regierungsmitglieds einholen wolle, müsse man das Gesuch bei den Pressereferenten schriftlich einreichen und bekomme dann meist nicht einmal eine Antwort. Die Pressesprecher seien auch nicht autorisiert, im Namen ihres jeweiligen Chefs Erklärungen abzugeben.

„Voreingenommene Propaganda“

Schon im vergangenen September 2017 war auf dem regierungsnahen Portal 888.hu eine Liste mit Namen ungarischer oder ungarischstämmiger Journalisten erschienen, die „voreingenommene, brandmarkende Propaganda“ über Orbán und seine Regierung verbreiten würden und im Dienst von George Soros stünden.

Der in Budapest geborene Holocaust-Überlebende Soros finanziert über seine Open Society Foundation (OSF) eine Anzahl von NGOs, die Orbán ein Dorn im Auge sind. Letzte Woche hat die OSF angekündigt, sie werde ihr Budapest-Büro nach Berlin verlegen.

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6 Kommentare

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  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Auf Ungarn folgt mit Platz 74 übrigens das demokratische Griechenland und das demokratische Albanien auf Platz 75. Das demokratische Israel liegt auf Platz 87. Frage mich, was in diesen Ländern so abgeht, das es ja schon in Ungarn so schlimm ist!?

  • ROG wird mittlerweile fast zur Hälfte von Steuergeldern finanziert. Und ähnlich wie z.B. bei Transparency International stehen die Staaten, die die Organisation i.W. finanzieren ganz vorne in den Ranglisten. Mag ja alles richtig sein aber es bleibt ein ganz fader Beigeschmack.

     

    Auf der non-Government Seite ist übrigens Soros einer der Großspender für ROG. Das hätte in diesem Bericht auch erwähnt werden können.

    (https://en.wikipedia.org/wiki/Reporters_Without_Borders#Funding)

  • Abgesehen von der zwielichtigen Finanzierung (Soros, Rüstungsindustrie, Miliardäre, Werbeagenturen), berücksichtigt ROG z.B. die Medienkonzentration nicht. Australien auf Platz 19? Wieviel von dem Markt beherrscht Murdoch nochmal? 2/3 oder so?

    Die Vorstellung, dass Journalisten frei sind, weil sie im freien Markt agieren, ist, gelinde gesagt, naiv.

    • @agerwiese:

      Gibts eigentlich irgendwelche Belege für Ihre Behauptungen der "zwielichtigen Finanzierung"? Und was ist an einer Finanzierung durch die Open Society Foundation "zwielichtig"? Und warum beschäftigen Sie sich nicht einfach mit den Kriterien der Rangliste, stattt sinnfrei im luftleeren Raum uzu fabulieren?

      Fragen über Fragen.

      • @Kaboom:

        Diese Quellen haben es mittlerweile auch in die DE-Wikipedia-Artikel über ROG geschafft.

         

        Das zwielichtige an der Finanzierung durch OSF ist, dass das Geld von einer zwielichtigen Organisation kommt.

         

        Vielleicht sollten Sie sich lieber mit der Methodik der Studie beschäftigen, die auf Befragung beruht und angeblich bei manchen Ländern mit 3 Formularen auskommt. Wie bei jeder Befragung, ist die Auswahl der Befragten (hier: "media professionals, lawyers and sociologists") die halbe Miete für das erwünschte Ergebnis.

         

        "stattt sinnfrei im luftleeren Raum"

         

        Ihre Fragen beweisen, dass sie den Sinn nicht mal auf einem 3x10 m großen Billboard in Fettschrift erkennen würden...

        • @agerwiese:

          Gäääähn ...wer bei brisanten Themen auf Wiki verweist, hat seine politische Inkompetenz schon nachgewiesen. Und wie man schon vermuten konnte, findet sich in dem Artikel auch nichts von "zwielichtiger Finanzierung", sondern einerseits lächerliche Kritik eines lächerlichen rechten Dampflauderers aus den USA sowie die ebenso lächerliche "Kritik", dass Soros und die OSF kapitalistische Systeme fördern würde. Was SELBSTVERSTÄNDLICH der Fall ist, wie jeder, der sich 5 Minuten auf der Homepage der OSF umsieht, sofort bemerkt.

          Aber sind wir ehrlich: wem - wie Ihnen - nichts Besseres einfällt als persönliche Anwürfe, ist niveautechnisch eb auf dem Boden angekommen.