piwik no script img

Pressefreiheit in HongkongPolizei nimmt Journalisten fest

In Hongkong ist erneut ein pro-demokratisches Medium ins Visier geraten. Nach einer Razzia stellt die Nachrichtenseite „Stand News“ ihr Erscheinen ein.

Abgeführt: Der Herausgeber von Stand News, Patrick Lam, bei der Razzia Foto: Vincent Yu/ap/dpa

Hongkong afp | Die Behörden in Hongkong haben sechs aktuelle und ehemalige Mitarbeiter einer Nachrichtenseite festgenommen. Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, waren mehr als 200 Beamte im Einsatz, um das Büro von Stand News zu durchsuchen. Danach stellte das Medium sein Erscheinen ein. Chefredakteur Patrick Lam sei zurückgetreten und alle Beschäftigten entlassen worden, teilte die Nachrichtenseite am Mittwoch auf ihrer Facebook-Seite mit. Die Website und ihre Konten in den Online-Netzwerken würden nicht mehr aktualisiert und bald vollständig entfernt.

In einem auf der Facebook-Seite der Organisation live gestreamten Video war zu sehen, wie Polizisten am frühen Morgen vor der Tür des Redakteurs Ronson Chan standen. Sie teilten Chan mit, dass sie einen Durchsuchungsbefehl wegen „Verschwörung zur Veröffentlichung einer aufrührerischen Publikation“ gegen ihn hätten. Die Rechtsgrundlage dieser Vorwürfe stammt noch aus der Zeit, als Hongkong eine britische Kolonie war.

Chan, der auch Vorsitzender der Hongkonger Journalistenvereinigung ist, wurde nicht festgenommen. Medienberichten zufolge gehörten jedoch die Anwältin und ehemalige Abgeordnete Margaret Ng und der ehemalige Chefredakteur von Stand News, Chung Pui-kuen, zu den Festgenommenen. Die Popsängerin Denise Ho, die wie Ng bis zu ihrem Rücktritt im Juni im Vorstand des gemeinnützigen Unternehmens saß, wurde laut ihrer Facebook-Seite ebenfalls festgenommen.

Die Hongkonger Behörden haben Stand News wiederholt kritisiert. So beschuldigte der Chef der Sicherheitsbehörden, Chris Tang, die Seite kürzlich, „voreingenommene, verleumderische und dämonisierende“ Berichte über die Haftbedingungen in Hongkong zu veröffentlichen.

Pro-demokratische Medien im Visir

In Hongkong hatte es 2019 monatelang Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings gegeben. Seitdem gehen die Behörden mit zunehmender Härte gegen Kritiker in der Sonderverwaltungszone vor.

Im Juli 2020 trat das sogenannte Sicherheitsgesetz in Kraft. Es erlaubt den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Dazu gehören alle Aktivitäten, die China als Aufrufe zur Abspaltung, Subversion, geheime Absprachen mit ausländischen Kräften und Terrorismus betrachtet.

Anfang des Jahres musste die pro-demokratische Zeitung Apple Daily den Betrieb einstellen, nachdem ihr Vermögen eingefroren und ihre leitenden Angestellten verhaftet worden waren. Der 74-jährige Eigentümer und Demokratieaktivist Jimmy Lai sitzt ebenfalls im Gefängnis.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare