Präsidentschaftswahl in den USA: Viele linke Entscheidungen
Die Bundesstaaten wählen sehr unterschiedlich. Im Senat gewinnen die Demokraten, die Tea-Party verliert deutlich. Im Kongress behalten die Republikaner aber die Mehrheit.
BERLIN taz | „Mein ganzes Leben haben die Neinsager mir erzählt, ich könne keine Wahl gewinnen – weil ich links bin, weil ich eine Frau bin ... und sogar weil ich eine Lesbe bin!“ – so feierte Tammy Baldwin ihren Einzug in den Senat für den Bundesstaat Wisconsin. Nun hat sie es sogar gegen einen Ex-Gouverneur der Republikaner geschafft. Und das in einem Staat, der 2004 die Homoehe mit großer Mehrheit abgelehnt hatte.
Auch der teuerste Senatswahlkampf aller Zeiten ging mit Elizabeth Warren an eine dezidiert linke Demokratin. Sie gewann in Massachusetts eine 53 Millionen-Dollar-Schlacht. Ihr Gegner Scott Brown erhielt nach Einschätzung von Beobachtern auch deshalb so viel Spenden, weil Warren das „Consumer Financial Protection Bureau“ gegründet hat, eine landesweite Organisation, die Verbraucherrechte gegenüber Kreditkartenfirmen und Banken stärken will. Dies wird sie nun als Senatorin noch besser pushen können. Brown symbolisierte mit seinem Einzug in den Senat 2010 aber auch den Siegszug der rechten Tea Party-Bewegung. Die Tea-Party schnitten landesweit eher schlecht ab.
Bei Redaktionsschluss waren drei Sitze im Senat noch nicht bestimmt. Der Rest verteilte sich mit 51 auf Demokraten und mit 44 auf Republikaner sowie zwei Unabhängige. Noch vor einigen Monaten war eine Niederlage der Demokraten in Aussicht gestanden. Nun haben sie ihre Mehrheit verteidigt.
Republikaner kündigen Widerstand an
Im Repräsentantenhaus hingegen könnten die Republikaner ihre Mehrheit leicht ausbauen. Hochrechnungen zufolge dürfte die Sitzverteilung nach der Wahl vom Dienstag ähnlich ausfallen wie bisher: Derzeit gibt es 240 Republikaner und 190 Demokraten in der Kammer. Bei Redaktionsschluss waren 38 Sitze noch nicht ausgezählt. Der Rest verteilte sich zu 225 auf Republikaner und zu 173 auf Demokraten. Der republikanische Präsident des Repräsentantenhauses, John Boehner, kündigte bei einer Wahlparty an, seine Partei werde auch künftig erbitterten Widerstand gegen Vorstöße der Demokraten für Steuererhöhungen für Wohlhabende leisten.
Elf Gouverneursposten wurden gestern besetzt. Fünf Demokraten siegten, gegenüber 4 Republikanern und zwei Staaten, bei denen die Auszählung noch läuft. Alle Amtsinhaber konnten ihre Posten verteidigen, auch das hätte man nicht jedem demokratischen Kandidaten vor der Wahl zu getraut.
In über 100 Volksentscheiden ging es zur Sache. Landesweit von Bedeutung sind die Entscheidung über die Ehe von Homosexuellen. Maryland und Maine haben in einem Volksentscheid gestern zugestimmt. Laut Hochrechnungen stimmt der Staat Washington an der Westküste genauso ab, berichtet die Seattle Times. Minnesota hingegen lehnte die Homoehe knapp ab, do die dortige Star Tribune. Bisher waren es nur sechs Bundesstaaten im Nordosten sowie der Hauptstadtbezirk, die eine Ehe oder eheähnliche Gemeinschaft unter Homosexuellen erlaubten. In vielen Bundesstaaten wurde dies in den vergangenen Jahren hingegen per Verfassungszusatz verboten. Eventuell kehrt sich dieser regressive Trend nun wieder um.
Die Drogengesetze wurden mancherorts gelockert, vor allem in Colorado und Washington: Dort wird Marihuana künftig legal wie Alkohol verkauft, inklusive Steuern. Bisher war es in Colorado nur für medizinische Zwecke erlaubt und in diesem Sinne an etwa 700 Menschen verschrieben. Nun ist der Verkauf und der Besitz für Erwachsene über 21 Jahren bis zu 2 Unzen (etwa 60 Gramm) frei. In Washington ist der Besitz auf eine Unze begrenzt. Im ebenfalls wetlichen bundesstaat oregon hingegen lehnten die Bürger eine Freigabe ab und ließen die Anwendung dort auf medizinische Zwecke beschränkt. In Massachusetts wurde Haschisch neu für den medizinischen Gebrauch zugelassen. Ob sich die lockere Linie in anderen Staaten durchsetzt ist unklar: Die gestrigen Entscheidungen widersprechen einem Bundesgesetz, dem Controlled Substances Act.
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