Präsidentschaftswahl in Peru: Castillo zum Präsidenten erklärt
Sechs Wochen nach der Wahl ist Pedro Castillo der offizielle Sieger der Präsidentenwahl in Peru. Der Lehrer hat bislang wenig politische Erfahrung.
„Lassen Sie uns keine Hindernisse aufstellen, um dieses Land voranzubringen“, forderte Castillo seine Gegnerin in seiner ersten Rede vor Hunderten Anhängern in Lima auf. Fujimori teilte mit, dass sie den Sieg von Castillo anerkenne. Sie hatte ihm zunächst Wahlbetrug vorgeworfen, ohne Beweise vorzulegen. Ihre Vorwürfe hatten die Bekanntgabe des Wahlausgangs verzögert, die Stimmenauszählung war die längste seit 40 Jahren.
Castillo wurde zuvor noch nie in ein politisches Amt gewählt. Er zog unter dem Motto „Keine Armen mehr in einem reichen Land“ in den Wahlkampf. Er kündigte an, er werde die Gewinne aus dem Bergbau nutzen, um öffentliche Leistungen zu verbessern, unter anderem in den Bereichen Gesundheit und Bildung. „Wer kein Auto hat, sollte wenigstens ein Fahrrad haben“, sagte der 51-Jährige im April der Nachrichtenagentur AP.
Gespaltenes Land
Seit seinem überraschenden Einzug in die Stichwahl hat Castillo seine Pläne zur Verstaatlichung von multinationalen Bergbau- und Erdgasunternehmen abgeschwächt. Stattdessen erklärte er, er erwäge angesichts der hohen Kupferpreise auf dem Weltmarkt eine Erhöhung der Steuern auf Gewinne der Branche.
Castillo ist nach Angaben von Historikern der erste Bauer im Präsidentenamt in Peru. Menschen ohne Verbindungen zur professionellen, militärischen oder wirtschaftlichen Elite sei das bisher nicht gelungen, sagte die Professorin Cecilia Méndez von der University of California-Santa Barbara einem Radiosender.
Sein Aufstieg hat das Land aber auch gespalten. So erklärte der Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa, Castillo stehe für „das Verschwinden der Demokratie und Freiheit in Peru“. Ehemalige Soldaten forderten die Militärführung des Landes auf, den Sieg Castillos nicht zu respektieren.
Die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und 14 Wahlbeobachtermissionen kamen zu dem Schluss, dass die Abstimmung fair war. Die USA bezeichneten die Wahl als ein „Modell der Demokratie“ für die Region.
Die Herausforderungen für den neuen Präsidenten sind nun enorm: Peru leidet besonders stark unter der Coronapandemie. Es gehört zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsquote weltweit, zudem brach die Wirtschaft um 12,9 Prozent ein. Im Landesinneren sind außerdem noch immer Splittergruppen der Guerillaorganisation Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) aktiv.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?