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Präsidentschaftskandidat Călin GeorgescuTikTok-Faschist trendet

Bei den Präsidentschaftswahlen stimmt eine Mehrheit der Ru­mä­n*in­nen für den Klerikalfaschisten Călin Georgescu. Keiner hatte ihn auf dem Zettel.

Coronaleugner und Geschichts­revisionist: Călin Georgescu verehrt offen den rumänischen Faschismus Foto: Octav Ganea/Inquam Photos/reuters

Der parteilose Präsidentschaftskandidat Călin Georgescu hat am Sonntag in der ersten Wahlrunde für das höchste am Amt im Staat die meisten Stimmen erhalten. Mit knapp 23 Prozentpunkten kommt der Rechtsextremist Georgescu nun in die Stichwahl am 8. Dezember. Auf Platz zwei kam überraschenderweise die Kandidatin der neoliberalen Technokratenpartei, Union Rettet Rumänien (USR), Elena Lasconi, für die rund 20 Prozent der Wähler gestimmt haben.

Der amtierende Ministerpräsident und Chef der Sozialdemokratischen Partei (PSD), Marcel Ciolacu, der in allen Umfragen als Favorit und zukünftiger Präsident gehandelt wurde, kam auf Platz drei. Für ihn hatten etwas mehr als 19 Prozent der über 9 Millionen Wahlbeteiligten gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei mickrigen 52,55 Prozent. Die Umfragen, die Simion und Ciolacu vorn sahen, erwiesen sich als falsch, niemand hatte geglaubt, dass Georgescu, der in den Umfragen bei etwa 7 Prozent lag, als strahlender Sieger des Urnengangs hervorgehen würde.

Der seit Jahren in der rechtsextremen Szene Rumäniens aktive Georgescu erklärte in seinem unverkennbar vaterländischen, christlich-fundamentalistischen Stil: „Das rumänische Volk ist heute durch das Nadelöhr gegangen, aber nicht das Oligarchensystem. Alles, was heute geschehen ist, bedeutet ein erstaunliches Erwachen des Bewusstseins des verarmten rumänischen Volkes.“

Der Agronom Georgescu, bekannt für seine klerikalfaschistischen Reden, betrachtet sich als messianischer Verkünder einer neuen Freiheit, die dem rumänischen Volk durch eine herrschende Clique in den 34 Jahren seit dem Sturz des kommunistischen Regimes verwehrt worden sei. Der Chef der rechtsextremen AUR-Partei, George Simion, der mit nur 14 Prozent auf den vierten Platz kam, beglückwünschte seinen alten Bekannten und Rivalen.

Faschismus aus Tradition

Gleichzeitig kündigte er an, seine Wähler aufzufordern, im zweiten Wahlgang für den „Souveränisten“ Georgescu zu stimmen. Der Begriff „Souveränisten“ ist ein Tarnbegriff, der sich in internationalen rechtsextremen Kreisen durchgesetzt hat und zunehmend auch als Kampfbegriff gegen die als „Globalisten“, „Internationalisten“ und „Neomarxisten“ bezeichneten demokratischen Gegner eingesetzt wird.

Bereits vor drei Jahren gab es einen ersten Annäherungsversuch Simions an den heute 62-jährigen Georgescu. Damals wurde er zum Ehrenvorsitzenden der AUR-Partei ernannt und als zukünftiger Ministerpräsident in einer AUR geführten Regierung vorgestellt. Aufgrund von undurchsichtigen Zerwürfnissen verzichtete Georgescu auf den Ehrenvorsitz und zog es vor, mit anderen Gruppierungen der zersplitterten rumänischen rechtsextremen Szene zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel mit der neofaschistischen Gruppierung „Vereinigung Gogu Puiu / Heiducken der Dobrudscha“.

Die Gruppierung, geleitet von Eugen und Elena Sechila, organisierte in den letzten Jahren paramilitärische Wehrsportübungen, an denen zahlreiche Jugendliche teilnahmen. Diese wurden in Camps einer systematischen extremistischen Indoktrinierung unterzogen, die auf dem Modell der alten rumänischen Faschistenbewegung, der sogenannten Legion des Erzengels Michael, basierte.

Nach den deutschen Nationalsozialisten und den italienischen Mussolinianhängern, war die Legion in der Zeit zwischen den Weltkriegen die drittstärkste Faschistenpartei Europas. Gründer und Führer, Corneliu Zelea Codreanu, der 1938 ermordet wurde, gilt in Rumäniens rechtsextremen Kreisen als Vorbild. Viele seiner Anhänger waren während der kommunistischen Diktatur inhaftiert worden. Bis heute werden sie als „Gefängnisheilige“ und Kämpfer gegen den Bolschewismus verehrt, einige wurden von der orthodoxen Kirche sogar heiliggesprochen.

Fans auf Social Media

Elena Sechila, militante Unterstützerin Georgescus und Enkelin des Legionärs Gogu Puiu, der als Chef einer bewaffneten Freischärlertruppe 1948 Suizid beging, interviewte den militanten Coronaskeptiker Georgescu 2020. Dort kritisierte dieser das rumänische Gesetz, das legionaristische und faschistische Propaganda sowie die Verherrlichung von Kriegsverbrechern unter Strafe stellt.

In dem Gespräch bezeichnete er den Faschistenführer Codreanus sowie den Hitlerverbündeten und früheren Staatsführer Ion Antonescu als vorbildliche Helden, die niemand aus der Geschichte Rumäniens tilgen könne. Antonescu war für die Vernichtung von etwa 300.000 Juden verantwortlich und wurde 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet.

Vor drei Jahren verlegte Georgescu mit der Bewegung „Urväterlicher Boden“ („Pământul strămoşesc“) seine Propagandaaktivitäten ins Internet. In den sozialen Netzwerken, insbesondere bei TikTok, entstand eine unübersehbare Fangemeinde, die wesentlich zu seinem unvorhergesehenen Wahlsieg beigetragen hatte.

An der Verharmlosung seiner Aktivitäten war auch die Staatsanwaltschaft beteiligt, die 2022 ein Verfahren wegen Volksverhetzung gegen ihn eingeleitet hatte, das jedoch im Sande verlaufen war. Die NATO-kritischen und euroskeptischen Stellungnahmen Georgescus, der sich gegen die militärische Unterstützung der Ukraine ausgesprochen hatte, werden in Rumänien als putinfreundlich eingestuft.

Allianz mit Russland?

Seine rechtsextremen Ansichten werden dabei ausgeblendet und sein Wahlerfolg einseitig, in verschwörungstheoretischer Manier als Ergebnis einer okkulten russischen Unterstützung heruntergespielt. In russischen Medien wird auf den Überraschungserfolg Georgescus hingewiesen, dessen Lobeshymnen auf Antonescus Beteiligung am Überfall auf die Sowjetunion erwähnt und sein Plädoyer für eine Allianz mit Russland hervorgehoben.

Es ist anzunehmen, dass Georgescu in der Stichwahl am 8. Dezember unterliegt, wenn es die anderen Parteien schaffen sollten, eine gemeinsame Front aufzubauen. Bei den am nächsten Sonntag stattfindenden Parlamentswahlen zeichnet sich allerdings ein beträchtlicher Erfolg der aufstrebenden rechtsradikalen Parteien ab.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Also die Sozialdemokraten heißen im Artikel einfach Sozialdemokraten. Die Liberalen werden nur als "neoliberale Technokratenpartei" benannt. Was soll das überhaupt sein? Hauptsache, es hört sich irgendwie übel an, oder wie?

    • @Magnus_15:

      Der Autor William Totok hat mich manchen Sachen schon recht, die er sagt, allerdings sind fast alle seine Artikel über Rumänien ziemlich tendenziös, auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie etc.



      Letztendlich sind die sogenannten Sozialdemokraten nicht in die zweite Runde eingezogen, nur sollte man an der Stelle schon erklären, wofür die Sozialdemokraten in Rumänien stehen und dass es im Grunde genommen keine Sozialdemokraten sind. Der Autor hat wie gesagt zum Teil recht mit den Sachen mit den Sachen, die er des öfteren über Rumänien schreibt, nichtsdestotrotz stellt er vieles sehr tendenziös und überspitzt dar.

  • "Was möchten beitragen?" Fragt an dieser Stelle die TAZ. Mir entgleiten die Gesichtszüge bei derlei Artikelinhalt.



    Wann machen sich die Demokratie endlich diktaturenfest? Europaweit als Pflicht, um EU Miglied bleiben zu können, oder so. Wurde eigentlich 1931 bis 1933 gegen die NSDAP auch so gelahmarscht bis es eben zu spät war?