Präsidentschaft der EU-Kommission: Doch lieber ein Sozialdemokrat
Seit Wochen streiten die EU-Staaten über die neue Führung der Europäischen Union. Jetzt liegt zumindest ein neuer Vorschlag auf dem Tisch.
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Chancen auf die Nachfolge des EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker hat damit der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans, auch wenn Tusk im Kreis der Fraktionschefs keine Namen nannte. Gegen Timmermans gibt es aber Widerstand einiger östlicher EU-Länder. Ein ungarischer Regierungssprecher hatte am Samstag erklärt, weder Timmermans noch Weber seien für die vier Visegrad-Staaten Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen akzeptabel. Den ganzen Sonntag über sollte noch verhandelt werden, bevor um 18.00 Uhr der Sondergipfel beginnt.
Timmermans, derzeit Vizepräsident der EU-Kommission, war Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl. Ursprünglich hatte Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), Anspruch auf die Juncker-Nachfolge erhoben, zumal die EVP stärkste Fraktion im EU-Parlament wurde. Doch gab es gegen Weber noch größere Widerstände im Kreis der 28 EU-Länder. Deshalb könnte nun der Kandidat der zweitstärksten Kraft an die Spitze rücken. Weber ist für einen anderen Spitzenposten im Gespräch.
Nach dem von Tusks vorgetragenen Vorschlag könnte die EVP das Amt der EU-Außenbeauftragten und des EU-Parlamentspräsidenten bekommen. Die Liberalen, die im Parlament inzwischen mit dem Namen „Renew Europe“ auftreten, könnten den Ratspräsidenten stellen, also Tusks eigenen Nachfolger.
Weiteres Spitzenpersonal für die EU gesucht
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Samstag von einer möglichen Lösung mit Weber und Timmermans gesprochen. „Auf jeden Fall sind die beiden Spitzenkandidaten Teil der Lösung, und das ist ganz wichtig“, sagte Merkel beim G20-Gipfel im japanischen Osaka. Um Junckers Nachfolge beworben hat sich auch die dänische Liberale Margrethe Vestager, die aber nicht alleinige Spitzenkandidatin ihrer Parteienfamilie war.
Der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs hat das Vorschlagsrecht für den Posten, der in etwa einem Brüsseler Regierungschef der EU entspricht. Das Europaparlament will nur einen der Spitzenkandidaten zum Kommissionschef wählen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und andere Regierungschefs sind eigentlich gegen das Spitzenkandidaten-Prinzip. Sie wollen freie Hand bei der Auswahl. Vor allem aber wollte Macron Weber verhindern.
Neben dem Amt des Kommissionspräsidenten sind noch weitere Spitzenposten zu besetzen: Gesucht werden Präsidenten des Europäischen Rats, des EU-Parlaments und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie ein neuer Außenbeauftragter. Der Gipfel soll ein Personalpaket schnüren aus Männern und Frauen, verschiedenen Parteien und unterschiedlichen EU-Regionen.
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