Präsidentenwahl in den USA: „Wir werden ihn los!“
Seit Samstag läuft auch in New York die Präsidentenwahl. Schon am ersten Tag stehen dort vor allem Leute an, die Trump aus tiefstem Herzen ablehnen.
Mit 19 ist sie die jüngste der drei Frauen. Als Donald Trump sein Amt antrat, war sie noch in der Schule. Seither hatte sie gegen seine Politik demonstriert. Aber dies ist ihre erste Gelegenheit, ihre Meinung an der Urne kundzutun. Sie trägt einen Sticker mit der Aufschrift „No Malarkey“ – kein Quatsch. Das irisch-amerikanische Slangwort gehört zum Repertoire von Joe Biden. Er hat es auch bei seinen beiden tumultuarischen Fernsehdebatten mit Trump benutzt.
Es ist der erste Tag der Vorab-Stimmabgabe bei den Präsidentschaftswahlen im Bundesstaat New York. Die frühe Stimmabgabe, die in New York zehn Tage vor dem eigentlich Wahltermin beginnt, soll das Gedränge in den Wahllokalen am 3. November entzerren und bietet eine zusätzliche Alternative zur Briefwahl.
Vor allem „Risikogruppen“ waren als Frühwähler:innen erwartet worden, Menschen, für die eine Ansteckung mit dem Virus lebensbedrohlich sein könnte. Aber an diesem Samstag strömen in der größten Stadt des Landes mehrheitlich junge Leute zu den 88 Wahllokalen quer durch New York. Unter ihnen sind besonders viele „POC“ – braune und schwarze US-AmerikanerInnen.
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„Vote“ – Wählt! – steht auf Masken von Wartenden. Sie reden von „staatsbürgerlicher Pflicht“, von der „Macht des Volkes“ und von „Veränderung“. Manche sitzen auf Campingstühlen, die sie alle paar Minuten ein paar Schritte näher zum Wahllokal schieben. Alle tragen Masken (das ist Pflicht im Wahllokal), und alle versuchen, die sechs Fuß Sicherheitsabstand einzuhalten.
Auf halber Strecke der Schlange bietet eine Gruppe gratis Getränke und Snacks an. Der gewählte Ombudsmann der Stadt, Jumaane Williams, preist das frühe Wählen als eine Garantie, dass die Stimme „ins System kommt und schon am Wahltag mitgezählt wird“.
Die Briefwahl ist riskanter. Erstens ist die Post personell unterbesetzt. Zweitens führt Trump eine Kampagne gegen die Briefwahl, von der er behauptet, sie sei eine Einladung zur Wahlfälschung. Und drittens zählen die meisten Bundesstaaten die Briefwahlstimmen erst nach allen anderen Stimmen. Vielerorts wird das dazu führen, dass die Ergebnisse der Briefwahl erst Tage nach der Abstimmung am 3. November bekannt werden.
Die einen halben Kilometer lange Schlange vor dem Brooklyn Museum ist eine Demonstration gegen Trump. Auf T-Shirts steht „Black Lives Matter“. Auf manchen prangt auch das Bild von Bidens Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris. New Yorker:innen kannten den Immobilienspekulanten Trump, seine Türme, seinen Rassismus und seine Eitelkeit schon lange vor seiner Wahl ins Weiße Haus. Aber nie waren sie so motiviert gegen ihn.
Am Broadway sind viele arbeitslos
Ariel Samara hat in den zurückliegenden Jahren oft befürchtet, dass Trump noch einmal gewinnen könnte. Das änderte sich mit der ersten Fernsehdebatte, bei der er eineinhalb Stunden lang vor Millionen Fernsehzuschauer:innen gepöbelt, beleidigt und die Wahrheit verdreht hat. Seither ist sie „hoffnungsvoll“, dass Biden gewinnt.
Jill und Ira Mont sind Bühnenarbeiter:innen vom Broadway. Sie gehören zu den mehr als 30 Millionen Menschen in den USA, die in der Pandemie ihre Jobs verloren haben. Sie sind seit Monaten arbeitslos. Seit Ende Juli haben sie auch die staatliche Hilfe zum Arbeitslosengeld verloren. Weil Trump in der Virus-Krise versagt hat, sind sie zuversichtlich, dass Biden und Harris es schaffen werden. Die Monts glauben sogar, dass die Demokrat:innen die Mehrheit im Senat zurückerobern können.
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Ein Wahlhelfer kommt zum hinteren Ende der Schlange vor dem Brooklyn Museum. Er lädt die ältesten Wartenden ein, mit ihm nach vorn zu kommen, und er informiert die anderen, dass nur jene, die den Eingang bis 16 Uhr erreichen, an diesem Tag wählen können. „Kommt an einem anderen Tag wieder“, rät er. Aber niemand geht. Und am Ende können alle ihre Stimme abgeben.
Ähnliche Szenen gibt es an diesem Samstag in allen fünf New Yorker Bezirken. Die Wahlhelfer waren auf Andrang vorbereitet. Aber niemand hat am ersten Tag weit über 90.000 FrühwählerInnen in New York City erwartet. Sehr viele von ihnen haben vier oder fünf Stunden angestanden.
Der Tod George Floyds hat sie aufgerüttelt
Landesweit haben in den USA bis zum Sonntag bereits über 57 Millionen Menschen gewählt. Wenn dieser Trend bis zum 3. November anhält, wird diese Präsidentschaftswahl die höchste Wahlbeteiligung seit mehr als einem Jahrhundert erreichen.
Erstwählerin Jona Inniss ist schon seit 2016, als die Älteren ihr Trump vorgesetzt haben, politisch aktiv. Aber dieses Jahr hat das Engagement der Afroamerikanerin noch intensiviert. Ein Auslöser dafür war der Tod von George Floyd unter einem Polizistenknie in Minneapolis. Ein anderer die Wählerunterdrückung quer durch die republikanisch kontrollierten Südstaaten. In der Warteschlange, in der sie mit ihrer Mutter, Angela Howard, in der Reihe steht und sich mit Susan McHenry ins Gespräch vertieft hat, versichert sie: „Wir werden ihn los“.
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