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Präsidentenwahl in TaiwanDie Opposition gewinnt haushoch

Die Demokratische Fortschrittspartei hat die Präsidentenwahl in Taiwan gewonnen. Die Sitzverteilung im Parlament ist aber noch unklar.

Gewinnerin des Tages: Oppositionell Tsai Ing-wen. Foto: reuters

Taipeh ap | Machtwechsel in Taiwan: Die Kandidatin der oppositionellen Demokratischen Fortschrittspartei DPP, Tsai Ing-wen, wird neue Präsidentin des Landes. Die 59-Jährige kam nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen am Samstag auf einen Anteil etwa 60 Prozent. Der Kandidat der Regierungspartei, Eric Chu, erreichte zirka 30 Prozent und räumte seine Niederlage ein. Amtsinhaber Ma Ying-jeou durfte laut Verfassung nach zwei Amtszeiten und acht Jahren an der Macht nicht mehr antreten.

Ob eine Partei eine Mehrheit im 113 Sitze zählenden Parlament erzielt, war noch unklar. Dort spielen auch viele kleinere und unabhängige Parteien eine Rolle.

„Wir sind gescheitert“, sagte Chu. „Wir haben nicht hart genug gearbeitet.“ Dafür übernehme er die Verantwortung und trete als Parteichef zurück. Chu war erst spät in den Wahlkampf eingestiegen, nachdem sich die ursprüngliche Kandidatin der Nationalisten, Hung Hsiu-chu, als chancenlos erwiesen hatte.

Tsai wird die erste Frau im Präsidentenamt auf der Insel. Dies könnte zu Spannungen mit China führen. Tsai möchte den Status Taiwans als de facto unabhängiger Staat beibehalten. Sie will sich formell aber auch nicht von der sogenannten Ein-China-Politik Mas und seiner Nationalisten verabschieden. Danach sind Taiwan und China als Teile einer gemeinsamen Nation zu betrachten, die sich einmal wiedervereinen sollten.

Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern verwaltet sich politisch selbst. 1949 war der chinesische General Tschiang Kai-schek mit seinen Anhängern auf die Insel geflohen, nachdem die Kommunisten unter Mao Tsetung auf dem chinesischen Festland die Macht übernommen hatten. Die kommunistische Regierung der Volksrepublik äußerte sich nicht zu den Wahlen in Taiwan. Sie betrachtet Taiwan nicht als Staat, sonders als abtrünnige Provinz.

Wie gespannt das Verhältnis zwischen China und Taiwan ist, zeigte ein Vorfall vom Vortag. Die taiwanesische Popsängerin Chou Tzu-yu bat auf Drängen ihres südkoreanischen Managements um Entschuldigung dafür, dass sie eine Fahne ihres Heimatlandes im Fernsehen gezeigt hatte. Es gebe nur ein China und sie sei immer stolz gewesen, Chinesin zu sein, versicherte die 16-Jährige. Das kritisierten alle Spitzenpolitiker Taiwans. Präsidet Ma urteilte: „Das ist ungerecht und inakzeptabel.“ Die unter dem Namen Tzuyu bekannte Sängerin habe nichts verkehrt gemacht und müsse sich auch nicht entschuldigen. Tasi sagte, die Gefühle aller Taiwaner seien verletzt.

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3 Kommentare

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  • Taiwan war und ist für die amerikanische Militärpolitik ein wichtiger Hebel gegenüber China. Sie haben Taiwan im chinesischen Bürgerkrieg durch Eingriff ihrer Flotte selber geschaffen. Amerika lässt wichtige Wirtschafts- und Militärgüter in Taiwan herstellen. Vor den Wahlen wurden zum Anheizen der Spannungen Militärgüter an Taiwan geliefert. Die Vorgängerregierung hat versucht eher Spannungen abzubauen. An sich keine schlechte Entwicklung. Daraus jetzt eine "harte Tour" schon anzunehmen ist vielleicht etwas abseits militärischer Realitäten. Ansonsten ist es wohl öfter das westliche Bündnis Nato, das auf die "militärische Option" setzt.

  • Wahrscheinlich haben die Taiwanesen bei ihrer Wahlentscheidung an das Beispiel Hongkong gedacht.

     

    Viele Hongkonger glaubten an das Modell „Ein Land – zwei Systeme“ und feierten die Vereinigung mit dem kommunistischen China. Und es schien ja auch jahrelang gut zu laufen. Doch nun, nach einer Schamfrist von reichlich 15 Jahren, meinen die Pekinger Machthaber, nun müsse Schluss sein mit lustig. Sie versuchen nach der Salamitaktik, den Hongkongern immer mehr ihr kommunistisches System überzustülpen und unterdrücken jeden Protest dagegen.

     

    Dass die Taiwanesen dies nicht auch erleben wollen, ist verständlich!

    • @Pfanni:

      Da haben Sie schon Recht. Das Problem ist nur, dass Taiwan in spätestens 20 Jahren wieder ein fester Teil von China sein wird. Die Frage ist nur, ob dies auf die harte oder weiche Tour Wirklichkeit wird.