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„Postillon“-Bericht über PofallaSatireseite verbreitet Wahrheiten

Mit der Meldung über den Wechsel Pofallas zur Bahn gelang dem „Postillon“ ein Scoop. Denn im Gegensatz zu sonst war die Nachricht keine Satire.

Im Auge des Twitter-Sturms: Artikel über Pofalla im Satiremagazin „Postillon“. Screenshot: http://www.der-postillon.com/2014/01/ex-kanzleramtsminister-ronald-pofalla.html

BERLIN taz | Satire und Realität sind einander manchmal zu nah, um wahr oder besser: unwahr zu sein. Es war einer dieser Meldungen, die wie ein Sturm über die hiesige Medienlandschaft hinwegfegten. Kurz nachdem die Saarbrücker Zeitung am Donnerstag um 13.56 Uhr den beruflichen Wechsel des Ex-Kanzleramtchefs Pofalla vor allen anderen meldete, wurde die Nachricht von der Nachrichtenagentur dpa bestätigt. Weitere Zeitungen, darunter auch die taz, zogen nach, obwohl die Quelle zu diesem Zeitpunk noch nicht bekannt war.

Am Nachmittag veröffentlichte das Satiremagazin Postillon, das bekannt dafür ist, gefakte Nachrichten real aussehen zu lassen, dann einen Artikel, in dem es hieß: „Wie der Postillon am Mittwochmorgen erfuhr, wechselt der CDU-Politiker und frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn“.

Später folgte das Update: „Inzwischen berichten auch zahlreiche andere Medien.“ Der vom Magazin einen Tag zurückdatierte Artikel erweckte damit den Anschein, als hätten sich alle anderen Zeitungen täuschen lassen – mit der Konsequenz, dass plötzlich alle am Wahrheitsgehalt der Meldung zweifelten.

Der Verwirrung folgte die Entrüstung. Die Postillon-Leser, von denen nicht wenige eifrig twittern, fühlten sich zur journalistisch-ethischen Aufklärung berufen. „Eine Ohrfeige für den so genannten Qualitätsjournalismus“ twitterte einer, während andere den allgemeinen Verfall der deutschen Medien witterten. Auch prominente Twitterer schalteten sich ein. Jan Böhmermann schrieb noch am Donnerstagabend: „Gratulation an Ronald Pofalla. Und stehende Ovationen für @Der_Postillon. Willkommen im Internet: @SPIEGELONLINE. Gibt's Entlassungen?“

Die Webseite des Magazins wurde ebenfalls mit Kommentaren überflutet: „Endlich erfindet nicht nur die Bild eine Schlagzeile und alle übernehmen sie!", heißt es da. Ein anderer ist aufgrund der vermeintlichen Absurdität der Nachricht überzeugt: „Hahaha der war gut Postillon. Verzeihung, aber diesmal war die Fake-Nachricht etwas zuuu auffällig. Ich meine wie offensichtlich kann eine Fake-Nachricht eigentlich sein. Was kommt als nächstes?“

Alle hinters Licht geführt

Selbst Spiegel online geriet ins Zweifeln, wie eine auf der Postillon-Facebookseite veröffentlichte Email einer Redakteurin an das Magazin zeigt: „(...) könnten Sie mich bitte einmal unter der Nummer 040 xxx oder 0xxx-xxx zurückrufen. Es geht um Ihre Pofalla-Meldung von gestern. Herzliche Grüße xxx Redaktion Kultur SPIEGEL ONLINE“.

Als sich herausstellte, dass die Nachricht kein üblicher Fake, sondern wahr ist, war der Satire-Scoop perfekt. Mit der zurückdatierten Meldung hält der Postillon, dem Anspruch einer guten Satire gerecht werdend, der Gesellschaft einen Spiegel vor. Denn er führte er seine eigenen Leser, aber auch alle anderen hinters Licht.

Dass heute viele anscheinend eher den vermeintlich unwahren Wahrheiten einer Satirezeitung als den Fakten „objektiver" Medien vertrauen, erzählt generell nicht nur vom gestiegenen Misstrauen gegenüber der Politik und den hiesigen Leitmedien, sondern auch von der Macht der allgegenwärtigen Ironie, die immer auch eine angenehme Distanz zur Wirklichkeit verspricht.

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7 Kommentare

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  • M
    Mikki

    Danke für die aufklärenden Antworten. Ich bleibe aber dabei: Weniger die "Medienlandschaft", als die Leserschaft, speziell auch in den Social Media, war irritiert. Und die Nachfrage der SPON-Frau kann man durchaus auch als Akt journalistischer Sorgfalt ansehen.

    @ButterbeidieFische : Dass wir heute häufig einen Agentur-Journalismus antreffen, ist in der Tat beklagenswert, aber wohl das Ergebnis knapper Budgets. Auch die TAZ weiß bei ehrlicher Selbstbetrachtung davon sicherlich ein Lied zu singen.

    @HHWILLKÜRGEBIET : Ich habe den Artikel gelesen. Und dem Artikel läaast sich nichts entnehmen, wass auf eine Irritation der Medienlandschaft schließen lassen könnte, sh. oben. Auch das ist ein Problem: Die Reaktionen aufgeregter Wichtigtuer auf Twitter & Co. werden mit "der Medienlandschaft" gleichgesetzt.

    @XXX : Ja, Pofalla ist wirklich "der Beste", das hat er schon beim Thema NSA bewiesen. Wie hat SempreLallo ihn auf Twitter so schön zitiert?: "Ich erkläre die Bahn für erledigt".

  • Und wieder einmal erweist sich, was schon die weiland ollen Römer zu sagen pflegten: Difficile est satiram non scribere.

  • M
    Mikki

    Postillon hin oder her, aber wird hier mittelbar der dpa unterstellt, eine vermeintlich gefakte Meldung des Postillon als Nachricht verbreitet zu haben ?

    Denn die "ernsthaften" Medien habe sich doch wohl auf dpa und nicht auf den Postillon bezogen.

    Reichlich verworren, und es wird nicht gerade klar, worin die besondere Leistung - ach nein, der "scoop" - des Postillon denn jetzt bestanden haben soll.

    Also, liebe Hype-Gemeinde, immer schön cool bleiben.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Mikki:

      Mal abgesehen davon, daß die dpa auch dann viel Mist verzapft, wenn die Tage kurz sind, ist Witz an der Sache doch wohl der, daß viele Redaktionen der "ernsthaften" Medien offensichtlich Zeit und Mühe scheuen, eigene Recherchen anzustellen und mehr oder weniger von einander abschreiben. Am Ende wissen sie dann gar nicht mehr so genau, wo die Meldung eigentlich entstand, wer sie zuerst hatte und aus welcher Quelle.

       

      Und manche Darstellungen in den Meldungen der dpa sind so dermaßen lächerlich, absurd und realitätsfern, daß man sich sicher sein kann daß einem der Verfasser im vordigitalen Zeitalter wohl erspart geblieben wäre, allein weil er an dem Versuch gescheitert wäre den Stift beim Notieren auch richtig herum zu halten.

    • HW
      HH Willkürgebiet
      @Mikki:

      Der scoop war, dass die Medienlandschaft zu einem nicht unerheblichen Teil die Meldung als Fake angesehen hat, weil der Postillon kurz nach der dpa-Meldung selbst einen Artikel zu Thema veröffentlichte, diesen aber zurückdatierte und und so oberflächlich den Anschein erweckte, dass eben dieser Artikel die Quelle für die dpa-Meldung war. Daraufhin hatten viele Redakteure das "P" auf der Stirn, weil sie die nun vermutete Falschmeldung schon veröffentlicht hatten. Hätten die aber ihre Arbeit gemacht und ihre Quellen überprüft bzw. den Artikel im Postillon mal genauer angeschaut, dann wären sie auf diesen scoop nicht reingefallen. Und nein, es wird der dpa nicht unterstellt, einen vermeintlich gefakten Artikel des Postillon als Nachricht verkauft zu haben. Die Quelle der dpa war die Saarbrückener Zeitung. Steht auch eigentlich alles im Artikel. Vielleicht nochmal lesen ;)

    • X
      XXX
      @Mikki:

      @Mikki: Die Meldung des Pofalla-Wechsels zur Bahn ist eben so verrückt, wie es der Postillon auch nicht besser hätte erfinden können. Wie kann man nur einer so unfähigen Person soviel Geld in den Hintern stopfen?

      Die Verrücktheit in diesem Vorgang wurde eben sehr schön aufgezeigt. Ich bin gespannt, ob Merkel das wirklich durchziehen kann, oder ob sie da nicht wieder einen Rückzieher machen muss.

  • Als eifriger Postillon-, taz- und FAZ-Leser habe ich schon gemerkt, dass die Postillon-Meldung zurückdatiert war. Ähnliches gilt sicher für die meisten Postillon-Leserbriefschreiber, die man meist nicht ganz ernst nehmen darf.