Posse um Erinnerung an Nazi-Gegner: Wo ein Wille ist, ist kein Weg
Straßenschilder, die an zwei NS-Widerstandskämpfer erinnern, hat der Ortsamtsleiter von Bremen-Blumenthal abhängen lassen – obwohl er sie gut findet.
In der Tat handelte es sich hier nicht um offiziell genehmigte Wegeschilder: Finanziert und montiert hatte sie Mitte Dezember besagte Ini, weil, so deren Mitglied Gerd-Rolf Rosenberger (DKP), der Beirat Blumenthal fünfeinhalb Jahre lang nichts unternommen habe, obwohl das Stadtteilparlament damals beschlossen habe, dass es mindestens eine Straße geben müsse, die nach Leo Drabent benannt sei (die taz berichtete).
Rad- und Fußwege umbenannt
Zwar gab es vonseiten des Beirats immer wieder Vorstöße, eine Straße oder Brücke in Blumenthal nach Drabent zu benennen; zuletzt war eine Gedenkstele im Gespräch. Doch während sämtliche Beirats-Ideen an bürokratischen oder an finanziellen Hürden scheiterten, machte die Ini in Windeseile zwei bisher namenlose Rad- und Fußgängerwege aus, die selbst der Ortsamtsleiter „hervorragend“ geeignet findet für eine Benennung nach den beiden Nordbremer Widerstandskämpfern Drabent und Neumann, zwei Blumenthaler Werftarbeiter, die 1944 hingerichtet wurden. Für die Finanzierung der Schilder benötigte die Ini nicht Jahre, sondern eine einzige abendliche Benefiz-Veranstaltung.
Zivilen Ungehorsam findet Nowack allerdings gar nicht hervorragend. Niemand von der Ini habe den Beirat oder ihn vorher gefragt, sagt er: „Da wurde die Presse eingeladen zur feierlichen Einweihung der Straßenschilder – und wir wussten nicht einmal etwas davon!“ Durch das eigenmächtige Errichten der Schilder sei er gezwungen gewesen, formalrechtlich zu handeln.
Denn es gab zu diesem Zeitpunkt nur den fünfeinhalb Jahre alten Beschluss, Drabent zu ehren – für seinen Mitstreiter Hans Neumann musste erst noch ein Antrag gestellt werden. Und der sollte, ebenso wie ein nachträglicher Antrag auf Genehmigung der Schilder, nur dann vom Beirat angenommen werden, wenn Rosenberger als Antragsteller bereit gewesen wäre, die Schilder erst einmal wieder zu entfernen. Der aber weigerte sich. Also stimmte der Beirat gegen die Genehmigung und Rosenberger bekam eine Frist für die Schilder-Demontage, die er verstreichen ließ. Nowack schaltete das ASV ein – und die Schilder kamen weg.
„Beschämend“ findet das Karl Brönnle, Sprecher des Linken-Ortsverbands Bremen-Nord. „Denn derselbe Antrag, der jetzt abgelehnt wurde, soll auf der nächsten Beiratssitzung im März von der SPD und den Grünen eingebracht werden – was für ein Kasperletheater!“ In der Tat, bestätigt Nowack, wird Rot-Grün beantragen, exakt jene zwei Straßen nach Drabent und Neumann zu benennen, die bis Donnerstag bereits so hießen.
„Odnungsgemäßer“ Weg
Aber dann, sagt Nowack, werde das Ganze wenigstens seinen ordnungsgemäßen Weg gegangen sein: „Sollte der Beirat den Antrag mehrheitlich annehmen, wird es möglicherweise schon im Juni neue Schilder geben. Dann werden wir in einem sehr feierlichen Akt die beiden Männer würdigen und Rosenberger und seine Leute bekommen ihre Schilder zurück – die können sie sich dann ja an die Wohnzimmerwand hängen.“
Brönnle ist sich im Klaren darüber, dass die Errichtung von Straßenschildern eine offizielle Genehmigung erfordert, aber: „Diese formaldemokratische Herangehensweise vonseiten der SPD ist einfach unerträglich.“ Hier, sagt er, träfen zwei Dickköpfe aufeinander, „von denen sich meiner Meinung nach Nowack hätte bewegen müssen – nicht Rosenberger!“
Der sagt denn auch: „Man wollte von mir den öffentlichen Kotau, ich sollte mich unterwerfen, ich bin halt nur der linke Pöbel!“ In der Tat nimmt Peter Nowack ihn exakt so wahr: „Mein Vater hat zu mir immer gesagt: Wer mit 18 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 50 immer noch Kommunist ist, hat keinen Verstand. Und Rosenberger und seine Leute beweisen genau das!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe