Portugal legalisiert Sterbehilfe: Wozu weiter quälen lassen?
Es brauchte fünf Entwürfe, doch nun steht Portugals Gesetz zur Sterbehilfe. Was das für Betroffene bedeutet und wer sich dagegen positioniert.
D ie Selbstbestimmung über den eigenen Körper geht andere nichts an. Abgesehen von wenigen Ausnahmen – und dazu gehört die Debatte über die Sterbehilfe.
Das portugiesische Parlament brauchte fünf Entwürfe, um das Gesetz zur Legalisierung von Sterbehilfe zu verabschieden. Insgesamt stimmten am vergangenen Freitag 129 Abgeordnete dafür, 81 dagegen. Als eines von wenigen Ländern erlaubt Portugal nun Menschen mit unheilbaren Krankheiten, ihr Leid selbstbestimmt zu beenden.
Gegner:innen befürchten mit der Legalisierung einen Missbrauch des Gesetzes, und eine stärkere psychische Belastung für Personal und Angehörige. Auch eine potenziell mangelhafte Zurechnungsfähigkeit der Erkrankten sowie die Sorge, dass Betroffene den Wunsch nur äußern, um ihre Liebsten nicht zu belasten, werden oft als Gegenargument gebracht. In Portugal bremsten vor allem der katholische Präsident, das Verfassungsgericht und die rechtspopulistische Partei Chega die bisherigen Entwürfe aus.
Berechtigt sind nur Menschen über 18
Im portugiesischen Gesetz soll allerdings nichts gegen den Willen der Betroffenen vollzogen werden. Berechtigt sind ausschließlich Erwachsene mit der geistigen Fähigkeit, die Entscheidung für sich zu treffen. Die Zurechnungsfähigkeit ist demnach Voraussetzung. Ein Missbrauch ist strafbar, da hat die Justiz einzugreifen.
Dass es zu einem „Sterbetourismus“ kommen könnte, ist ausgeschlossen, denn das Gesetz gilt nur für Portugies:innen und Personen mit Wohnsitz in Portugal. Dass Krankenhauspersonal und Angehörige belastet sind, beginnt bereits bei der schweren Krankheit selbst, und es ist spätestens seit Corona keine neue Information, dass Ausbau und Förderung des Gesundheitswesens fällig sind. Hier kann die Sterbehilfe sogar ein zusätzlicher Anschub sein.
Für Betroffene bedeutet das Gesetz aber vor allem, dass sie körperlichem Leid ein Ende bereiten und in Würde und selbstbestimmt sterben können. Wenn dies der letzte Wunsch einer Person sein sollte, welches Recht sollen Außenstehende haben, ihnen diesen nicht zu gewähren?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung