Polizeischüsse im Krankenhaus: „Wissen die sich nicht zu helfen?“

Ein 31-Jähriger wird auf dem Gelände eines Krankenhauses in Mitte von Polizisten angeschossen. Er war Patient und soll randaliert haben.

Der Tatort im St. Hedwig Krankenhaus

Der Tatort im St. Hedwig Krankenhaus Foto: dpa

Berlin taz | Patienten sitzen im Innenhof des St.-Hedwig-Krankenhauses in Mitte und rauchen. Nichts würde an diesem Mittwochmittag daran erinnern, dass hier am Abend zuvor ein Mann von Polizisten angeschossen worden ist – wären da nicht diese zwei am Boden kauernden Zivilbeamten, die mit Taschenlampen das Gebüsch ableuchten. Ob sie von der Spurensicherung seien, fragt die Reporterin. Schweigen. Ein Krankenpfleger, weiße Hose, blaues Shirt, kommt hinzu. Ob sie nach Hülsen oder nach Patronen suchen, fragt er die Beamten. Keine Antwort.

Am Dienstag gegen 20 Uhr war es in dem Hof des Krankenhauses zu einem Polizeieinsatz gekommen. Wie die Polizeipressestelle mitteilt, hatte ein 31-jähriger Mann, bei dem es sich um einen früheren Patienten handelte, in dem Hof randaliert. Die eintreffenden Polizisten habe er mit Glasflaschen beworfen und schließlich mit einer abgebrochenen Flasche angegriffen. Zwei Polizisten hätten mehrmals geschossen und den Mann an den Beinen verletzt.

In der Notaufnahme des St.-Hedwig-Krankenhauses sei er versorgt und dann in einem anderen Krankenhaus operiert worden. Lebensgefahr habe nicht bestanden. Wie nach jedem polizeilichen Schusswaffengebrauch sei auch hier ein Ermittlungsverfahren gegen die Beamten eingeleitet worden.

Verfahren werden meist eingestellt

Praxis ist, dass solche Verfahren zumeist eingestellt werden. Weiteres, wiederkehrendes Merkmal: Opfer von Polizeischüssen sind oft psychisch krank. Recherchen der taz zufolge haben zwischen 2009 und 2017 deutschlandweit 74 Menschen durch Polizeischüsse ihr Leben verloren. Bei mehr als der Hälfte fanden sich Hinweise auf psychische Erkrankungen. Das größte Problem sei, dass Polizisten das Problem vor Ort unbedingt selbst und sofort lösen wollten, statt Fachleute zurate zu ziehen, sagte der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes zur taz.

Was den aktuellen Fall betrifft, meint der Krankenpfleger zu wissen, dass der Mann Patient auf der psychiatrischen Station war. Er habe Covid gehabt und im Hof rauchen wollen, das sei ihm verboten worden. Da habe er randaliert. Die Polizei teilte dazu mit: Bereits Dienstagmittag sei der Mann in der Klinik aufgefallen. Er habe gegen Türen getreten und sich geweigert zu gehen, nachdem er wegen Drogenmissbrauchs des Hauses verwiesen worden war. Schon da sei Polizei vor Ort gewesen, um das Hausrecht durchzusetzen. Der Mann habe sich gewehrt und einen Beamten ins Gesicht getreten.

Ein Großaufgebot der Polizei sei am Abend im Hof gewesen, sagt der Krankenpfleger. Die Schüsse beschäftigen den Mann sichtlich. „Wissen die sich nicht anders zu helfen?“

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