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Polizeigewalt in den USAWie ein nasses Handtuch

Am Stadtrand von New Orleans misshandelt ein Mitarbeiter des örtlichen Sheriffsbüros eine schwarze Frau. Die Truppe ist für ihren Rassismus bekannt.

Der Screenshot aus einem Video zeigt den Vorfall am 20. September in New Orleans Screenshot: teeyungan/Instagram

New York taz | Das Video ist nur 14 Sekunden lang. Aber seine Brutalität wirkt lange nach. Es zeigt einen kräftigen Mann in Uniform, der den Körper einer jungen Frau um sich schleudert, als wäre sie ein nasses Handtuch. Er schleift sie hinter sich her, wirft sie um sich, reißt sie an ihren Zöpfchen hoch und knallt sie wieder auf den Asphalt. Dann senkt er sein Knie auf ihren Rücken.

Die Szene hat sich am frühen Nachmittag des 20. September in Jefferson Parish am südlichen Stadtrand von New Orleans abgespielt. Das Opfer ist eine schwarze Frau. Einen Monat später leidet die 34-jährige Shantel Arnold immer noch unter Kopfschmerzen. Der Täter ist weiß. Er trägt die Uniform der Mitarbeiter der Sheriffs von Jefferson Parish. Wer gefilmt hat, ist nicht bekannt. Die Umstehenden müssen um das Leben des Opfers gefürchtet haben. Auf dem Video ist eine Frauenstimme hörbar. Sie ruft: „Kann das jemand aufnehmen?“

Die mehr als 750 Mitarbeiter des Sheriffsbüro von Jefferson Parish sind bei schwarzen BewohnerInnen des Counys berüchtigt für ihren Rassismus. Nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) sind 16 Personen in den zurückliegenden acht Jahren nach Schüssen oder anderer Gewaltanwendung der Sheriffs gestorben. Zwölf von ihnen waren schwarze Männer.

Diesen 70 Prozent aller Todesfälle steht gegenüber, dass weniger als ein Drittel der örtlichen Bevölkerung schwarz ist. Eine Recherche von lokalen Medien und ProPublica zeigt, dass die meisten Beschwerden über Polizeibrutalität und Misshandlungen im Sande verlaufen. Erschwerend kommt hinzu, dass in Louisiana Bürgerrechtsverletzungen schon nach einem Jahr verjähren. Danach sind keine Klagen mehr möglich.

Nach einem Jahr verjährt

Bislang hat Shantel Arnold keine Klage eingereicht. Für sie war die Misshandlung bereits die zweite an jenem Tag. Zuvor hatten drei Jungen sie angegriffen und verprügelt. Sie lag am Boden und wehrte sich mit einem Stock. Erst als ihr 71-jähriger Stiefvater eingriff, ließen die Jungen von ihr ab.

Die nur 1,42 Meter große zierliche Frau, die in einem Wohnwagen lebt und bei einem Autounfall vor Jahren ihr linkes Auge verloren hat, ist nach Angaben von Angehörigen ein häufiges Opfer von Jugendlichen. Am 20. September war sie gerade aufgestanden und auf dem Weg zurück in den Wohnwagen, als der Sheriffs-Wagen neben ihr anhielt und der Beamte sie aufforderte, stehen zu bleiben. Sie antwortete, dass sie gerade verprügelt worden sei und nach Hause wolle. Der Sheriff griff zunächst nach ihrem Handgelenk. Dann nach ihren Haaren.

Nach der Gewaltszene kam Shantel Arnold zur Behandlung ihrer Wunden ins Krankenhaus. Der Hilfssheriff blieb am Tatort und versuchte, ihre Schwester zu überreden, Shantel Arnold in ein Krankenhaus für psychisch Kranke einweisen zu lassen. In den folgenden Tagen fuhr er nach Angaben von Shantel Arnolds Angehörigen mehrfach an dem Wohnwagen der Familie vorbei.

Bürgerrechtsgruppen haben in der Vergangenheit gefordert, dass die Mitarbeiter der Sheriff-Behörde mit Body-Kameras ausgestattet werden. Diese Videos sind oft die einzigen Beweismittel gegen gewalttätige Beamte. Videos von ZivilistInnen, die Polizeibrutalität dokumentieren, helfen in Jefferson Parish nicht unbedingt weiter.

Diabetischer Schock

So filmte im vergangenen Jahr eine Frau auf einem Parkplatz, wie Sheriff-Mitarbeiter einer anderen jungen schwarzen Frau Handfesseln anlegten und sie bäuchlings auf den Boden warfen. Jenes Opfer, Sojourner Gibbs, hatte nach dem Einkaufen im Supermarkt einen diabetischen Schock erlitten und Umstehende gebeten, einen Notruf für sie zu tätigen. Die Uniformierten trafen vor dem Krankenwagen ein und behandelten sie wie eine Verdächtige.

Trotz der Beschwerden von Sojourner Gibbs und trotz des Videos, das den Vorfall auf dem Parkplatz dokumentiert, kam es bis heute nicht zu einer Untersuchung. Nach dem Bekanntwerden des neuen Videos hat die Chefin der ACLU von Louisiana, Alanah Odoms, jetzt verlangt, dass die Bundesjustizbehörden Ermittlungen gegen den Sheriff von Jefferson Parish einleiten.

Sheriff Joseph Lopinto, der Chef der Behörde, hat dieses Mal eine interne Untersuchung eingeleitet. In der vergangenen Woche gab er zudem bekannt, dass er Body-Kameras für seine Behörde im Wert von 8,7 Millionen Dollar bestellt habe. Sie sollen im Dezember eintreffen.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Es wird Hüben wie Drüben die gleichen Gründe haben dass niemand eingegriffen hat denn wer will schon, dass ein SWAT zum Dank die eigene Bude stürmt.

  • Unfassbar, so etwas macht einen Sprachlos. Selbst in ach so entwickelten Ländern wie den USA und in Europa ist so etwas an der Tagesordnung. Unverständlich!

  • Mal sehen was da letzten Endes hängen bleibt.

  • Da sind die allgegenwärtigen bzw ständig verfügbaren Kameras heutzutage schon ein Segen. Allerdings müssen sich die offenbar zahlreich anwesenden Zeugen schon fragen lassen, warum sie bei derartig massiver Polizeigewalt nicht eingegriffen haben. Uniformierter Polizist oder nicht - Notwehr kann legitim sein. Es könnte sogar strafbar sein, dem Opfer nicht zu Hilfe zu eilen.

  • Tja, bei uns ist das zwar lange noch nicht so schlimm wie in New Orleans aber auch hier ist behördliche Gewalt gegen Fremdaussehende durchaus nicht unbekannt.

    Grade in den USA konnten wir doch zu Genüge beobachten dass man sich von Behördenseite just dann empört wenn es auf Grund solcher Gewaltexzesse zu Unruhen kam.

  • “In den öden Fensterhöhlen - wohnt das Grauen.“



    Immer wieder - unfaßbar •