Polizeieinsatz in Berlin beendet: Rigaer Straße enträumt
Die Nutzer des Hausprojekts im Stadtteil Friedrichshain haben wieder Zugang zu den illegal geräumten Zimmern. Die Polizei hat ihren Einsatz beendet.
Berlin dpa/taz | Im Konflikt um eine Teilräumung in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain sind die früheren Nutzer in das Erdgeschoss des Hauses zurückgekehrt. Die Räume wurden am Donnerstag an den Verein der Kneipe „Kadterschmiede“ übergeben. Die Polizei hob ihre Absperrungen auf, räumte Absperrgitter aus dem Hinterhof und zog ab.
Der Anwalt des Vereins, Lukas Theune, war am Donnerstagmittag mit einer Gerichtsvollzieherin vor dem Haus erschienen. Die Gerichtsvollzieherin bedeutete der Polizei gewissermaßen, dass sie sich entfernen müsse. „Was in der Rigaer Straße 94 heute passiert ist, ist sicher alles andere als gewöhnlich“, sagte ein Sprecher der Polizei zur taz.
AktivistInnen spannten ein Banner mit der Aufschrift „Rigaer verteidigen – Investorenträume platzen lassen“ vor der Fassade auf und hielten eine Pressekonferenz ab. „Jetzt sind alle Bewohner erleichtert“, sagte Theune zur taz. „Sie gehen davon aus, dass sie jetzt wieder unbehelligt leben können.“
Das Landgericht Berlin hatte in einem Eilverfahren entschieden, dass der Verein „Freunde der Kadterschmiede“ zu Unrecht aus dem Erdgeschoss des Hauses verwiesen wurde. Der Eigentümer habe keinen Räumungstitel vorgelegt, so dass die Polizeiaktion am 22. Juni rechtswidrig gewesen sei. Richterin Nicola Herbst hatte aber deutlich gemacht, dass der Hausbesitzer in einem neuen Verfahren gute Chancen habe, sein Eigentumsrecht geltend zu machen.
Erneuter Gerichtsstreit
Die Opposition verlangte schnelle Aufklärung von Innensenator Frank Henkel (CDU) zu der rechtswidrigen Räumungsaktion. Bis zum (morgigen) Freitag werde eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt, kündigten die Innenpolitiker Benedikt Lux (Grüne) und Hakan Tas (Linke) an. Weil einige Formalitäten beachtet werden müssen, könnte so eine Sitzung voraussichtlich erst Ende Juli stattfinden. Die Jusos forderten Henkel zum Rücktritt auf.
Henkel gab sich gelassen: „Sollte es zu einer Sondersitzung des Innenausschusses kommen, sehe ich dem entspannt entgegen. Wir werden natürlich die Fragen der Abgeordneten beantworten und haben nichts zu verheimlichen.“ Henkel hatte den Polizeieinsatz bei der Räumung verteidigt. Man habe Gefahren abwehren und die Bauarbeiter des Eigentümers schützen wollen.
Der Streit um das Projekt wird aber wahrscheinlich erneut vor Gericht kommen. Ein neuer Anwalt des Hauseigentümers habe Einspruch eingelegt, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag. Der bisherige Anwalt habe sein Mandat niedergelegt.
Leser*innenkommentare
2097 (Profil gelöscht)
Gast
So viel Unprofessionalität von der CDU ist schwer zu ertragen auf einem Gebiet, welches angeblich eine Kernkompetenz dieser Partei sein soll.
Dideldidum
Wer ein Haus besetzt gehört daraus entfernt.
Das dieses Urteil entstanden ist weil sich der Anwalt der Gegenseite bedroht fühlt, weil vor seinem Haus ein Auto brennt und Randale in Berlin durch die Gegenpartei gemacht wird, ist eine Schande für den Rechtsstaat.
karin
@Dideldidum Genau: Blödsinn. Abgesehen von dem Hausbesetzerentfernenunsinn im ersten Satz: wäre das Urteil auch in Anwesenheit des Anwaltes so ausgefallen (nix Räumung ohne Räumungstitel, das ist nicht rechtens in diesem Rechtsstaat). Und warum genau der Anwalt sein Mandat niedergelegt hat, steht bitte in seiner eignen Aussage - wo?
Da Hias
@Dideldidum Blödsinn. Eine Räumung ohne Räumungstitel ist ohne und mit Polizei schlicht rechtswidrig, egal wieviel Anwälte der Eigentümer in Marsch setzt, und egal ob die Anwälte mit der S-Bahn, dem Auto oder ggf. mangels Auto auch zu Fuß oder gar nicht kommen. Jede andere Rechtsauslegung wäre eine Schande für den Rechtsstaat.
Dideldidum
Aber eine Besetzung ist rechtens ?!?
Hier gehts nicht um Mieter sondern Hausbesetzer!
Anarchie-Jetzt
@Dideldidum in ganz Europa werden Besetzungen legalisiert wenn Häuser lange leerstehen, nur in der BRD is mal wieder, naja, was erwarte ich.....
Krähenauge
@Dideldidum Das ist erstmal völlig egal ob das Mieter oder Besetzer sind, für eine Räumung braucht man einen ordentlichen Räumungstitel, der lag nicht vor, Hausfriedensbruch ist ein Antragsdelikt (aka die Polizei darf nicht von sich aus handeln), daher war die Räumung rechtswidrig und wieder aufzuheben, eig. nicht so schwer.
nzuli sana
Wie kann das sein, dass diese Uniformierten immer streng funktional dem Innenminister oder -senator beim Wahlkampf helfen?
Die stehen doch jetzt wie Idioten da.
Das wissen sie doch auch vorher.
Gnarv
@nzuli sana in uniform steht doch jeder wie ein idiot da...
Hans-Georg Breuer
@nzuli sana Die Uniformierten sind diejenigen, die die politischen Entscheidungen durchzusetzen haben. So ist das nun einmal in einem Rechtsstaat. Das hat mit Wahlkampf nichts zu tun, denn das wäre eine Instrumentalisierung der Staatsgewalt für parteipolitische Zwecke. Das ist verboten.
889 (Profil gelöscht)
Gast
@Hans-Georg Breuer Nein, wer offensichtlich rechtswidrige Anweisungen ausführt, kann sich damit nicht hinter der "Politik" verstecken. So ist das nun einmal in einem Rechtsstaat.
Tim Leuther
"Der bisherige Anwalt habe sein Mandat niedergelegt." - So kann man es auch Formulieren wenn jemand durch Linksterrorismus in Lebensangst getrieben wird und daher das Mandat nicht aufrechterhalten will.
albert992
"Ein solches Urteil wird von Parteien eines Rechtsstreits nicht selten durch die sog. Flucht in die Säumnis provoziert, um hiermit Zeit zu gewinnen."
(LTO).
Naivling. Sie fallen auf die plumpste List rein.
albert992
Ach Gott, wie naiv (oder doch nicht naiv?).
Man nennt es auch "Ein solches Urteil wird von Parteien eines Rechtsstreits nicht selten durch die sog. Flucht in die Säumnis provoziert, um hiermit Zeit zu gewinnen." (Zitat aus LTO).
Hihihi, Lebensangst. Da kennen Sie sich mit juristischen Tricks aber nicht gut aus. (Oder vielleicht doch?)
Krähenauge
Naja, ob der Anwalt nun hier nur eine List anwendet oder nicht (die Richterin hat neben dem Urteil signalisiert, dass sie eine rechtmäßige Räumung für wahrscheinlich hält), er hat defacto sein Mandat niedergelegt und defacto hat dort ein Auto gebrannt.
Und nun müssen sie nur noch erzählen das die Befürworter des Status quo dort niemals Autos anzünden würden;)