Polizei-Präsenz auf St. Pauli: Notruf Hafenkante
Die Polizei will den Druck auf Straßendealer erhöhen: Eine „Task Force“ soll St. Pauli sicherer machen. Was das genau bedeutet, bleibt aber zunächst unklar
Seit mehreren Monaten geht die Polizei massiv gegen vermeintliche wie tatsächliche Dealer an der Hafenstraße vor. Täglich kommt es dort zu Polizeieinsätzen und Personenkontrollen, die zum Teil auch auf Privatgrundstücken stattfinden und manchmal mit körperlicher Gewalt einhergehen. Erst Ende Februar hatten PolizistInnen Pfefferspray im Wohnzimmer einer Anwohnerin eingesetzt, in dem sich ein Verdächtigter gerade einen Tee kochen wollte.
AnwohnerInnen der Hafenstraße sprechen von einem permanenten Belagerungszustand und einer Militarisierung des Stadtteils. Zugleich beschweren sich aber auch immer wieder NachbarInnen über die offene Drogenszene in Tal- und Seilerstraße auf der anderen Seite der Reeperbahn. „Der Leidensdruck ist sehr hoch“, sagt Julia Staron, Quartiersmanagerin auf St. Pauli – „nur wird die Task Force nichts bringen.“ Für Staron ist das Problem sozialer Natur. Da brauche es eher Aussteigerprogramme. „Letztlich hilft nur eine Legalisierung von Drogen.“
Die Polizei setzt dagegen auf stärkere Präsenz und erhöhten Druck: Wechselnde BereitschaftspolizistInnen vor Ort reichten nicht aus, sagte der Polizeipräsident. Es sei wichtig, dass dauerhaft BeamtInnen im Einsatz seien. Das Personal soll etwa von der Soko Silvester kommen, die ihre Arbeit inzwischen weitgehend abgeschlossen hat. Auf eine taz-Anfrage antwortete die Polizei bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht.
Den Koalitionspartner hatte die SPD-geführte Innenbehörde offenbar nicht informiert. Zumindest Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen, hat über die Task Force nur aus der Presse erfahren – und dazu noch allerlei Fragen. Das polizeiliche Vorgehen auf St. Pauli sei jetzt schon „sehr massiv“, so Möller: „Solche Maßnahmen müssen dem Kriminalitätsverdacht angemessen sein.“
Die Kriminalstatistik verzeichnet bei der Drogenkriminalität auf St. Pauli zwar ein Plus von zehn Prozent – das liege aber an der Polizeiarbeit, gab Polizeipräsident Meyer selbst zu: Mehr Kontrollen und Festnahmen ergeben in der Statistik eine steigende Zahl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?