Kommentar zu rot-grünem Polizeischutz in Hamburg: Vorgeschobene Begründungen
Der Hamburger Senat hält den martialischen Polizeieinsatz vor zwei Wochen in der Hafenstraße für gerechtfertigt. Die Begründung überzeugt nicht.
Das ist der Kern der Senatsantwort auf eine Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider (Linke). Demnach sollte mit dem martialischen Polizeieinsatz in der Hafenstraße eine Durchsuchung zwecks Beschlagnahme eines Stromkabels durchgesetzt werden. Da ist dann die Rede von „polizeilichen Lageerkenntnissen“, die es angeblich erwarten ließen, eine größere Zahl von Personen anzutreffen, gegen die Maßnahmen der Strafverfolgung erforderlich sein würden. Auch sei mit „Solidarisierungseffekten“ zu rechnen gewesen.
Wieso eigentlich, könnte man fragen: Wenn das eigentliche Ziel ein bloßes Stromkabel war, mit dem irgendeine Art der Beihilfe zum Drogenhandel geleistet worden sein soll. Und dann der Zeitpunkt: Zehn Wochen alt war der Durchsuchungsbeschluss, und nicht erst seit der Gründung der „Task Force Drogen“ der Polizei kontrolliert die alltäglich mutmaßlicher Drogendealer – längst nicht nur am Hafen.
Andere Einsatzlagen, sagt der Senat, hätten einer früheren Durchsuchung entgegengestanden. Das aber wäre wirklich ein Offenbarungseid: „Task Force“ heißt nun mal „schnelle Eingreiftruppe“ – und dann soll es zweieinhalb Monate dauern, diese Beschlagnahmung hinzubekommen?
Nein, hier ging es um etwas ganz anderes. Da wollte jemand ausloten, inwieweit die heutige Bewohnerschaft der Hafenstraße auf repressive Maßnahmen reagiert. Anders gesagt: Wie viel die Polizei sich herausnehmen kann, bis es wieder knallt an der ehemals umkämpften Häuserzeile. Und dann? Das nächste, noch größere Gefahrengebiet?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben