Politische Krise in Rumänien: Regierung gestürzt
Das Kabinett unter dem Liberalen Ludovic Orban wird mit einem Misstrauensvotum gestürzt. Das kommt Präsident Johannis entgegen. Er will Neuwahlen.
Der Misstrauensantrag wurde von der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (PSD) und dem Demokratischen Verband der Ungarn aus Rumänien (UDMR) eingebracht, nachdem Premier Orban eine Änderung des Wahlrechts angekündigt hatte. Durch diese Änderungen sollten unter anderem die Kommunalwahlen in zwei Wahlgängen erfolgen. Dadurch, argumentierten die PSD- und die UDMR-Parlamentarier, habe die gestürzte liberale Regierung, die Präsident Klaus Johannis nahe steht, versucht, sich Wahlvorteile zu verschaffen.
In einer mehrstündigen Sitzung, die erst spät in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch endete, hatte die Regierung im Eiltempo über 20, zum Teil umstrittene, Dringlichkeitsverordnungen durchzupeitschen versucht.
Die Ombudsfrau Renate Weber kritisierte die Verordnungen als verfassungswidrig. Die Regierung, sagte Weber in einem Interview mit dem Sender Radio France International, habe das Parlament umgangen. Deshalb werde sie persönlich das Verfassungsgericht einschalten und eine Überprüfung dieses Prozederes beantragen.
Gesetzlich vorgeschriebenes Tauziehen
Der Sturz der Regierung Orban soll Neuwahlen provozieren, die Präsident Johannis befürwortet. Laut rumänischer Verfassung können vorgezogene Wahlen erst dann stattfinden, wenn das Parlament innerhalb von 60 Tagen zwei Kabinette ablehnt. Erst nach diesem gesetzlich vorgeschriebenen Tauziehen kann der Staatspräsident das Parlament auflösen, was dann automatisch Neuwahlen zur Folge hat.
Johannis hat sich in den vergangenen Wochen wiederholt für Neuwahlen ausgesprochen. Dadurch hofft er, seiner liberalen Partei die Mehrheit in der Legislative sichern zu können.
Laut jüngsten Umfragen liegt die PNL bei mehr als 45 Prozent, während für die sozialdemokratische Opposition rund 20 Prozent der Wahlberechtigten stimmen würden.
Die von den Sozialdemokraten dominierte Vorgängerregierung unter Victoria Dăncilă war im Oktober ebenfalls per Misstrauensvotum aus dem Amt gedrängt worden. Ihrer Partei wurden Begünstigung von Korruption, Miss- und Vetternwirtschaft vorgeworfen.
Johannis versucht nun die verfassungsmäßigen Vorschriften für seine Vorstellungen auszunutzen. Es ist zu erwarten, dass er Orban erneut als Premier einsetzen wird und das dann in kürzester Zeit die Regierung wieder gestürzt wird. Dann können das politische Spiel fortgesetzt und schließlich vorgezogene Wahlen organisiert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!