Politische Gesten im US-Sport: Tanz den Donald Trump
Der Tanzstil des künftigen US-Präsidenten Trump wurde im Wahlkampf zu einem Markenzeichen. Einige Athleten feiern ihre Erfolge nun in seinem Style.
D onald Trumps Begabung als Tänzer kommt in etwa seinem rhetorischen Talent gleich. Wenn er, wie zuletzt häufig, bei Kundgebungen zu Klängen der Village People mit der Hüfte wackelt und – kaum den Takt haltend – rechts und links in die Luft boxt, ist das ähnlich unelegant wie seine wirren, kruden Reden. Und doch finden nun auch seine Disco-Einlagen eine breite Anhängerschaft, vor allem im Sport.
Am prominentesten setzten den „Trump Dance“ vor wenigen Wochen die drei San Francisco 49ers Nick Bosa, Leonard Floyd und Sam Okuayinonu in Szene, nachdem Bosa den Quarterback der Tampa Bay Buccaneers umgehauen hatte. Zumindest bei Bosa war die Geste mit höchster Wahrscheinlichkeit politisch. Bosa war kurz zuvor eine Strafe aufgebrummt worden, weil er zu einer Pressekonferenz mit einer „MAGA“-Kappe erschienen war.
Seitdem macht die Geste Schule. In der NFL wurde sie in den vergangenen Wochen von Brock Bowers, Za’Darius Smith, Malcolm Rodriguez, Calvin Ridley und Nick Westbrook-Ikhine benutzt, um erfolgreiche Spielzüge zu feiern. Der UFC-Kämpfer Jon Jones verfiel in den Trump-Tanz, nachdem er über das Thanksgiving-Wochenende gegen Stipe Miocic im Madison Square Garden den Kampf um die Schwergewichtsmeisterschaft gewonnen hatte. Kurz darauf sprang er über die Seile, um Trump, der sich den Kampf aus der ersten Reihe ansah, einen schweißnassen „Bro Hug“ zu verpassen.
Doch der Trend zum Trump-Tanz macht nicht bei testosterontriefenden Macho-Sportarten wie Football oder der UFC halt. Der US-Fußball-Nationalspieler Christian Pulisic schwang im Trump-Stil die Hüften, nachdem er gegen Jamaika den Siegtreffer erzielte. Sogar die Spieler des englischen Fußballdrittligisten Barnsley FC feierten mit dem Tanz ein Tor. Und die britische Golferin Charley Hull zeigte beim Annika-Turnier einen gelungenen Schlag mit dem Trump-Schwung.
Narrative stricken
Wenigstens Hull gab offen zu, dass die damit ihrer Bewunderung für Trump Ausdruck verleihen wollte. Pulisic versuchte sich später damit rauszureden, dass er die Geste auf Tiktok gesehen habe und einfach nur lustig fand. Der ehemalige US-Torhüter Tim Howard mochte ihm das jedoch nicht abkaufen: Pulisic solle gefälligst zu seinen politischen Ansichten stehen, sagt er.
Nun ist es gewiss verfrüht, aus diesen Gesten bereits eine Trumpifizierung des US-Sports herauszulesen. Dave Zirin, Experte für Sport und Politik bei der Wochenzeitschrift The Nation, nennt entsprechende Berichte „aufgeblasen“. Insbesondere rechtslastige Medien wie Fox würden versuchen, aus einzelnen Vorfällen ein Narrativ zu stricken, wonach der zukünftige Präsident bereits die Sportwelt gleichgeschaltet habe. In Wahrheit jedoch bilde der US-Sport weiterhin die gesamte Bandbreite der politischen Meinungen ab, und insbesondere der Basketball, mit lautstarken Vorsprechern wie Stephen Curry und LeBron James, tendiere weiterhin nach links.
Unbedeutend ist die Häufung der Vorfälle dennoch nicht. Gesten zählen bekanntlich im Sport, im Stadion sind sie spätestens seit den erhobenen Fäusten von Tommie Smith und John Carlos 1968 ein überaus wirksames politisches Mittel. Und der Kniefall von Colin Kaepernick war ein Fanal für eine breite Akzeptanz des schon immer politisierten Sportfeldes.
So kommentierte der mittlerweile zurückgetretene Football-Spieler Malcom Jenkins, der Seite an Seite mit Kaepernick im Football-Stadion gegen rassistische Gewalt demonstriert hatte, die Trump-Tanz-Manie damit, „dass da eine ganz neue Generation an Spielern heranwächst“. Und genau unter dieser Generation junger Männer, gleich ob weiß oder schwarz, hatte Donald Trump bei der gerade zu Ende gegangenen Wahl enormen Erfolg.
Was das alles für den US-Sport der kommenden vier Jahre bedeutet? Vermutlich weniger Kniefälle und mehr Trump-Tänze. Organisationen wie die NFL werden ihrem Marketinginteresse folgen und sich nach dem dominanten Massengeschmack richten. Dass sich Stimmen wie Basketball-Nationaltrainer Steve Kerr, der beim demokratischen Wahlkonvent aufgetreten ist, Stephen Curry oder Megan Rapinoe werden zum Schweigen bringen lassen, ist jedoch bislang noch schwer zu glauben. Sebastian Moll
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