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Politische Gefangene in NicaraguaFreiheit für Dora María Téllez

Die bekannte frühere sandinistische Kommandantin sitzt seit vergangenem Jahr in Nicaragua in Haft. Ein offener Brief fordert nun ihre Freilassung.

Einst Guerilla-Kommandantin, jetzt gefangene Dissidentin: Dora María Téllez (hier 2016) Foto: Carlos Herrera/dpa/picture alliance

Wien taz | „Die sofortige Freilassung von Dora María Téllez und aller anderen nicaraguanischen politischen Gefangenen durch Aufhebung ihrer betrügerischen und illegalen Strafprozesse“ fordert ein offener Brief an das nicaraguanische Regime. Er wurde am 2. November in der renommierten französischen Tageszeitung Le Monde veröffentlicht.

Unterzeichnet ist das Schreiben von mehr als 1.380 Intellektuellen aus Europa, Lateinamerika und den USA. Darunter sind auch zahlreiche Veteraninnen und Veteranen der deutschen Solidaritätsbewegung.

Gefordert wird, dass Téllez, die seit 2021 in Haft sitzt, nach Paris ausreisen darf, wo sie am 28. November die Ehrendoktorwürde der Universität Sorbonne entgegennehmen soll. Lanciert wurde der Brief von französischen Solidaritätsgruppen, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften.

Die heute 67-jährige Dora María Téllez war als „Comandate Dos“ eine der herausragenden Figuren der sandinistischen Revolution. Anders als der heutige Machthaber Daniel ­Ortega, der die entscheidenden Jahre im Exil verbringen konnte, hat sie sich während des Volksaufstands gegen den Diktator Somoza 1978/79 in vorderster Front bewährt.

Frühere Führungsriege sitzt im Gefängnis

Nach der siegreichen Revolution diente sie als Gesundheitsministerin und absolvierte ein Studium der Geschichte. Mit Daniel ­Ortega brach sie endgültig 1994, als sie mit dem Schriftsteller Sergio Ramírez und anderen führenden Protagonisten der Revolution die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) gründete. Diese Partei, die sich heute Unamos nennt, wurde 2008 aus vorgeschobenen formalen Gründen verboten.

Ihre Führungsriege sitzt seit Mitte vergangenen Jahres im Gefängnis. Andere Oppositionelle konnten rechtzeitig über die Grenze flüchten. Vom Regime aus dem Land geworfen wurden auch der apostolische Nuntius und die Botschafterin der Europäischen Union.

Téllez, der Soziologe Irving Larios, der Journalist Miguel Mendoza sowie der Anwalt Róger Reyes traten Ende September in einen Hungerstreik, um gegen ihre Haftbedingungen zu protestieren. Diese widersprechen mit Isolation, Dunkelhaft, Verbot von Familienbesuchen und Lektüre nicht nur internationalen Standards, sondern auch der nicaraguanischen Rechtsordnung. Der ehemalige Guerillakommandant und General der nicaraguanischen Armee, Hugo Torres, ist im vergangenen Februar an der foltergleichen Misshandlung gestorben.

Vor über 40 Jahren hatte Tomás Borge, der spätere sandinistische Innenminister, durch einen Hungerstreik noch seinen Gefängnisalltag verbessern können. Dora María Téllez war im August 1978 führend an der Geiselnahme im Nationalpalast beteiligt, die ihn und andere gefangene Sandinisten aus dem Kerker holte.

Machthaber Daniel Ortega und seine Frau Rosario Murillo haben sich jetzt für alle internationalen Vermittlungsversuche völlig unzugänglich gezeigt. Zuletzt hatte sich Kolumbiens neuer linksliberaler Präsident Gustavo Petro dabei eine brüske Abfuhr geholt.

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2 Kommentare

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  • Wie wärs denn mal, wenn Die Linke im EU Parlament den Aufruf unterstützen würde? Oder biedert sich die Linke lieber weiter den Unterstützern Ortegas, Cuba und Venezuela, an?

    • @Rinaldo:

      Wieso nur Anbiederung an die Unterstützer? Ortega selber hat immer noch eine signifikante Unterstützung in linken Kreisen. Er ist ja weiterhin konsequent anti-amerikanisch. Alles andere ist dann egal.