Politik auf Social Media: Werdet endlich auf Tiktok aktiv!
Die AfD ist die größte Partei auf TikTok. Sie hat Einfluss auf die Jungen. Ein Appell an alle, die die Demokratie lieben.
D ie AfD ist auf Tiktok. Und zwar so richtig. Keine andere Partei in Deutschland hat dort auch nur ansatzweise den Erfolg, den rechtsextreme Influencer dort verbuchen. Gefischt wird vor allem nach der jungen Zielgruppe, und die begegnet auf Social Media auch kaum anderen Meinungen. Das ist brandgefährlich.
Vertreter*innen demokratischer Parteien haben es sich viel zu lange bequem gemacht. Tiktok gilt als Trend, als Pillepalle-Plattform für Tanzvideos, als unterkomplex und unseriös. All das ist aber im Grunde wurscht. Denn jetzt gerade, ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen im Osten, ist Tiktok nun mal der Kanal, der die meisten jungen Menschen erreicht.
Was sie da zu sehen bekommen, entscheidet darüber, was sie als ernstgemeintes politisches Angebot wahrnehmen. Deshalb: Wer Tiktok ignoriert, nimmt in Kauf, dass Demagogen und Rechtsextreme von jungen Menschen als die einzige politische Kraft wahrgenommen werden, die sich für sie interessiert – und dass ihre Inhalte normalisiert werden.
Wir brauchen ernsthafte Politikangebote auf Tiktok. Ja, Fake News sind ein Problem, Hass und Hetze auch. Ja, es braucht Strategien, um all das zu bekämpfen. Aber gesetzliche Regulatorik ist das eine – Reichweite etwas ganz anderes. Wer der Dominanz menschenfeindlicher Inhalte etwas entgegensetzen will, muss eigene Inhalte erarbeiten und sie an die Zielgruppe bringen. Eitelkeiten und Berührungsängste können wir uns nicht mehr leisten.
Es stimmt: Inhalte sind auf Tiktok anders aufbereitet als in den „Tagesthemen“. Ja, da geht manchmal Komplexität verloren. Aber: Es gibt längst vertikale Videoformate mit Millionen-Reichweite, die anspruchsvolle Themen aus Wissenschaft und Politik besprechen.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Ja, der Algorithmus und die Aufmerksamkeitsspanne in den Feeds der Plattformen haben eine starke Auswirkung auf die Dramaturgie von Videoinhalten. Es sind die ersten Sekunden, in denen der Creator die Zuschauenden mitnehmen muss – mit Emotionen oder interessanten Fakten. Aber das heißt nicht, dass politische Themen sich nicht aufbereiten lassen. Im Gegenteil: Politik liefert die Emotionen, auf die der Tiktok-Algorithmus so sehnlichst wartet. Die AfD schafft das ja schließlich auch.
Liebe demokratische Politiker*innen: Social Media ist Arbeit. Macht euch dran – oder bezahlt jemanden dafür. Nehmt die Kommunikation euer Parteien und Fraktionen auf Tiktok genauso ernst wie die Pressearbeit auf den traditionellen Kanälen und sorgt dafür, dass ihr in Sachen Reichweite hinterherkommt.
Dies ist ein Appell an alle, die die Demokratie lieben: Ihr seid gefragt! Die AfD fürchtet nichts mehr als die Präsenz junger und alter Menschen auf Tiktok und Instagram, die sich klar und emotional für demokratische Werte aussprechen. Eine Bewegung, der ihr euch anschließen könnt, gibt es schon: Unter #ReclaimTikTok produzieren seit Anfang März diverse Content-Creator*innen regelmäßig Videos auf der Plattform. Die meisten von ihnen sind Neulinge auf Social Media, trotzdem kommen sie auf zehn Millionen Impressionen insgesamt in kürzester Zeit und einige viral gegangene Videos.
Martin Sellner, Kopf der Identitären Bewegung, und andere rechtsextreme Influencer macht das offenbar nervös: in entsprechenden Telegram-Channels reagierten sie auf die Kampagne mit wütenden Emojis. Nicht nur Rechte und Demokratiefeinde können Tiktok – sondern auch Progressive und Linke. Dafür müssen wir aber alle aus unserer Komfortzone. Zeit, damit anzufangen. Klick.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss