Podcast „Feel the News“: Emotional reagieren

Der Podcast von Juliane und Sascha Lobo möchte nicht kommentieren. Sondern über Gefühle angesichts der Nachrichtenlage reden. Das gelingt teilweise.

Juliane und Sascha Lobo

Die Lobos verlieren sich etwas im Zoff des deutschen Bürgertums Foto: Pauline Bossdorf/Studio Bummens

In einer Zeit, in der Menschen Jodtabletten horten, weil sie Angst haben, dass russische Bomben eine Reaktorkatastrophe auslösen, und in der Tiktok-Videos erklären, wie man als Laie einen beidseitigen Lungendurchschuss medizinisch versorgt – braucht es da wirklich noch einen Meinungspodcast?

Der Krieg in der Ukraine überschattet gerade alle anderen Themen. Der Podcast „Feel the News“ von Studio Bummens will dabei nicht die Nachrichtenlage kommentieren, sondern über Gefühle reden. „Wir reagieren nicht objektiv, sondern emotional“, heißt es im Trailer. Also sprechen die Journalistin und Podcasterin Juliane Lobo und ihr Mann, der Blogger und Autor Sascha Lobo, einmal pro Woche über ein Thema, das „Deutschland bewegt.“ Oder in diesem Fall extrem aufwühlt.

„Feel the News“, bei gängigen Streamingdiensten. Neue Folgen immer donnerstags

Viele Menschen, sowohl qualifizierte als auch unqualifizierte, füllen gerade klassische und soziale Medien mit Berichterstattung, Einschätzungen und Meinungen zum Krieg. Andere versuchen Zerstreuung zu bieten, Unterhaltung für Leute, die die beunruhigenden Gedanken in ihrem Kopf übertönen wollen. Man kann fragen: Bringt es etwas, wenn das Ehepaar Lobo die allgemeine Gefühlslage diskutiert, auch wenn die beiden genauso wenige Antworten auf die bohrenden Zukunftsfragen haben wie alle anderen?

Intime Gruppentherapie

Die erste Folge von „Feel the News“ heißt „Gestern Atom­angst, heute Benzinwut“. Darin reden Juliane und Sascha Lobo verständlicherweise vor allem über ein Gefühl: Angst. Sie versuchen, wirklich ihre persönlichen Emotionen zu teilen. Juliane erzählt, dass sie keinen Begriff für das hat, was gerade passiert: „Mich hat es einfach total getriggert, ich kenne diese Angst vor dem Krieg in der Form nicht.“ Sascha erzählt, wie ihm als Jugendlichem im Sportverein Geflüchtete aus Ex-Jugoslawien vom Krieg erzählt haben.

Das Konzept des Podcasts geht an solchen Stellen auf, und „Feel the News“ wird zu einer Art Safespace, zur intimen Gruppentherapie: Es ist Platz für irrationale Gefühle. Als Zu­hö­re­r:in fühlt man sich weniger allein, denn es werden kollektive Ängste ausgesprochen. Man hört: Andere fühlen das auch.

Dieser tastende, wertungsfreie Ton, der „Feel the News“ tatsächlich angenehm von anderen „Meinungsangeboten“ abhebt, wird leider nicht durchgehalten. Immer wieder driftet Sascha Lobo ins Weltmännisch-Oberlehrerhafte ab und beginnt, die ganz großen Zusammenhänge erklären zu wollen.

Zum Beispiel, dass der ukrainische Präsident Selenski „virtuos mit den sozialen Medien umgeht“ und Putin mit seiner Propaganda wie ein „tollwütiger Hund“ agiere. Dass Wut auch nur verdrängte Angst sei.

Plötzlich Predigt

Gegen Ende geht es um das virale Video von Tobias Hans, worin der saarländische Ministerpräsident die hohen Spritpreise beklagt. Die träfen schließlich nicht nur „Geringverdiener“, sondern auch „Fleißige“.

Und plötzlich verwandelt sich „Feel the News“ in eine Predigt. Den Rest der Zeit ärgert sich Sascha Lobo über die Doppelmoral der linksliberalen Twitter-Community, über Altbauwohnungen und Jan Böhmermann („die moralische Instanz für Abiturientendeutschland“). Juliane Lobo unterstützt die Thesen ihres Ehemannes, der jetzt zum ersten Mal im Podcast wirklich emotional wirkt.

Die kaum ausräumbare Kritik an „Feel the News“: Es geht fast ausschließlich um deutsche Gefühle. Um vage Ängste um den Wohlstand der Zukunft. Klar, auch berechtigt. Nicht aber vergleichbar mit dem, was Menschen in der Ukraine gerade erleben müssen. Man hätte auch ihnen im Podcast Raum geben können.

Und während sich die Lobos etwas im Zoff des deutschen Bürgertums verlieren, zeigt „Feel the News“ auch eine Schwäche von Paar-Podcasts: voraus galoppierender Konsens. Man merkt den Hosts an, dass sie sich über die Themen schon ausgiebig unterhalten haben. Als Zu­hö­re­r:in wird man zur dritten Person am Tisch, auf die das Ehepaar einredet, bis man aufgibt.Denn wenn die Lobos selbst etwas wütend macht, scheinen plötzlich nicht mehr alle Gefühle berechtigt zu sein.

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