Plan für abgelehnte Asylbewerber: Seehofer fordert Festsetzung
Der Bundesinnenminister will abgelehnte Asylbewerber einsperren, damit sie nicht „verschwinden“. Demnächst will er dazu Maßnahmen vorschlagen.
Diese Ankündigungen sind nicht neu – sie finden sich bereits in Seehofers „Masterplan Migration“. Dort fordert er eine „praktikablere Ausgestaltung der Abschiebungshaft“ zur „Verhinderung von Untertauchen im Falle bevorstehender Abschiebung“.
Unter dem umgangssprachlichen Begriff „Abschiebungshaft“ summieren sich unterschiedliche Instrumente, wie die Vorbereitungshaft, die Sicherungshaft, die Ingewahrsamnahme sowie der Ausreisegewahrsam, für die jeweils unterschiedliche Bedingungen gelten. Auf welche Form Seehofer sich bezieht, ist bislang unklar. Eine Abschiebungshaft ist laut Gesetz „unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes anderes Mittel erreicht werden kann“.
Abschiebungen können außer an Unauffindbarkeit einer Person aus anderen Gründen scheitern – etwa, weil der Abzuschiebende aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig ist oder weil das Herkunftsland sich weigert, ihn zurückzunehmen. 2017 seien 20.923 Rückführungen an Flughäfen vor der Übergabe an die Bundespolizei gescheitert, erklärte das Bundesinnenministerium. Davon 7.120 wegen einer „nicht erfolgten Zuführung am Flugtag“.
„Es wird jetzt die Aufgabe von Herrn Seehofer sein, das Defizit klar zu umreißen und einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten“, sagte Lars Castellucci, migrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der taz. Die SPD verschließe sich „sinnvollen Maßnahmen zur Ordnung und Steuerung von Migration nicht“, sagte Castellucci – „aber wir beteiligen uns auch nicht an anlasslosem Aktionismus.
Die Grüne Luise Amtsberg nannte Seehofers Ankündigung einen „total irren Plan“. Er könne „doch nicht ernsthaft fordern, alle ausreisepflichtigen Personen in Abschiebehaft zu nehmen“. Der Freiheitsentzug sei „einer der massivsten Eingriffe in die Grundrechte eines Menschen“ und „zu Recht“ nur als Ultima Ratio zulässig, sagte Amtsberg. Ulla Jelpke von der Linksfraktion nannte die angekündigten Verschärfungen bei Rückführungen „fatal“: Schon jetzt häuften sich „Berichte über Polizeigewalt, Fesselungen, Demütigungen und Familientrennungen bei Abschiebungen“, so Jelpke.
Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zufolge waren Ende Oktober 234.986 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. 177.874 davon hatten eine Duldung, die Abschiebung war also zumindest zeitweise ausgesetzt. Bei 57.112 Personen war das nicht der Fall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“