Plan für Ukraine nach dem Krieg: Wiederaufbau nach Prinzipien
Im schweizerischen Lugano beschließen Dutzende Länder und Organisationen, der Ukraine zu helfen. Derweil geht der Krieg weiter.
Am Dienstag unterzeichneten sie die „Luganer Erklärung“, die die internationale Hilfe nach sieben Leitprinzipien umsetzen soll. „Dies ist der Beginn eines langen Prozesses“, sagte der Schweizer Präsident und Gastgeber der Konferenz, Ignazio Cassis.
In der Erklärung sprechen sich die Unterzeichner:innen, inklusive der Ukraine, für einen demokratischen Prozess aus, der die ukrainische Gesellschaft mit einbezieht. Privatunternehmen sollen ihren Beitrag leisten. Es geht um den Wiederaufbau auf Grundlage von ökologischen Kriterien, um die Digitalisierung der Verwaltung und um Projekte, die eindeutig ohne Korruption umgesetzt wurden. Es wird ein transparenter Wiederaufbauprozess gefordert, Rechtsstaatlichkeit soll gestärkt werden – und der Vetternwirtschaft ein Ende gesetzt werden.
2023 will Großbritannien die nächste Wiederaufbaukonferenz ausrichten, 2024 ist Deutschland an der Reihe. Bereits an diesem Mittwoch richtet Deutschland eine Konferenz europäischer Kommunen aus, die die Ukraine etwa durch Hilfslieferungen unterstützen. „Der Wiederaufbau einer freien und demokratischen Ukraine ist unser gemeinsames Ziel“, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Dies müsse mit politischen und wirtschaftlichen Reformen der Ukraine einhergehen. Das ganze passend zu den Voraussetzungen für einen EU-Beitritt der Ukraine.
Von ukrainischer Seite wird der Wiederaufbau des Landes mit rund 720 Milliarden Euro beziffert. Laut Regierungschef Denys Schmyhal hat die Ukraine seit Beginn des Krieges am 24. Februar insbesondere Schäden von rund 100 Milliarden Euro an der Infrastruktur zu beklagen. Deutschland hat dem Land zusätzliche 426 Millionen Euro zugesagt. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die EU seit Kriegsbeginn rund 6,2 Milliarden Euro an Hilfen zur Verfügung gestellt.
Strittig ist, ob das derzeit konfiszierte Vermögen Russlands und russischer Oligarchen eingesetzt werden kann. Schätzungen zufolge sind zwischen 300 und 500 Milliarden Dollar im Spiel. Es könnte schwierig werden, Personen, deren Vermögen eingefroren wurde, eine direkte Mitverantwortung am Krieg nachzuweisen.
Slowjansk unter Beschuss
Unterdessen konzentrieren sich die russischen Truppen nach der vollständigen Einnahme des ostukrainischen Gebietes Luhansk auf die Nachbarregion Donezk. Nach Angaben ihres Bürgermeisters Wadym Liach sei die Stadt Slowjansk massiv unter Beschuss genommen worden. „Massives Bombardement der Stadt. Im Zentrum, im Norden. Alle in die Luftschutzkeller“, schrieb Liach auf Facebook. Die Einwohner*innen der Stadt forderte er zur Evakuierung auf. Zuvor hatte Liach Russland vorgeworfen, bei den Angriffen Streumunition eingesetzt zu haben. Streumunition ist durch internationale Verträge geächtet, die Moskau allerdings nicht unterzeichnet hat.
Die Ukraine setzt laut einem führenden Berater von Präsident Wolodimir Selenski auf eine Gegenoffensive im Süden des Landes. Die Einnahme der Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk bedeute, dass 60 Prozent der russischen Streitkräfte im Osten gebunden seien, sagt Olexij Arestowytsch in einer Online-Videobotschaft. Zudem hätten die russischen Streitkräfte hohe Verluste erlitten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin